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Uni 55 PLUS: Ein Rundum-Ticket für lebenslanges Lernen

Statt Ruhestand ist Lernen angesagt. Hunderte Menschen in und um Salzburg nutzen das Angebot des späten Studierens. Ein Besuch an der "Uni 55 PLUS".

Statt Ruhestand ist Lernen angesagt. Hunderte Menschen in und um Salzburg nutzen das Angebot des späten Studierens. Ein Besuch an der „Uni 55 PLUS“.
Statt Ruhestand ist Lernen angesagt. Hunderte Menschen in und um Salzburg nutzen das Angebot des späten Studierens. Ein Besuch an der „Uni 55 PLUS“.

Die Salzburgerin Gabriele Bacher hatte in diesem Jahr ihren letzten und zugleich ersten Schultag. Nach 35 Jahren als Lehrerin hat sie sich in diesem Sommer in die Pension verabschiedet. Seit Oktober drückt die ehemalige Gymnasiallehrerin aber selbst wieder die Schulbank - oder besser gesagt: die Universitätsbank. Sie ist eine von über 670 Studierenden der "Uni 55 PLUS"

"Uns ist der offene und barrierefreie Zugang extrem wichtig."
Günter Lepperdinger
Uni 55 PLUS

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Spät Studieren bietet neue Chancen

Seit inzwischen zwölf Jahren ermöglicht die Paris Lodron Universität Salzburg Menschen über 55 Jahre das späte Studieren. Und zwar auch ohne Matura. "Uns ist der offene und barrierefreie Zugang extrem wichtig", sagt Günter Lepperdinger. Er ist Professor für medizinische Biologie an der Naturwissenschaftlichen Fakultät in Salzburg und stellvertretender Leiter der "Uni 55 PLUS". Aus über 300 verschiedenen Lehrveranstaltungen - Vorlesungen, Seminare und Exkursionen - können die Teilnehmenden auswählen und sich so ihr individuelles Studium zusammenstellen. "Das macht es so attraktiv. Das ist wie ein persönlicher Blumenstrauß, den du dir binden kannst", sagt Lepperdinger.

"Wir müssen niemandem mehr etwas beweisen – wir müssen keine Scheine bringen."
Gabriele Bacher
Studentin

Gabriele Bacher hat sich für sechs Stunden Italienisch pro Woche und eine Handvoll Geschichtevorlesungen entschieden. Dort sammelt sie Wissen, das sie auch als freiberufliche Fremdenführerin in Salzburg nutzen kann und für das während ihres eigentlichen Studiums am Mozarteum in den 80er-Jahren keine Gelegenheit war: "Damals hätte ich mir gerne links und rechts ein bisschen was angeschaut. Da war aber keine Zeit. Und jetzt haben wir den Luxus, dass wir es uns aussuchen können. Es ist ein Rundum-Ticket." In den ersten beiden Semesterwochen hat Bacher viele verschiedene Vorlesungen besucht und sich dann festgelegt. Prüfungen zum Semesterende sind ein Kann, kein Muss. "Wir müssen niemandem mehr etwas beweisen - wir müssen keine Scheine bringen. Wir nehmen es voll ernst, aber: Wenn irgendwann der Punkt käme, dass wir es nicht mehr schaffen, dann haben wir die Freiheit zu sagen, wir lassen es. Du hast keinen Druck mehr", sagt die 60-Jährige.

Studium fördert generationenübergreifenden Austausch

Das Studium kostet pro Semester 250 Euro. Besonders beliebt sind Fächer wie Philosophie und Geschichte, Theologie oder auch Vorlesungen zu künstlicher Intelligenz oder Ökologie. In den Lehrveranstaltungen sitzen Jung und Alt bunt gemischt - es entsteht ein Austausch über Sichtweisen, Erfahrungen und auch über Generationen hinweg. "Wir sind total integriert. Auch bei den Gruppenarbeiten geht es querbeet - da arbeiten die Jüngeren mit den Älteren zusammen und umgekehrt. In einer Vorlesung hat mich mal eine Kommilitonin um eine Mitschrift gebeten und im Gegenzug hat sie mir dafür das nächste Mal ein Strickmuster mitgebracht", erzählt Bacher.

Ganz allein hat sie den Weg zurück in die Uni trotzdem nicht gemacht - sie hat sich gemeinsam mit ihrer Freundin Brigitte angemeldet. Die beiden kennen sich bereits aus der Schulzeit und sind zeitgleich in Pension gegangen. Jetzt werfen sie sich gemeinsam noch einmal ins Studentinnenleben: "Das nehmen wir natürlich voll mit. Die Kneipenrunde am Abend lassen wir zwar aus, aber am Kaffeeautomaten kommen wir mit den anderen ins Gespräch und wir selbst gehen nach der Vorlesung immer in die Mensa oder noch in der Stadt einen Kaffee trinken."

Uni 55 PLUS begeistert Senioren

Die Neugier, das soziale und gemeinschaftliche Lernen seien Gründe für das große Interesse der "Uni 55 PLUS", sagt der stellvertretende Leiter Günter Lepperdinger. Ebenso der Wunsch nach einer Tages- und Lebensstruktur in der Pension. "Wir haben aber auch einige, die studieren wie Regelstudierende mit Anfang 20 und nehmen am Ende des Semesters zwei, drei, vier Zeugnisse mit nach Hause."

Im Durchschnitt sind die Teilnehmenden 67 Jahre alt; etwa 60 Prozent von ihnen sind Frauen. In den nächsten Jahren will die "Uni 55 PLUS" in Salzburg noch ein bisschen wachsen. Bis zu eintausend aktive Studierende wären möglich, sagt Lepperdinger. Er befindet sich bereits in Gesprächen mit anderen Universitäten, um das Angebot - möglicherweise auch grenzüberschreitend - zu erweitern.