Wir erwerben 60 bis 70 Prozent unseres Wissens informell. Das heißt, weder in Klassenzimmern noch in Hörsälen. Wir lernen in unseren Familien, mit Freunden und vor allem dann, wenn wir unseren Interessen nachgehen, ein Hobby verfolgen. Doch viele Kinder und Jugendliche haben wenige bis gar keine Möglichkeiten, regelmäßig einem Hobby nachzugehen. Ein wesentlicher Teil der Entwicklung und Bildung bleibt dann leider auf der Strecke, weiß Nikola Milenovic, denn: "Viele Kinder und Jugendliche sitzen mangels Alternativen im Park herum. Dabei fehlt der Hobby-Effekt, also dass man etwas dazulernt, sich verbessert oder ein Erfolgserlebnis erzielt."
Hobby Lobby bietet kostenlose Kurse an
Mit der Hobby Lobby will er in Salzburg genau dem entgegenwirken. Seit dem Wintersemester 2023 bietet er kostenlose Freizeitkurse für Kinder zwischen zehn und vierzehn Jahren an. Als Standort für die Hobby Lobby hat Milenovic den Salzburger Stadtteil Lehen gewählt, und das ist kein Zufall: "Ich bin selbst in Lehen aufgewachsen und weiß, dass es hier viele Familien gibt, die entweder keinen Zugang oder keine Zeit und oftmals auch nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, ihren Kindern Hobbys zu ermöglichen." Nach Angaben der Hobby Lobby haben 94 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die einen Kurs dort besuchen, keinen Zugang zu Vereinsaktivitäten.
Mehr Chancengerechtigkeit durch sinnvolles Freizeitangebot
Damit sinnvolle Freizeitgestaltung kein Privileg bleibt, bietet Milenovic für bis zu 120 Kinder verschiedenste Kurse an, darunter Völkerball, Volleyball, Basketball, Kampfkunst, aber auch Streetart, E-Sports, Foto- und Videografie, Schach, Anime und Manga, Töpfern, Fashion- oder Schmuckdesign und Pokémon Card. Letzteres ist ein bislang einzigartiges Angebot in Salzburg. Auch Englischnachhilfe gibt es. Die Einheiten sind kostenlos und immer ausgebucht, die Warteliste lang. Anmelden kann man sich immer zu Semesterbeginn. Milenovic arbeitet eifrig daran, weitere Kurse ins Portfolio zu nehmen und noch mehr Plätze für Kinder zu schaffen. Dazu brauche es dringend mehr kostenfreie Räumlichkeiten, finanzielle Mittel und vor allem passende Kursleitungen. "Programmieren würde ich gut finden oder eine Art Start-up-Kurs für Kinder, in dem sie lernen, wie sie von der Idee zu einem Prototyp und dann zu einem fertigen Produkt kommen."
"Mit der Hobby Lobby bekommen wir die Kinder nicht nur vom Park oder von der Straße weg, sondern auch vom Smartphone oder vom Computer", so Milenovic. Dennoch soll es sehr wohl auch digitale Kursangebote geben, wie zum Beispiel E-Sports. "Der Unterschied zum Gamen im eigenen Kinderzimmer ist, dass wir mit den Kids ins Gespräch kommen. Wir können ihnen so vermitteln, dass ständig am Handy zu hängen auch nicht cool ist. Zum Beispiel fragen wir sie im E-Sports-Kurs ganz am Anfang, wer Lust hat, 15 Stunden am Tag zu zocken. Alle heben erst mal die Hände. Dann fragen wir die Kids mit einem Augenzwinkern, wer denn Lust hat, keine Freunde mehr zu haben. Das will natürlich niemand. Und so sprechen wir dann darüber und erzählen den Kids, dass selbst E-Sport-Profis maximal drei bis vier Stunden täglich vorm Bildschirm sitzen."
Kinder gestalten und knüpfen Freundschaften
In der Hobby Lobby gibt es weder Leistungsdruck noch Konkurrenzdenken: "Ich sehe pure Freude und Begeisterung, wenn Kinder im Fashiondesignkurs mit ihren eigenen Händen eine Jeansjacke gestalten und sie dann ganz stolz mit nach Hause nehmen. Die Hobby Lobby ist nicht nur ein Lern- und Entwicklungsraum, es entstehen hier außerdem, und das finde ich genauso wichtig, ganz wertvolle Freundschaften."
Herkunft bestimmt nicht über Zukunft
Derzeit engagieren sich in der Hobby Lobby in Salzburg zehn Ehrenamtliche, die mit den Kindern ein Mal pro Woche arbeiten. Dass sie für die Kinder zu Vorbildern und manchmal auch zu Vertrauenspersonen werden, berührt den Salzburger Geschäftsführer der Hobby Lobby sehr. In Wien - dort, wo die Hobby Lobby vor fünf Jahren ihren Anfang nahm - kommen inzwischen schon wieder junge, motivierte Menschen, die früher Teilnehmende in der Hobby Lobby waren, im Rahmen des Youth-Leader-Programmes zurück. Dort werden sie zu Co-Kursleitern und -leiterinnen ausgebildet und geben zuvor Erlerntes an Jüngere weiter. Auf diese Art erwerben sie selbst wichtige Kompetenzen für die eigene berufliche Zukunft: "Diese schöne Entwicklung war für mich mitunter ein Grund, die Idee nach Salzburg zu bringen", erzählt der heute 30-jährige Salzburger mit serbischen Wurzeln. Doch nicht nur das hat ihn bewegt. Milenovic wurde durch die Hobby Lobby auch an seine eigene Geschichte erinnert: "Ich bin selbst in Lehen aufgewachsen und weiß um die Schwierigkeiten, mit denen Kinder und Jugendliche konfrontiert sind. Ich selbst hatte nie wirklich ein Hobby und finde es umso schöner, dass ich heute so vielen Kindern genau das ermöglichen kann."
Manche Kinder aus den Kursen in Salzburg, erzählt Milenovic, wissen nicht, was eine Matura ist und welche Möglichkeiten sie damit hätten. "Ich beobachte, dass es Kinder gibt, die von sich selbst denken, dass sie aufgrund ihres Migrationshintergrundes keine Chancen hätten. In unseren Kursen wollen wir sie bestärken! Nur weil ihnen andere aufgrund ihres Hintergrundes Möglichkeiten absprechen, heißt das nicht, dass die Kinder diese Denkweise übernehmen müssen. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich habe ja genauso Migrationshintergrund und bei mir hat auch nicht immer alles so geklappt, wie ich mir das vorgestellt habe - das hat aber nichts mit meinem Nachnamen zu tun."
Hobby Lobby erobert ganz Österreich
Die Hobby Lobby verbreitet sich mit einem Social-Franchise-Konzept in ganz Österreich. Milenovic ist Franchisenehmer und Geschäftsführer in Salzburg, dem fünften Bundesland, in dem es eine Hobby Lobby gibt. Ansprechen will die Hobby Lobby vor allem Kinder aus Lehen, Taxham und Liefering. Die Kurse finden unter anderem in der Salzburger Volkshochschule, in Turnsälen und in Räumlichkeiten des Salzburger Hilfswerks statt. "Heuer haben wir im Wintersemester das erste Mal ganz viele Kinder, die noch nie in der Hobby Lobby waren. Es freut mich zu beobachten, wie die, die schon länger mit dabei sind, den Neulingen helfen und sie ganz selbstverständlich in der Gruppe willkommen heißen. Hier wächst eine Generation in einem wunderschönen Miteinander heran. Ich finde, da gibt es ganz viel Hoffnung."
Weitere Infos unter: www.hobbylobby.co.at/salzburg
