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Exzellenz in der Gastronomie: "Es braucht ganz klar Leidenschaft"

Was macht Exzellenz in der Gastronomie aus? Ein Gespräch zwischen einer ehemaligen Weltmeisterin und einem Nachwuchstalent.

Barbara Huber: Sie holte bei den WorldSkills 1995 Gold. Heute betreibt sie mit ihrem Mann den Hof Pertillbauer in Flachau.
Barbara Huber: Sie holte bei den WorldSkills 1995 Gold. Heute betreibt sie mit ihrem Mann den Hof Pertillbauer in Flachau.
Anton Santner: Er ist im letzten Ausbildungsjahr seiner Doppellehre zum Restaurantfachmann und Koch.
Anton Santner: Er ist im letzten Ausbildungsjahr seiner Doppellehre zum Restaurantfachmann und Koch.

Fast 30 Jahre ist es her, dass Barbara Huber bei den Berufsweltmeisterschaften WorldSkills Gold in der Sparte Service für Österreich holte. Eine der verheißungsvollen Gastronomiefachkräfte seiner Generation ist Anton Santner. Der 18-Jährige lernt Koch und Restaurantfachmann im Königgut in Wals. Im Gespräch philosophieren die beiden über eine sich wandelnde Branche und das Rezept für Exzellenz.

Wie war es damals, Weltmeisterin zu werden? Barbara Huber: Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke. Ich erinnere mich gut, dass viele Leute aus anderen Nationen mit Kameras herumgelaufen sind und fleißig Fotos von mir gemacht haben. Aber: Man kann sich zwar Arbeitsabläufe abschauen, aber das Gemütliche, Bodenständige, Herzliche, das wir Österreicher ausstrahlen, nicht. Das ist unser großes Plus.

Worauf kommt es an, wenn man Gold anstrebt? Huber: Es braucht auf jeden Fall ein geniales Team! Die Trainer, die ich im Parkhotel Pörtschach hatte, haben sechs bzw. vier Jahre vor mir beide selbst eine Goldmedaille geholt. Von ihnen konnte ich wahnsinnig viel lernen! Beim Wettbewerb geht es dann darum, dass du das Wissen auch abrufen kannst und auf die eigenen Fähigkeiten vertraust.

Auch du hast schon bei etlichen Wettbewerben mitgemacht, warst zuletzt Lehrling des Monats. Was ist dein Antrieb? Anton Santner: Ich wollte mir beweisen, dass ich mit anderen mithalten kann. Wettbewerbe sind außerdem eine gute Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung, denn du musst innerhalb einer sehr knapp bemessenen Zeit perfekt abliefern. Klarerweise ist auch im Alltag Druck da, aber es gibt immer wieder Leerlaufzeiten zum Durchschnaufen. Hier braucht es vier, fünf Stunden pure Konzentration.

Wie bereitest du dich auf Wettbewerbe vor? Santner: Im Service kannst du zum Beispiel üben zu tranchieren oder Cocktailrezepte einstudieren, im Kochwettbewerb bereitest du dich auf ein bestimmtes Menü vor. Das habe ich immer wieder in meiner eigenen Küche gekocht, die gut ausgestattet ist und wo mich nichts ablenkt. Für die Eclairs habe ich bis zu drei Mal am Tag neben der Arbeit Masse angerührt, die fertigen im Betrieb oder an die Familie verteilt und viele auch selbst gegessen. Vor Kurzem habe ich sie zum ersten Mal nach langer Zeit wieder gemacht. Und: Ich mag sie immer noch.

Welche Fähigkeit ist in der Gastronomie unverzichtbar? Santner: Ganz klar: Leidenschaft! Du gehst nicht einfach heim und das war's. Du musst auch in der Freizeit dahinter sein. Gastro ist zudem keine einfache Lehre. Man muss stressresistent sein und viel Arbeit in kurzer Zeit bewältigen. Außerdem ist man zeitlich sehr eingespannt. Wenn deine Freunde aus der Schule heimkommen, fängt deine Schicht vielleicht erst an.

Was sind die größten Herausforderungen? Santner: Der Zeitdruck ist natürlich ein Thema. Wir haben das Glück, dass wir genügend Mitarbeiter im Betrieb haben. Viele müssen aber zusperren, weil sie keine Leute finden. Wobei es auch viel auf das Umfeld ankommt: Wenn der Küchenchef ein Choleriker ist, bleiben die Leute nicht lang.

Was erfüllt dich am meisten in deinem Job? Santner: Wichtig ist ein starkes Team. Man kann sich die Arbeit in der Küche vorstellen wie bei der Tour de France: Einmal prescht der eine vor und der andere fährt im Windschatten, dann wieder umgekehrt. Mitziehen müssen alle. Beim Kochen taugt mir die Arbeit mit richtig frischen, guten Lebensmitteln. Das Gemüse bekommen wir auf den Tag geerntet vom Biobauern aus dem Ort. Auch der Umgang mit den Gästen taugt mir. Man kann sie abholen, ein Essen passend zum Wetter empfehlen, einen Wein passend zum Essen.

Sie haben den Beruf gewechselt, sind aber noch in der Branche. In welcher Form haben Sie heute mit Gästen zu tun? Huber: Wir haben unseren Bergbauernhof über die Jahre auf den neuesten Stand in Sachen Komfort gebracht. In unseren Appartements verbringen vorwiegend Familien und Paare, die die Ruhe und den Ausblick genießen wollen, ihren Urlaub.

Heute gibt es Diskussionen um Nachhaltigkeit, Regionalität, die vegane Kochlehre. War das vor 30 Jahren Thema? Huber: Dass vor Ort beste Zutaten aus der Region zu etwas Köstlichem verarbeitet werden, das wurde früher nicht so thematisiert - es war normal. So etwas wie brasilianisches Rindfleisch gab es damals bei uns nicht. Als Marketingbegriff ist "Regionalität" erst in den letzten Jahren aus dem Boden gestampft worden.

Würden Sie sich heute noch einmal für eine Lehre in der Gastro entscheiden? Huber: Ja. Das liegt mir im Blut! Ich bin auch auf unserem Hof bemüht, die Gäste zu verwöhnen. Einige meiner sieben Kinder schlagen diesen Weg ebenfalls ein: Die Zweitälteste ist Rezeptionistin, der Jüngste will Koch werden.

Was würden Sie Jungen mitgeben, die in der Branche hoch hinauswollen? Huber: Man sollte sich unbedingt so viel anschauen wie möglich - ob nun bei Wettbewerben, wo die ganze Welt zusammenkommt, oder gleich bei Jobs im Ausland. Da stehen der Jugend so viele Möglichkeiten offen. Betrieben rate ich, das Feuer zu schüren, das in den Jungen brennt.

Was sind deine Pläne für die Zukunft? Santner: Ich möchte mich auf die Küche konzentrieren. Da habe ich mehr Talent und Leidenschaft. Und mit gutem Essen kann man auch privat Menschen eine Freude bereiten. Nach dem Bundesheer will ich ins Ausland: Kopenhagen, Schweiz, Japan. Als Koch lernst du nie aus! Irgendwann will ich ein eigenes Lokal, aber davor noch viel Erfahrung sammeln.