Das ungeschriebene Gesetz lautet: Wer anpackt, darf bleiben. Wer sich besonders einsetzt, bekommt zum Wohnen auch noch das Essen dazugesponsert. Immerhin, Klee will gezupft, das Haus auf Vordermann gebracht und der Pool poliert werden. Das war Claudia Kanz bewusst, als sie auf eigene Kosten in das Flugzeug stieg, das sie im April auf die Ferieninsel Ibiza brachte. Im Gepäck hatte die Salzburgerin nicht nur die Badesachen, sondern auch ihren Laptop und einige Unterlagen. Denn unter der spanischen Sonne wartete Arbeit - und zwar auf zwei ganz unterschiedlichen Ebenen. Doch der Reihe nach.
Urlaub gegen Mithilfe auf der Finca in Ibiza
"Urlaub gegen Hand" heißt die Facebook-Gruppe, die Reisende mit jenen Menschen aus dem deutschsprachigen Raum verbindet, die Unterstützung für ihre Projekte oder bei ihrem Lebensstil (Stichworte: Kinderbetreuung oder Hundesitting) suchen. Weltweit. "Vergangenen Winter habe ich festgestellt, dass meine Tochter nun wirklich alt genug ist und ich nicht mehr rund um die Uhr in Salzburg für sie da sein muss. Ich kann also guten Gewissens verreisen. Als ich Facebook geöffnet und die Ausschreibung dieser wunderbaren Finca auf Ibiza gesehen habe, war klar, dass ich fliege", erinnert sie sich. Jobtechnisch war diese Auszeit für sie ganz einfach in den Arbeitsalltag zu integrieren; die Salzburgerin ist selbstständige Kommunikationsstrategin, Unternehmerin und Eigentümerin der Werbeagentur nikoshimedia. Außerdem ist sie Art-Direktorin, Projektmanagerin und Organisatorin des Stammtischs für künstliche Intelligenz in Salzburg. All diese Tätigkeiten ließen sich in diesem überschaubaren Zeitfenster gut von Ibiza aus bewerkstelligen.
Anpacken mit Aussteigern
Vor dem Antritt des Abenteuers nördlich von Alvissa und damit in der Nähe von San Anton hat ihr die Besitzerin, ihr Name ist Iris, Fotos vom Haus und dem Pool geschickt, dazu Bilder von den vielen versteckten Plätzen auf dem Areal, die es in Schuss zu bringen galt. Wer gemeinsam mit Kanz auf der Insel anpacken würde, war anfangs noch völlig offen. "Schließlich war ich auf 200 Quadratmetern mit zwei deutschen Frauen und einer weiteren Österreicherin zusammen, dazu kam ein junges Paar." Diese beiden arbeiten generell remote, also von überall dort aus, wo der Laptop Platz hat und das WLAN stark ist. Und das war auch der Plan von Claudia Kanz.
Also bezog die Salzburgerin für 18 Tage ihr Zimmer. "Das war der Hammer", berichtet sie und lacht, "denn es war dunkel getäfelt und zeigte ein Relief vom letzten Abendmahl. Zwei Mädchen hängen auf dem Bild an Jesu Wange. Das Bett war ein Original aus dem alten Bauernhof, in der Mitte des Kopfteils war eine Heilige aufgemalt. Das für mich Groteskeste war ein bunter Jesus-Teppich, über den ich jede Nacht gestiegen bin." Sie habe ihre Bleibe kurzerhand als "Mottoraum" gesehen, denn jedes Zimmer der Finca sei anders, doch stets stylish und liebevoll eingerichtet. "Iris, die eigentlich in der Medien- und TV-Branche unterwegs ist, hat das Anwesen vor ein paar Jahren mit Freunden gekauft und hergerichtet. Doch das Community-Denken hat sich als nicht so einfach erwiesen. Iris musste die Finca allein übernehmen, das war eine große finanzielle Belastung. Deshalb hat sie sich für ,Urlaub gegen Hand' entschieden." Kanz erzählt, dass sie und die anderen Mitstreitenden Klee und anderes Unkraut aus der Wiese gezogen und Agaven entfernt haben. "Ich sah an den Händen furchtbar aus, aber wilde Gstätten liegen mir. Ich mag es, wenn ich manchmal nicht perfekt arbeiten muss, sondern erst einmal eine Grundbasis herstellen darf." Diese Aufgabe kannte sie bereits aus einem Kärntner Waldhaus, bei dem sie vor längerer Zeit einmal kräftig angepackt hatte.
Geistiger und körperlicher Einsatz
Wenn das Tagwerk mit jeder Menge Handarbeit rund um die Finca verrichtet war, begann der zweite Abschnitt, der mit ganz anderen Aufgaben gefüllt war. "Ich habe Urlaub und Arbeit kombiniert, also Workation gemacht, weil ich für mein eigenes Business arbeiten wollte", sagt Kanz. Und weil ihr das Denken und Kreativsein in der ersten Tageshälfte besser gelingt, hat sie ihr Programm einfach umgedreht und vormittags für ihre Kundinnen und Kunden in Österreich gearbeitet, danach für Iris und die Finca. "Einmal nicht nur die intellektuellen Arbeiten zu machen mochte ich. Mein Learning: Es ist schon ganz schön anstrengend, den halben Tag geistig und den anderen halben Tag körperlich Einsatz zu zeigen!"