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Ernährungsexperte berichtet: So sieht die ideale Ernährung im Winter aus

Gibt es Lebensmittel, die sich in der kalten Jahreszeit besonders gut eignen? Wie lässt sich das Immunsystem mit dem Speiseplan unterstützen? Der Ernährungsexperte Tilman Kühn berichtet.

Eine wärmende Suppe aus regionalen Wurzel- und Knollengemüsearten ist ein köstliches und gesundes Wintergericht.
Eine wärmende Suppe aus regionalen Wurzel- und Knollengemüsearten ist ein köstliches und gesundes Wintergericht.

Das große Husten, Niesen und Schniefen ringsum hat wieder begonnen und man selbst spürt auch schon so ein leichtes Kratzen im Hals, das die nächste Erkältung ankündigen könnte. Bakterien und Viren scheinen die Profiteure sinkender Temperaturen zu sein und ziehen viele Menschen in Mitleidenschaft. Wie sich da rüsten und vorbeugend agieren? Hier könne die Ernährung einen wichtigen Beitrag leisten, sagt Tilman Kühn, Professor für Ernährungswissenschaften an der Medizinischen Universität Wien und der Universität Wien. Das sei allerdings nicht nur im Winter empfehlenswert, sondern das gesamte Jahr über. "Ich würde nicht sagen, dass sich eine gesunde und ausgewogene Ernährung im Winter groß von einer solchen im Sommer unterscheidet", erklärt er, "der Körper profitiert ja auch am meisten davon, wenn man nicht erst in der kalten Zeit an eine ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen denkt." Eine ausgewogene Ernährung schließe eine Vielfalt an Obst, Gemüse sowie Vollkornprodukte und "Superfood" wie Hülsenfrüchte und Nüsse mit ein, die dem Körper in der Summe wichtige Mikronährstoffe liefern.

Für das Immunsystem: Nicht nur Vitamin C und Zink

Denn für das Immunsystem seien keineswegs nur die Mikronährstoffe Vitamin C und Zink entscheidend, die häufig mit einer Stärkung der Abwehrkräfte verbunden werden. "Das ist am Ende verkürzt", sagt Kühn, "der Organismus braucht immer die Vielfalt aller Nährstoffe." Auch sei es eher ein Ammenmärchen, dass sich Erkältungen, die man sich bereits zugezogen hat, mit einer kurzfristigen gesunden Ernährung, beispielsweise sehr viel Obst, auskurieren lassen. "Es gibt Studien, die Hinweise darauf liefern, dass die Symptome durch eine kurzfristige Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen abgemildert werden könnten, aber überzeugend sind sie nicht. Es handelt sich vielleicht um einen kleinen Zusatznutzen. Für ein gutes Immunsystem braucht es eine dauerhaft gesunde und abwechslungsreiche Ernährung, nicht nur im ,Ernstfall'."

Bei einer Verkühlung tatsächlich hilfreich seien allerdings Zwiebel- und Lauchgemüse sowie Knoblauch. "Das ist Gemüse, das sogenannte sekundäre Pflanzenstoffe enthält. Diese Stoffe wirken wiederum antimikrobiell und können Entzündungen im Mund- und Rachenraum abmildern. Aufgrund ihres Nährstoffreichtums können sie allgemein unterstützend gegen Krankheitserreger wirken", sagt der Experte.

Regionale Lebensmittel als heimisches Superfood

In unserer modernen, globalisierten Versorgung können wir in jeder Jahreszeit auf sehr viele Produkte zurückgreifen. Wer sich hingegen gerne regional und saisonal ernähren möchte, könne auch im Winter problemlos alle benötigten Nährstoffe mit Lebensmitteln aus Österreich abdecken, erklärt Kühn. "Wir haben da eine ganze Bandbreite an heimischem ,Superfood'. Kohlgemüse ist beispielsweise eine tolle Quelle für Vitamine und Mineralien. Eisen, Kalzium, Magnesium und Kalium sind darin zahlreich vertreten. Die sekundären Pflanzenstoffe im Kohl wirken sich außerdem günstig auf das Immunsystem aus." Knollen und Wurzelgemüse seien im Winter ebenfalls empfehlenswert, "von der Schwarzwurzel bis zur Pastinake sind sie sehr gesund, mit vielen Vitaminen, sekundären Pflanzenstoffen und Mineralstoffen wie Kalzium und Magnesium". Wintersalate wie Vogerlsalat, Chicorée und Radicchio eignen sich ebenfalls hervorragend für eine regionale und saisonale Küche im Winter.

"Nicht nur im Winter das Immunsystem stärken"
Tilman Kühn
Ernährungsexperte

Skandinavische Länder sind in ihrem Speiseplan bekannt für fettreiche Fischarten wie Hering und Lachs, die die Menschen mit gesunden Omega-3-Fettsäuren versorgen. Ebendiese wirken antientzündlich und können somit als unterstützend für das Immunsystem angesehen werden. Doch auch andere Lebensmittel bieten gesunde ungesättigte Fettsäuren, beispielsweise Pflanzenöle wie Walnussöl und Leinöl, besonders, wenn diese kaltgepresst und unbehandelt sind. "Da braucht es dann nicht viel, ein Esslöffel in Müsli, Salat oder Suppe reicht", sagt Kühn. Auch unverarbeitete Nüsse seien geeignet, um den Körper mit Omega-3-Fettsäuren zu versorgen, insbesondere Walnüsse.

Gerichte, die von Innen wärmen

Häufig fröstelt einen schon, wenn man nur auf das Thermometer blickt. Da helfen Inhaltsstoffe mit Wärmereiz, empfiehlt Kühn, "Pfeffer, Ingwer und Muskatnuss passen auch deshalb so gut zu winterlichen Gerichten, weil sie durch ihre Schärfe einen wärmenden Effekt haben". Warme Kleidung, die primär gegen das Frieren hilft, ersetze das aber natürlich nicht. Grundsätzlich wirke sich eine warme Mahlzeit positiv auf die Seele aus in einer Zeit, in der die Temperatur niedriger und das Sonnenlicht reduzierter ausfällt. "Da geht es nicht nur um das Wärmen des Organismus, sondern auch um das subjektiv empfundene Wohlbefinden." Produkte, die direkt aus dem Kühlschrank verzehrt werden, so beispielsweise Milchprodukte, seien diesem subjektiven Wärmegefühl und Wohlbefinden häufig eher nicht zuträglich, "außer bei einer akuten Entzündung im Rachenbereich, da kann ein kühlendes Lebensmittel durchaus positiv wirken".

Vitamin D Mangel im Winter

Vitamin D werde hierzulande nur geringfügig über die Nahrung aufgenommen, sondern hauptsächlich über die UV-Strahlung. "Nachdem diese im Winter sehr gering ist und Vitamin D für die Knochengesundheit eine wichtige Rolle spielt, kann eine Supplementierung im Winter sinnvoll sein", rät Kühn, "solange kein schwerwiegender Vitamin-D-Mangel vorliegt, reichen 20 Mikrogramm pro Tag aus. Bei dieser Menge gibt es keine Gefahr für eine Überdosierung."