Wenn Anna kommt, lächeln die alten Leute. Die Männer haben einen kleinen Scherz auf den Lippen, die Frauen wollen ein paar Takte reden. Seit Anfang Oktober arbeiten im Seniorenheim Großgmain zwei junge Pflegelehrlinge: Anna Vötterl und Paula Fellner sind 18 und verströmen die Leichtigkeit und Energie der Jugend. Wenn sie lachen, öffnet sich das alte Herz.
Pflegelehre für Jugendliche: Frischer Wind in den Seniorenheimen von Salzburg
In den Seniorenheimen Taxham und Großgmain haben die ersten Jugendlichen die Pflegelehre begonnen. Die Zahntechniklehre wird mit einem Bachelorstudium verschränkt.


Anna Vötterl stammt aus Großgmain, spielt Klarinette bei der Blasmusik und ist Sanitäterin beim Roten Kreuz. Sie besuchte die Musikmittelschule, die HAK, machte eine Zeit lang die Ausbildung zur Kindergärtnerin, ehe sie ins Altersheim Großgmain zurückfand. Als Schülerin hat sie hier zwei Praktika absolviert. Der Großvater habe ihr Verhältnis zu alten Menschen geprägt.
Die Arbeit im Heim sei erfüllend. "Diese Menschen sind in ihrem letzten Lebensabschnitt, die haben oft niemanden mehr. Wenn man ihnen eine Freude machen kann, ist das ein gutes Gefühl. Damit geht man nach Hause." Anna Vötterl ist beliebt. Bewohner Franz hat sie zu seiner Geburtstagsfeier eingeladen, auch eine Dame im zweiten Stock fragt immer nach Anna. Was aber, wenn der Tag kommt, wo Bett und Zimmer leer sind, der alte Mensch gegangen ist? Das könnte belastend sein, meint Vötterl.
Im ersten Lehrjahr steht die soziale Betreuung im Mittelpunkt
Der Tod gehe immer nahe, sagt Konstanze Hauft, Leiterin für Wohnen und Soziale Arbeit im Großgmainer Heim des Hilfswerks Salzburg. "Man lernt damit in der Supervision und Weiterbildung umzugehen. Wir machen Gottesdienste für verstorbene Bewohner, wir reden im Team über Erinnerungen, Erlebnisse und Trauer", erklärt die Pädagogin und Gerontologin. Die Jugendlichen sollen langsam und behutsam in den Beruf hineinwachsen können. Sie machen im ersten Lehrjahr keine körperliche Pflege, sondern führen Biografiegespräche, gehen mit gebrechlichen Älteren spazieren, bringen vielleicht eine Empathiepuppe. Die Puppen, die Kleinkindern täuschend ähneln, werden als therapeutische Hilfsmittel bei Demenz und Alzheimer eingesetzt. Sie sollen Gefühle von Geborgenheit und Wohlbefinden vermitteln, Kummer und Unsicherheit lindern.
Die herkömmliche Ausbildung für Pflegeassistenz erfolgt an Schulen und Bildungseinrichtungen und erfordert ein Mindestalter von 17 Jahren. Was für die Arbeiterkammer der Knackpunkt ist. "Die Lehre beginnt mit 15, 16. In dem Alter haben Jugendliche sicher nicht die Reife, um mit schwierigen pflegerischen Situationen zurechtzukommen", sagt Norbert Piberger, Referatsleiter für Gesundheitsberufe und Pflegepolitik der AK Salzburg. Man werde genau schauen, "ob die jungen Leute am Anfang wirklich nur soziale und hauswirtschaftliche Tätigkeiten machen".
Hilfswerk gewinnt junge Pflegekräfte
Hilfswerk-Pflegedirektor Stefan Tautz kennt die Vorbehalte. "Viele sehen das kritisch. Sie sagen, mit 15, 16 ist man zu jung für diesen Beruf. Andere sprechen von einer Deprofessionalisierung. Manche waren regelrecht militant gegen die neue Ausbildung. Wir haben diese Bedenken nicht. Wir sehen aus anderen Bundesländern, dass die jungen Menschen langfristig andocken und den Häusern zur Verfügung stehen. Das ist perfekt." Die Lehre sei "oftmals besser, als Leute im Ausland anzuwerben, die nach drei Jahren eine Dropoutrate von mehr als 50 Prozent haben." Das Hilfswerk hatte für sechs ausgeschriebene Lehrstellen in den Standorten Großgmain, St. Veit, Werfen, Mauterndorf, Uttendorf mehr als 20 Bewerbungen.
