Für manche beginnt es bereits im Februar, manche wappnen sich innerlich schon für den Mai. Die Allergie gegen die Pollen bestimmter Bäume und Gräser, auch als Heuschnupfen bezeichnet, betrifft etwa acht bis zehn Prozent der Österreicherinnen und Österreicher. Welche Symptome typisch sind, ob die allergischen Reaktionen des Körpers intensiver geworden sind und was sich gegen die Allergie tun lässt, erklärt Barbara Bohle, die Leiterin des Instituts für Pathophysiologie und Allergieforschung an der MedUni Wien.
Wie können sich Allergien gegen Pollen körperlich äußern? Barbara Bohle: Hauptsymptom ist der Heuschnupfen, also eine laufende Nase. Wir nennen das in der Medizin eine allergische Rhinitis. In manchen Fällen sind die Augen mitbetroffen, dann sprechen wir von einer Rhinokonjunktivitis. Wenn die Symptome schlimmer werden, kann es auch zu Asthma kommen. Bei Baumpollen fallen die Symptome zumeist etwas milder aus als bei den Gräsern, weil Letztere über einen deutlich längeren Zeitraum blühen als Bäume.
Welche Pollen sind dafür bekannt, dass besonders viele Menschen allergisch auf sie reagieren? Bei den Gräsern gibt es viele verschiedene Gattungen, von den Liesch- bis zu den Weidelgräsern. Das Problem sind häufig Kreuzreaktionen. Das bedeutet, dass das Immunsystem, wenn man auf eine gewisse Allergenfamilie reagiert, nicht nur auf die Pollen einer Grassorte reagiert, sondern auch auf die anderer. Aus diesem Grund spricht man von einer Gräserpollensaison, die etwa im April, Mai beginnt und sich bis in den August zieht. Bei den Bäumen machen in Österreich die Pollen der Frühblüher Birke, Erle und Hasel vielen zu schaffen und auch hier finden sich wieder ähnliche Allergene bei anderen Bäumen, auf die der Körper dann ebenfalls reagiert.
Häufen sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die Allergien, sind mehr Menschen betroffen? Es ist lange postuliert worden, dass Allergien zunehmen. Das ist sicherlich richtig, allerdings muss man bei den Zahlen immer auch berücksichtigen, dass das Bewusstsein für das Thema über die Jahrzehnte deutlich gestiegen ist und Allergien auch dadurch häufiger diagnostiziert werden. Die Menschen gehen häufiger zum Arzt. Zwar lässt sich generell ein Anstieg an allergischen Erkrankungen in Wohlstandsländern feststellen, Studien zeigen aber auch, dass wir hier ein Plateau erreicht haben, von dem aus die Anzahl an Allergikern wohl nicht mehr massiv steigen wird. Grund für die Zunahme von Allergien ist die vermehrte, zum Teil übertriebene Hygiene in den Haushalten und im Alltag. Im Kindesalter lernt unser Immunsystem, mit allen möglichen Substanzen umzugehen, um die bösen von den guten zu unterscheiden. Bei einer übertriebenen Hygiene wird dieses Training dem Organismus vorenthalten und das wiederum kann die Neigung zu einer Überreaktion des Immunsystems auf bestimmte Stoffe fördern - nichts anderes ist eine Allergie ja.
Treten die Symptome einer Pollenallergie mittlerweile bereits früher im Jahr auf, als das noch vor einigen Jahren der Fall war? Ja, durch die globale Erderwärmung kann sich die Pollenausreifung der Pflanzen nach vorn verschieben. Sowohl die Bäume als auch die Gräser beginnen mitunter früher zu blühen. Das bewirkt, dass sich auch die Symptome der Allergie auf die Pollen früher bemerkbar machen.
Sind die Pollen "aggressiver" geworden, wie man es häufig hört? Ich glaube nicht, dass die Pollen grundsätzlich "aggressiver" geworden sind. Aber natürlich gibt es klimatische Veränderungen, Birken mögen zum Beispiel die Wärme nicht. Wenn es nun wärmer und trockener wird, dann bedeutet das für solche Bäume eine Stresssituation, was mitunter dazu führen kann, dass sie mehr Abwehrproteine ausschütten, um sich gegen Krankheitserreger zu schützen. Das Hauptallergen in Birkenpollen ist ein solches Abwehrprotein. Ganz generell ist eine Allergie durch das Wetter beeinflusst und kann somit von Jahr zu Jahr schwanken. Wenn es viel regnet, fühlen sich Allergikerinnen und Allergiker beispielsweise oft besser, weil der Regen die Pollen aus der Luft wäscht. Ebenfalls gibt es stärkere und schwächere Pollensaisonen, die entsprechend stärkere bzw. schwächere Symptome auslösen. Somit kann keine Pauschalaussage getroffen werden, dass Pollen grundsätzlich "aggressiver" werden. Es verschwinden durch die Klimaveränderungen ja auch Pflanzen, die Allergien auslösen.
Kann sich die Allergie im Lauf des Lebens von selbst verbessern oder verschlimmern? Beides ist möglich. Verschlimmern kann sich die Allergie, wenn man sie nicht behandelt und sie zu einer chronischen Reizung des Immunsystems führt. Das kann bis zum Asthma führen, also zu - in diesem Fall allergisch bedingten - Atembeschwerden. Verbesserungen wiederum lassen sich vor allem durch den Alterungsprozess erklären. Auch das Immunsystem altert und ist in der Folge nicht mehr so reaktiv wie in jüngeren Jahren. Die Überreaktion auf eigentlich harmlose Substanzen wird so auch milder.
Was lässt sich tun, um Allergiesymptome zu vermindern oder die Allergie gar ganz loszuwerden? Ich empfehle eine allergenspezifische Immuntherapie, um langfristig Allergiesymptome zu verringern: Bei dieser Hyposensibilisierung werden kleine Mengen des Allergens verabreicht, sodass sich das Immunsystem an dieses gewöhnen kann. Die Therapie kann über Spritzen oder Tabletten erfolgen. Das Immunsystem gewöhnt sich durch die ständige Exposition an das Allergen und durch den Toleranzeffekt reagiert die Person nicht mehr so stark, wenn die Pollen fliegen. Bei einem erhöhten Leidensdruck durch eine Allergie sollte man möglichst rasch einen Allergiespezialisten aufsuchen. Sowohl Allergologen als auch einige Hausärzte können die Allergie diagnostizieren und zu einer Therapie beraten. Je früher man mit der Therapie beginnt, desto besser kann sie wirken.