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Memoirs: Wie zwei Salzburgerinnen Familiengeschichten lebendig machen

Ein Leben zwischen Buchdeckeln: In Lebensgeschichten schlummert eine Quelle der Inspiration für nachfolgende (Unternehmer-)Generationen. Zwei Salzburgerinnen bringen diese nun in Buchform.

Hannah Gratzer und Christina Katefidis haben ihr Erstlingswerk zur Geschichte des Hotel Santner in Eugendorf veröffentlicht.
Hannah Gratzer und Christina Katefidis haben ihr Erstlingswerk zur Geschichte des Hotel Santner in Eugendorf veröffentlicht.

An der Rezeption des Hotels Santner in Eugendorf liegt ein Buch: Geprägte Lettern, feiner Leineneinband, griffiges Papier. Das Buch hat eine Wertigkeit, die einer Lebensgeschichte gerecht wird, sind sich die Macherinnen Hannah Gratzer und Christina Katefidis sicher. Zwischen den Buchdeckeln: eine Reise in die Vergangenheit des Hotels und in jene von Seniorchefin Katharina Elsenwenger.

Mit "Memoirs" haben sich Gratzer und Katefidis nämlich vergangenen Herbst der Aufgabe verschrieben, die Geschichte von Familien und Traditionsbetrieben, die seit Jahrzehnten die Region prägen, für die Nachwelt zu konservieren - wobei es nicht darum gehe, undifferenziert zu glorifizieren, sondern aus der Geschichte zu lernen und das Gute mitzunehmen.

Memoiren verleihen älteren Menschen Stimme

"Wir wollten ein gemeinsames Projekt starten, seit wir uns in unserer gemeinsamen Coaching-Ausbildung kennengelernt haben", erzählt Gratzer. Diese Ausbildung kommt den beiden Salzburgerinnen nun zugute: "Wir wissen, wie man Fragen stellt, die Tiefgang erlauben und bewegen: Man muss nämlich kein Profisportler oder Schauspieler sein, damit man eine Geschichte zu erzählen hat." Älteren sei häufig gar nicht klar, wie besonders ihre Erfahrungen sind. "Mit einem Memoir geben wir ihnen eine Bühne und das berechtigte Gefühl, dass ihre Geschichte wichtig ist. Durch diese Brille sehen sie sich dann auch selbst."

Die Jungunternehmerinnen schaffen lebendige Familiengeschichte

Drei Monate dauerten die Arbeiten am ersten Band. Zusammen mit regionalen Partnern, wie einem Autor, einer Grafikagentur und einem Buchbinder, der sich auf Kleinauflagen spezialisiert hat, haben die Jungunternehmerinnen kein staubiges Heft für den Dachboden entwickelt, sondern eine detailverliebte Mischung aus Fotoalbum, Zeitzeugnissen und Tagebuch. Auf 113 Seiten haben sie so eine Geschichte lebendig gemacht, die die acht Enkerl und Urenkerl Katharina Elsenwengers gleichermaßen begeistert wie die Hotelgäste.

"Familiengeschichte ist Storytelling, ohne etwas erfinden zu müssen. Authentischer geht Marketing nicht."
Hannah Gratzer, Christina Katefidis
Gründerinnen von "Memoirs"

"Wenn man jünger ist, setzt man sich oft nicht so bewusst mit Familiengeschichte auseinander", weiß Katefidis aus eigener Erfahrung. "Dadurch gehen so viele Erinnerungsschätze und Anekdoten, so viel Wissen für immer verloren." Dabei könne die eigene Familiengeschichte eine Quelle der Inspiration und eine bedeutende Ressource für die Identität nachfolgender Generationen darstellen: Welche Träume, Eigenschaften und Weltbilder gibt es, die möglicherweise auch in uns schlummern? Was hat sich verändert und was wird immer gleich bleiben?

Memoirs fördern emotionale Bindung und Werte und Traditionen zu erhalten

Je nach Wunsch setzen sich Gratzer und Katefidis mit den zu Porträtierenden zusammen, sichten Erinnerungsstücke oder wickeln die Interviews schriftlich ab. Welchen emotionalen Mehrwert ein solches Zeitdokument für die Nachfahren haben kann? "Dadurch, dass insbesondere mein Papa seit vielen Jahren in der Ahnenforschung aktiv ist, weiß ich sehr viel über meine Vorfahren. Von meinem verstorbenen Opa beispielsweise gibt es stundenlange Interviews auf Tonband", erzählt Gratzer. "So kann ich ihn als Erwachsene ganz neu als Freund kennenlernen, nicht nur als liebenden Opa. Wenn ich ihm zuhöre, wie er Herausforderungen bewältigt hat, weiß ich, dass ich es auch schaffen werde."

Ein Memoir könne außerdem helfen, bei Betriebsübergaben Werte und Traditionen zu erhalten. Gleichzeitig erlaubt es Gästen und Kunden, einen noch stärkeren Bezug zum Betrieb aufzubauen. "Die Menschen haben ein Gespür dafür, was Fake ist. Mich zieht es auch mehr ins Wirtshaus, in dem die Leberknödelsuppe seit 1750 nach demselben Rezept zubereitet wird, als zu Ketten, denen es nur um Geschäftemacherei geht", sagt Gratzer. "Familiengeschichte ist Storytelling, ohne etwas erfinden zu müssen. Authentischer geht Marketing nicht."

Gründerinnen erweitern Biografie-Angebot

Das Duo hat bereits einige weitere Biografieprojekte in der Pipeline. Neben der Premium-Dienstleistung planen die Gründerinnen, künftig auch digitale und analoge Produkte anzubieten, um noch mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Lebensgeschichten festzuhalten. "In der Tourismusregion Salzburg steckt unglaublich viel Geschichte, Tradition und Herzblut. Wir hoffen, dass wir bei den großen Salzburger Familienimperien mitmischen können."