Seniorenwohnheim Taxham: Pflegelehrling Giulia Uneg sammelt wertvolle Erfahrungen
Im Seniorenheim Taxham der Stadt Salzburg hat Giulia Uneg als Pflegelehrling begonnen. "Ich muss Essen anrichten, mit den Bewohnern reden, Spiele spielen. Man lernt viel. Die alten Menschen erzählen von früher und geben einem Ratschläge, dass man hilfsbereit und nett sein soll", beschreibt die 16-Jährige ihr Aufgabengebiet. Uneg hat bereits bei der Betreuung eines Onkels mit Behinderung geholfen und besuchte das Ausbildungszentrum St. Josef, eine Fachschule für medizinische Berufe.
"Es gibt am Anfang keine körperliche Grundpflege."
Auch bei der Stadt gebe es im ersten Lehrjahr keine Grundpflege, bei der sensible Intimgrenzen berührt werden, versichert die städtische Pflegefachexpertin Martina Rund. "Es gelten die ganz normalen Vorschriften für Jugendschutz. Die Jugendlichen kommen nicht in Situationen, die sehr herausfordernd sind."
Junge Pflegekräfte bringen frischen Wind
"Giulia bringt einen frischen Wind ins Haus, sie kommt gut an", schildert Hausleiter Helmut Fallwickl. Die junge Generation sei viel motivierter und sozialer, als es heiße. Man müsse nur ein wenig umdenken, meint der zentrale Pflegedienstleiter der Stadt, Benjamin Braunstein.
"Die Stadt will 18 Lehrlinge pro Jahrgang ausbilden."
"Wir hatten immer Schüler als Praktikanten. Die sind 17, jetzt sind sie 15 aufwärts und unsere eigenen Lehrlinge. Wir wollen langfristig in allen sechs Seniorenheimen 18 Lehrlinge pro Jahrgang ausbilden. Die Entlohnung passt, man kann sich ständig weiterentwickeln." Das Lehrlingseinkommen beträgt anfangs 1071 Euro, im dritten Lehrjahr 1607 Euro. Als Pflegeassistent/-in startet man bei der Stadt mit 2852 brutto im Monat, dazu kommen Nacht- und Wochenenddienste. In den städtischen Altersheimen stehen wegen akuten Personalmangels 55 Betten leer, die Warteliste umfasst 300 Personen.
"Digitale Dentale Technologie": Zahntechnikerberuf verändert sich grundlegend
Auch ein weiterer Gesundheitsberuf wird komplett auf neue Füße gestellt. Die Herstellung von Zahnersatz erlebe eine technische Revolution, erklärt Richard Koffu, Bundesinnungsmeister der Zahntechniker. "Der Beruf hat sich völlig transformiert, wir arbeiten heute digital und mit modernsten elektronischen Geräten, das hat mit Handwerk nur noch wenig zu tun", so der Laborinhaber in Kärnten.
Die Branche hat große Nachwuchsprobleme. Die österreichweit 575 Dentallabore finden kaum noch Lehrlinge, beim AMS sind 14 offene Lehrstellen ausgeschrieben. Früher lernten an der Berufsschule in Baden und Wien 150 Lehrlinge pro Jahrgang, heute sind es 70 bis 80. Richard Koffu: "Der ehemals sehr nachgefragte Lehrberuf Zahntechniker weckt heute häufig nur noch das Interesse wenig motivierter Jugendlicher. Mittlerweile geben fast 80 Prozent der Lehrlinge resigniert am Ende der Lehrzeit auf und wechseln den Beruf. Viele Selbstständige haben es aufgegeben, Lehrlinge auszubilden." Die Innung macht aus der Not nun eine Tugend und verschränkt die Lehre mit einem akademischen Berufsweg. Gemeinsam mit der Fachhochschule Villach entwickelt die Standesvertretung das Bachelorstudium "Digitale Dentale Technologie", das einem Meistergrad gleichkommt - an der Donau-Universität Krems und in Villach gibt es bereits Masterstudiengänge für Digitale Dentaltechnik. Der Start soll im Herbstsemester 2026 sein, die Ausbildung erfolgt an der FH Villach sowie an der modern ausgestatteten Akademie für Österreichs Zahntechnik in Baden. Das Bachelorstudium richtet sich an Maturanten und Lehrlinge der Zahntechnik mit zwei Praxisjahren und einer Zugangsprüfung. "Die Berufsaussichten, die Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten sind sehr gut und gehen weit über die traditionelle Zahntechnik hinaus", rät Koffu interessierten jungen Menschen nach wie vor zu diesem Beruf.