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Technikhaus für Kinder will Kinder für MINT-Berufe interessieren

Ein Rezept gegen den Facharbeitermangel: In Feldbach wurde ein Ort geschaffen, an dem Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit handwerken können. So soll früh die Begeisterung für MINT-Fächer und technische Berufe geweckt werden.

In Feldbach eröffnet das erste Technikhaus für Kinder, um frühzeitig Interesse an MINT-Berufen zu entfachen. Eltern zahlen einen geringen Beitrag für Nachmittage, an denen die Kinder in Bereichen wie Holz, Metall und Elektro handwerken können.
In Feldbach eröffnet das erste Technikhaus für Kinder, um frühzeitig Interesse an MINT-Berufen zu entfachen. Eltern zahlen einen geringen Beitrag für Nachmittage, an denen die Kinder in Bereichen wie Holz, Metall und Elektro handwerken können.

Statt zum Freizeitsport oder zu den Pfadfindern zum Basteln, um schon Kinder für MINT-Fächer zu begeistern: Das ist die Idee von "Technik für Kinder Vulkanland", einem Verein, der Anfang Jänner im südoststeirischen Feldbach seine Pforten öffnete. Die Idee entstand vor 15 Jahren in Bayern, und das mit Weitblick. Als schon damals der Arbeitskräftemangel absehbar war, stellte ein Unternehmer aus Bayern zu seiner Verwunderung fest, dass sein Sohn in der Schule zwar Stricken und Häkeln lernte, mit "bodenständigeren" Beschäftigungen und Arbeitsgeräten wie Hammer oder Lötkolben aber wenig in Berührung kam. Der Unternehmer gründete in Deggendorf den Verein Technik für Kinder (TfK), dorthin können Kinder und Jugendliche zum Handwerken kommen und jene Fertigkeiten erlernen, die sie auch später in der Arbeitswelt benötigen. Begleitet und angeleitet werden sie von pensionierten Handwerkern und Fachleuten. Denn wie in Österreich kommen in Deutschland viele junge Menschen auf den Arbeitsmarkt, ohne zu wissen, was sie in ihrem neuen Beruf erwartet.

"Nicht über Facharbeitermangel klagen, sondern Begeisterung wecken."
Silvia Reindl
Verein Technik für Kinder

Enormer Andrang beim Technikhaus für Kinder im steirischen Feldbach

Diese Idee haben sich nun Unternehmer aus dem steirischen Vulkanland zu eigen gemacht. "Wir wollten nicht über Facharbeitermangel klagen, sondern früh beginnen, die Begeisterung der Kinder und Jugendlichen zu wecken", sagt Obfrau Silvia Reindl. Anfang Jänner ging in der Franz-Josef-Straße 8 in Feldbach das erste Technikhaus für Kinder in Österreich in Betrieb. Die Obfrau berichtet von einer großen Resonanz bei der Eröffnung. 47 Kinder ab sieben Jahren habe man aufnehmen können, rund 30 stünden auf der Warteliste. "Platz wäre für bis zu 100 junge Menschen, wir suchen derzeit aber noch Mentoren", sagt sie, statt 20 seien erst neun an Bord. Die Einrichtung mit insgesamt 24 Arbeitsplätzen ist vorerst nur montags, mittwochs und donnerstags geöffnet, die Kinder können sich dort in den Bereichen Holz, Metall und Elektro versuchen. Um die noch verhaltene Begeisterung älterer Kinder zu wecken, seien Workshopreihen zu Themen wie Robotik, Coding oder Schweißen geplant, verrät Silvia Reindl. Wie in Deggendorf ist Technik für Kinder in Feldbach ein eingetragener Verein, für den Eltern Mitgliedsbeiträge zahlen - pro Nachmittag sind das fünf Euro. Auch in Feldbach sind Sommerprogramme geplant. Interesse hätten zudem Wirtschaftstreibende aus anderen Branchen bekundet, die ihr Handwerk in dieser Einrichtung zum Ausprobieren bereitstellen wollen, sagt Silvia Reindl, etwa der Gastrobereich oder die Friseurbranche. Die Aktion wird von Unternehmern der Region finanziell unterstützt, die den Verein auch mit Material versorgen. Im Rahmen eines EU-Projektes stehe man in engem Austausch mit der Initiative aus Deggendorf.

Kein Stress und Zeitdruck, es muss Spaß machen

Der Verein in Deggendorf ist in 15 Jahren gewachsen, auf fünf Häuser in der Umgebung, in denen Kinder und Jugendliche von Montag bis Freitag werkeln können. Rund 7000 Kinder sind es pro Jahr, in den gut besuchten Häusern 90 pro Woche. Geschäftsführer Werner Helmbrecht sagt: "Das Besondere daran ist, dass Kinder und Jugendliche ihre eigenen Ideen umsetzen können, es dürfen Fehler gemacht werden, es gibt keinen Zeitdruck, denn die jungen Menschen haben am Vormittag in der Schule schon genug Stress." Gefertigt werden so aus verschiedenen Materialien, vorrangig aber aus Holz, Kleinigkeiten, Geschenke, aber auch Schneeschuhe oder Schlitten.

Für Schulen veranstalte man Sonderaktionen, auch in den Ferien gebe es Angebote, sagt der Geschäftsführer. Eine Evaluierung über die ersten fünf Jahre zeigte, dass die Verweildauer im Schnitt rund zwei Jahre betrug, ein Jugendlicher blieb dem Verein sechs Jahre lang treu und wechselte direkt in eine Tischlerlehre. "Junge Menschen lernen dort grundsätzliche Kenntnisse über Technik, von denen sie ein ganzes Leben profitieren können", sagt Helmbrecht.

Jugendliche fürs Schnuppern begeistern

Die frühe Förderung von Talenten und Fertigkeiten erachtet auch Martina Plaschke von der Wirtschaftskammer als wichtig, sie ist zuständig für die Lehrlingsausbildung. Was weiß man schon mit 15 Jahren, bei Lehrbeginn, vom Beruf? So werden oft Berufsausbildungen gewählt, die schon der Vater genossen hat, die Tante oder der Opa, ohne genau zu wissen, welche Berufe mit welchen Fertigkeiten es darüber hinaus gäbe. Der unverstellte Zugang zu handwerklichen Tätigkeiten in den Familien nehme stets ab, sagt sie, in nur wenigen Haushalten stünden Werkbänke, in den Schulen würden handwerkliche Fertigkeiten zu wenig vermittelt. Martina Plaschke rät, junge Menschen früh in Unternehmen zu vermitteln, um Praktika zu absolvieren. "Die Schulen wollen die Kinder im System halten, das ist aber bei der aktuellen demografischen Situation ein Problem. Zudem tut man einem Kind, das in einem Lehrbetrieb besser aufgehoben wäre, damit nichts Gutes."