Bei dem Unternehmen Geislinger in Hallwang profitiert die vierte Generation von der Idee, die der Urgroßvater einst hatte: Drehschwingungsdämpfer und drehelastische hochdämpfende Kupplungen für Diesel- und Gasmotoren zu produzieren, vor wenigen Jahren kamen Komponenten für Windkrafträder dazu. Es ist Tradition, dass Familienmitglieder das Unternehmen führen, dennoch wurde 2019 mit Torsten Philipp ein externer Geschäftsführer geholt. Er teilt sich mit Adrian Geislinger, vierte Generation und ältester Sohn von Cornelius Geislinger, die Geschäftsführung, der zweite Sohn Benjamin ist seit drei Jahren als Produktmanager an Bord. Der Onkel und Bruder von Cornelius, Matthias Geislinger, hat ebenfalls zwei Kinder, ob sie nach dem Studium ins Unternehmen eintreten werden, ist noch unklar.
Vor dem SN-Gespräch präsentiert Adrian Geislinger einen Imagefilm, der zeigt, dass eine junge Generation das Sagen hat, die auf flache Hierarchien sowie Teamarbeit setzt und sich im Du verständigt.
Wie hat Ihr Vater den Film kommentiert? Adrian Geislinger: Gesagt hat er nicht viel, aber in seinem Gesicht sah man sehr wohl, dass ihm diese Vision gefällt. Er und sein Bruder haben in den 30 Jahren, in denen sie das Unternehmen führten, vieles gut gemacht. Doch wer übernimmt, möchte es ein Stück weit besser machen. Wir haben heute neue Herausforderungen. Die Vergangenheit war von Verbrennungsmotoren getrieben, wir sind dabei, auf nachhaltige Kraftstoffe umzustellen.
Benjamin Geislinger: Diese Themen bewegen uns als Gesellschaft, und als Unternehmen haben wir diese Verantwortung anzunehmen. Nicht abwartend und unsere Marktchancen suchend, wir wollen einen aktiven Part spielen.
Können Sie sich noch an Ihre Gedanken erinnern, als Ihr Vater Herrn Philipp in die Geschäftsführung holte, der zuvor schon für Geislinger gearbeitet hatte, dann aber in ein anderes Unternehmen gewechselt war Adrian Geislinger: Ich war damals 26 und gerade im Masterstudium. Wir haben das sehr positiv aufgenommen, nachdem wir beide eine sehr hohe Meinung von Torsten gehabt haben und noch immer haben.
Macht es einen Unterschied, ein Unternehmen als leitender Angestellter zu führen oder als Eigentümer, was glauben Sie, Herr Philipp? Torsten Philipp: Auch wenn wir vom Organigramm her gleichberechtigt sind, kann es durchaus passieren, dass der Meinung eines geschäftsführenden Gesellschafters mehr Glauben geschenkt wird als der eines angestellten Geschäftsführers. Das wäre fatal. Wir haben deshalb von Anfang an sehr klar kommuniziert und unterstützen uns gegenseitig, um im operativen Geschäft keinen Keil zwischen uns kommen zu lassen. Wenn wir das auch nach außen hin so leben, und das tun wir, funktioniert das hervorragend.
Die Eigentümerfamilie nimmt mich ins Boot, ich kann meine Sicht der Dinge einbringen. Bei Themen, die auf der Eigentümerseite diskutiert werden, habe ich kein Mitspracherecht.
Eine Fehlentscheidung hat für einen angestellten Geschäftsführer weniger fatale Folgen als für den Eigentümer. Wie verhält es sich mit Ihrem Gefühl der Verantwortung? Torsten Philipp: Ich empfinde dieses Unternehmen als mein Unternehmen, arbeite mit meiner Arbeitskraft, meiner Energie, meinem Enthusiasmus daran, es noch erfolgreicher zu machen. Jede Fehlentscheidung, die zu einer negativen Auswirkung führt, trifft und schmerzt mich auch persönlich. Nach 20 Jahren hier ist mein Job mehr als ein reines Angestelltenverhältnis. Nur so kann ich erfolgreich sein.
