Die Stadt Salzburg bietet Bediensteten nunmehr Kurse für die Gebärdensprache an. Andrea Brandner, Sozialstadträtin und Vorsitzende des Behindertenbeirats, reagiert damit auch auf den Gewalt- und Missbrauchsskandal in der früheren "Taubstummenanstalt", der heutigen Josef-Rehrl-Schule im Stadtteil Lehen. Sie bedauere dies sehr.
"Es braucht viel mehr Verständnis zwischen Hörenden und gehörlosen Menschen, wir benötigen dringend mehr Gebärdendolmetscher in Salzburg", meint die Politikerin. Mit September können interessierte Stadtmitarbeiter sich die Grundkenntnisse der Gebärdensprache aneignen. Einige Mitarbeiterinnen, darunter in der Sozialabteilung, beherrschten die Gebärdensprache bereits in Ansätzen. "Es ist zumindest ein Zeichen der Wertschätzung, wenn man Betroffene im Amtsverkehr in ihrer Sprache begrüßen und ein paar Sätze wechseln kann", so Brandner.
10.000 Gehörlose bundesweit
In Österreich leben acht- bis zehntausend Gehörlose, in Salzburg sind es 600 Personen, sowie 28.000 Menschen mit Hörbeeinträchtigungen, weiß man im Gehörlosenverband Salzburg. Gehörlosigkeit oder Hörbeeinträchtigungen sind erworben, vererbt oder (selten) genetisch bedingt, erklärt Vorstandsmitglied und Finanzreferent Reinhard Aichhorn: "Es können Menschen sein, die im Alter schwerhörig werden, spät ertaubt sind oder einen Hörsturz erlitten haben. Bekannte Ursachen für Gehörlosigkeit sind Erkrankungen der Mutter während der Schwangerschaft, wie Röteln, Herpes, Geschlechtskrankheiten oder Toxoplasmose." Oft erhalten Gehörlose ein Cochlea-Implantat. Die elektronische Hörprothese funktioniere bei je einem Drittel der Betroffenen gut, erreiche die Stufe der Schwerhörigkeit oder helfe gar nicht. In der Community ist die rasche Prothesenversorgung bereits kleiner Kinder umstritten. "Wir raten Eltern, dass die Kinder in jedem Fall auch die Gebärdensprache lernen sollen", so Aichhorn.
Salzburg hinke in Sachen Gebärdensprache weit hinter anderen Bundesländern her. "Wir haben viel zu wenige Dolmetscher, um der Community den benötigten Service anbieten zu können", sagt Aichhorn. Allein die Beratungsstelle in Itzling bräuchte fünf Sprecher, hat zurzeit jedoch lediglich Andreas Schodterer, der halb Sozialarbeiter, halb Dolmetscher ist.
Führerschein kostet 12.000 Euro extra
Dienstleistungen müssen in Österreich zwar barrierefrei angeboten werden, in der Praxis wird das aus ökonomischen Gründen jedoch häufig umgangen. Das Hauptproblem ist laut Verband, dass das Land Salzburg die Übersetzungskosten nicht bezahle (im Gegensatz zu Oberösterreich oder Tirol). So muss man für einen Führerscheinkurs mit zusätzlichen 12.000 Euro für den Gebärdensprecher rechnen. "Gehörlose können am Leben besser mit einem Auto teilhaben. Es wäre so wichtig, dass das Land diese Finanzierung übernimmt", meint Aichhorn. Ähnlich verhält es sich mit Wifi-Kursen, wo Kurse mitunter gecancelt werden, sobald ein Gehörloser teilnimmt, und keine Firma die Dolmetschkosten bezahlt.