In unserem Kopf geht es nicht immer fein zu, vor allem nicht, wenn wir innere Selbstgespräche führen. Petra Lehner: Im Gegenteil. Zwei kanadische Forscher von der Queen's University in Kingston haben untersucht, wie ein Gedanke in unserem Mind aussieht. Sie können mit hoher Bestimmtheit sagen, dass wir durchschnittlich 6000 bis 6200 Gedanken pro Tag denken. Und nur drei Prozent davon sind positiv. Dafür sind acht Mal so viele, also rund 25 Prozent, negativ - alles andere bekommt das Prädikat "neutral".
"Mindset" ist zum Trendbegriff geworden. Was umfasst er für Sie? Es ist tatsächlich schwierig, ein passendes deutsches Wort dafür zu finden. Mind geht tief ins Unbewusste - dazu gehören Intuition, Bauchgefühl und die Verbindung zwischen Gehirn und Körper. Fakt ist: Entscheidungen trifft unser Mind längst, bevor wir bewusst Zugriff auf das Ergebnis haben.
Sie schreiben, dass wir uns Bullshit-Storys erzählen. Was hat es damit auf sich? Das Wesen dieser Bullshit-Storys ist, dass sie gespickt sind mit negativen Annahmen, die wir über uns selbst und unsere Umgebung haben. Schlechte Gedanken, die wir über uns oder Situationen denken, stammen quasi aus Zeiten von Höhlenmenschen und Säbelzahntigern. Negative Selbstgespräche hatten also schon unsere ältesten Vorfahren. Die erste Bullshit-Story der Geschichte lautet wohl: "Immer, wenn ich Nahrung vor der Höhle besorgen will, droht Gefahr und das nächste Raubtier kommt gleich um die Ecke." Bullshit-Storys sind also nicht unbedingt von Tatsachen geleitet, sondern von Annahmen, die wir selbst erzeugen. Bis heute sind die vielen heruntergezogenen Mundwinkel ein Indikator dafür, wer sich welche Geschichten erzählt.
Wo lernen wir negative Selbstgespräche? Heutzutage wohl im Kindergarten. Jedenfalls erlernen wir sie dann, wenn soziale Regeln und Konventionen beginnen, auf unserem Lernweg wirksam zu werden. Manche Menschen sind drei Jahre alt, andere acht, wenn es mit Bullshit-Storys losgeht. Wir fangen an, auf Fehler und vermeintliche Fehler - also auf das Negative - zu schauen anstatt auf das, was wir bereits geschafft haben. Das ist ein natürlicher Überlebenstrieb. Denn wenn wir auf kleine Details achten, erkennen wir die essbaren Beeren und entdecken darüber hinaus den Säbelzahntiger, der hinter dem Fels lauert, rechtzeitig.
So hart, wie innere Selbstgespräche teils ablaufen, wären wir mit Mitmenschen niemals. Deshalb schreibe ich in meinem Buch: "Sprich mit dir wie zu deiner besten Freundin!". Gnadenlos zu uns zu sein schwächt uns und führt nicht zu Erfolg. Hinter negativen Selbstgesprächen steht die Angst vor Fehlern, vor dem Scheitern. Davor, nicht gut dazustehen oder in der Öffentlichkeit bewertet zu werden.
Welche Gedanken sollten wir denken - und welche nicht? Je weniger wir uns auf Bewertungen und Verurteilungen einlassen, desto gesünder sind die Gedanken. Als Kinder waren wir Entdeckende und ganz positiv erfolgsgesteuert. Dieses Mindset lässt sich glücklicherweise wiederentdecken und trainieren.
Journaling, also Gedanken aufzuschreiben, ist Ihr Lieblingswerkzeug. Was bringt es? Es gibt um die 30 verschiedenen Arten, ein Journal zu schreiben. Diese Methode ist ein schöner erster Einstieg ins Gedankenreich, weil wir erkennen, was wir so alles denken. Als Businesscoach geht es mir darum, dass Menschen sich öffnen und Fakten auf den Tisch legen. Dass sie es aussprechen, wenn sie nicht genug Kundschaft haben oder das Business nicht läuft. Wer ehrlich mit sich ist, erreicht mehr. Durch das Journaling lassen sich Gedankenbarrieren umstoßen und Mangeldenken bewältigen.
Ein Journal ist aber kein Tagebuch? Nein, denn im Journal schreiben wir uns in die Zukunft. Sätze können lauten: "Heute erledige ich drei wichtige Gespräche und schließe sie gut ab" oder "Diese Woche hole ich einen genialen Auftrag". Dabei setze ich auf formulierte Fakten, nicht auf Hoffnungen, denn hoffen ist Mangeldenken. Im Journal gebe ich meinem Gehirn die Vorwärtsrichtung vor und halte täglich klare Ziele fest. Das ist mehr, als ein Wort auf einem Klebezettel an den Spiegel zu geben. Im Coaching und beim Journaling geht es um ausformulierte Gedanken und die Kommunikation mit sich selbst. Tägliche mentale Arbeit ist wichtig. So habe ich früh gelernt, dass Dinge, die auf den ersten Blick nicht möglich scheinen, doch klappen.
Erfolg braucht Zeit, Energie und Geld. Dennoch setzen Sie Me-Time an die oberste Stelle. Wenn wir in der Früh losrattern und alle To-dos abarbeiten, hängen wir am Abend in den Seilen. Die richtige Energie stellt das Gehirn bereit, wenn es weiß, was an welchem Tag wichtig ist. Deshalb ist es extrem sinnvoll, gut und ruhig in einen Tag zu starten. Erfolg wird uns nicht serviert, er braucht Fokus. Und Taten.
Ein Rezept fürs Vorwärtskommen lautet also: "Tägliche Klarheit, mentale Innenschau, stärkende Worte und die richtigen Gefühle"? Und dann Action! Wenn wir nur ein paar Minuten regelmäßig in ein Projekt investieren, kann Großes entstehen. Mein eigenes Buch liegt vor mir, weil ich es gewohnt bin, jeden einzelnen Tag zu schreiben. Bei allen notwendigen Taten, wir leben das Leben von innen nach außen. Immer.