Glauben Sie, gibt es Entscheidungen, bei denen sich Herr Philipp leichter tut als Sie? Benjamin Geislinger: Ich glaube, unsere Sichtweise ist gar nicht so unterschiedlich. Es ist für uns alle wichtig, über Jahresabschlüsse hinauszudenken, das zeichnet eine gute Geschäftsführung aus.
Ist eigentlich geplant, dass die Unternehmensführung einmal nur in den Händen der Familie liegt? Benjamin Geislinger: Wir sehen es als große Stärke, wie wir momentan aufgestellt sind, mit all den unterschiedlichen Perspektiven. Solange uns das stärkt, werden wir so weitermachen.
Was, wenn Ihnen Unternehmensanteile angeboten würden, Herr Philipp? Torsten Philipp: Ich ahne, dass das nicht passieren wird (schmunzelt). Doch es ist ein so attraktives Unternehmen, dass ich Ja sagen würde.
Mit welcher Haltung zum Unternehmen, zum Unternehmertum sind Sie groß geworden? Benjamin Geislinger: Mich hat schon von klein auf die Technologie im Unternehmen begeistert, ich habe uns als innovationsführend empfunden. Ich bin und war begeistert davon, was wir tun. Unsere Stärke war, dass Geislinger stets von Technikern geführt wurde.
Adrian Geislinger: Ich war immer extrem stolz darauf, was der Vater gemacht hat und welche Erfolge er feiern konnte. Wir waren damals 14 und 16, als wir ihn bei der Eröffnung unserer neuen Standorte in Korea und Japan begleiten durften. Das war schon sehr beeindruckend.
Konnte der Vater gut loslassen? Adrian Geislinger: Ja, was mich im ersten Moment selbst überrascht hat. Aber es war ein guter Zeitpunkt, nach der Pandemie, er hat erkannt, dass er manche Dinge nicht mehr so vorantreiben konnte. So hat er die richtigen Maßnahmen eingeleitet, indem er Torsten und später mich geholt hat. Er kommt heute ab und zu ins Büro, wir haben Jours fixes und unterrichten ihn über das laufende Geschäft, über Investitionen, die natürlich mit der Holding zu besprechen sind.
Benjamin Geislinger: Wir schätzen uns sehr glücklich, dass die Übergabe so gut gelaufen ist. Wir sprechen ja mit anderen Unternehmern und wissen, was schiefgehen kann.
Torsten Philipp: Auch ich habe größtmöglichen Respekt, dass die Herren Geislinger den Übergabeprozess früh eingeleitet haben und uns freie Hand lassen. Schon in der Vergangenheit wurden im Unternehmen wichtige Schlüsselpositionen gekonnt besetzt, um für einen guten Übergang zu sorgen. So bin ich vor 20 Jahren in das Unternehmen gekommen. Es stand eine Pensionierung an, aber erst in drei Jahren. Eurem Vater und Onkel war wichtig, frühzeitig für eine Nachfolge zu sorgen. Das hat sich bei ganz vielen anderen Personalentscheidungen durchgezogen.
Sie wirken wie eine gute funktionierende Einheit. Was ist Ihr Erfolgsrezept? Benjamin Geislinger: Wir kommunizieren viel, haben die Büros direkt nebeneinander, unsere Türen sind offen. Es muss sich jeder fair behandelt fühlen.
Adrian Geislinger: Nachdem ich Betriebswirtschaft studiert habe, kann ich mich bei technischen Themen schon mal rausnehmen (lacht). Jeder von uns hat seine Stärken in seinen Bereichen. Da lässt man den anderen wirken. Wir haben bewusst keinen CEO, sondern gleichgestellte Managing Directors.
Torsten Philipp: Kommunikation ist enorm wichtig. Wir wissen, wie wir ticken. Wir sind nicht die klassischen Alphatiere, die sich darüber definieren, wie viele Direct Reports sie haben. Das ist nicht die große Torsten-Philipp- oder Adrian-Geislinger-Show, wenn wir als Firma Geislinger erfolgreich sind, dann haben wir alle drei etwas geschafft. Und euch ist ja auch wichtig, dass ihr einmal in der Lage seid, das Unternehmen an eure Kinder weiterzugeben.