Im Schatten 26 Grad, die Meeresbrise in und den Laptop unter der Nase - Workations sind der Traum vieler. Auf sozialen Netzwerken häufen sich die Bilder derer, die arbeiten und gleichzeitig Urlaub machen.
Ganz nach dem Motto: Wenn Arbeiten im Wohnzimmer möglich ist, warum dann nicht auch vom Strand aus? "Die Pandemie hat uns gezeigt, dass wir das können", davon ist die Salzburgerin Regina Kainz überzeugt. Ihre erste Workation fand 2016 statt, zu einer Zeit, als die meisten noch gar nicht wussten, was das ist.
Arbeiten am Strand - Von Alicante nach Apulien
"Nach einem zweiwöchigen Aufenthalt in Spanien haben mein damaliger Partner und ich beschlossen, mit den Kindern drei Monate in Alicante zu bleiben." Beruflich brauchte die selbstständige Onlinemarketing-Spezialistin lediglich einen guten Internetzugang. Ihre Agentur führte sie gemeinsam mit ihrem damaligen Partner: "Vormittags habe ich gearbeitet und er hat mit den Kindern am Strand gespielt, nachmittags war es umgekehrt. Die Wochenenden gehörten uns als Familie." Nach Alicante folgten fünf ausgedehnte Aufenthalte in Süditalien: "Wir wollten in ein Gebiet mit wenig Erdbebenwahrscheinlichkeit, also fiel die Wahl auf Apulien." An dieser Erfahrung seien alle in der Familie gewachsen: "Meine Kinder haben wenig Angst vor Neuem und sie haben gelernt, dass es keine Sprache braucht, um sich mit anderen zu verständigen."
Workation nur für Selbstständige?
Bei den Grazer Teambuilding-Spezialisten von teamazing gehören Workations zum festen Programm. Mehr als 60 Prozent der Mitarbeitenden arbeiten ohnehin im Homeoffice. Abstimmungen im Arbeitsalltag finden daher sowieso im virtuellen Büro statt. Der Schritt, das physische Büro im grauen November auf eine Insel zu verlegen, war somit nicht mehr weit.
"Der Wunsch kam aus dem Team", erzählt teamazing-Gründer Paul Stanzenberger. "Drei der Kollegen haben während ihrer Arbeitszeit eine Villa auf Fuerteventura organisiert." 15 der 40 Mitarbeitenden wollten für zumindest eine Woche bei der teamazing-Workation in Spanien dabei sein. Der Deal: Die Kosten für Flug und Unterkunft werden aus eigener Tasche bezahlt. Dafür entscheidet jeder frei, wie viel er oder sie in dieser Zeit arbeiten will. Auf sechs bis acht Arbeitsstunden pro Tag kamen sie im Schnitt. Fürs Surfen oder Schwimmen blieb genug Zeit: "Es war fast ein bisschen wie auf Landschulwoche", so Stanzenberger. "Wir haben fast jeden Tag miteinander gekocht und viel gelacht, da lernt man einander ganz anders kennen."
Mehr Nähe und Transparenz
Etwas nervös wurde Stanzenberger, als es um die Ausarbeitung der Budgetpläne ging. Normalerweise würde das hinter verschlossenen Türen passieren, diesmal war die Aufgabe in der Workation-Woche fällig. "In der Villa hat natürlich jeder alles mitgekriegt." Rückblickend war das aber gut: "Viele konnten jetzt nachvollziehen, warum wir gewisse Entscheidungen treffen. Diese Transparenz sollten wir beibehalten." Sogar eine Idee für ein neues Produkt wurde geboren und innerhalb von nur drei Tagen umgesetzt: "Zu Hause hätte das wahrscheinlich zwei Wochen gedauert."
Was er bei der nächsten Workation anders machen würde? "Wir haben vom Pool, vom Stockbett und vom Küchentisch aus gearbeitet. Wenn fünf Personen gleichzeitig in einem Onlinemeeting hängen, kann es schnell zu eng und zu laut werden. Das nächste Mal würden wir als Firma für eine größere Unterkunft mitzahlen."
Workation ist rechtlich einfacher als gedacht
Auch andere Firmen interessieren sich bereits für die Workation-Erfahrungen der Grazer: "Wir hatten schon Anfragen, Workations für 160 Leute in der Türkei zu organisieren, aber eigentlich ist das ja nicht unser Kerngeschäft." Trotzdem gibt Stanzenberger seine Erfahrungen gern an andere Unternehmen weiter. Immerhin hat sein Team auch viel Zeit in die Beantwortung arbeitsrechtlicher Fragen investiert. Überraschend war, dass vieles einfacher ist als gedacht. Grundsätzlich gelte, je kürzer die Workation und je eher das Zielland in der EU liege, desto unproblematischer das Vorhaben. Bei weniger als vier Wochen greife immer noch das österreichische Arbeitsrecht. Bei Arbeitshöchstzeit, Pausenzeit und Mindesterholzeit gelten jedoch die Bestimmungen des Ziellandes. Eine zusätzliche Versicherung im Rahmen einer Auslandsentsendung sei seit 2021 möglich und empfehlenswert. Innerhalb der EU fallen durch das Doppelbesteuerungsabkommen im Zielland erst ab dem 184. Tag Workation zusätzliche Steuern an.
Ein Tipp, den Stanzenberger Unternehmen jedenfalls mitgeben kann: "Nur nicht die Zeit mit Meetings zupflastern. Es ist wichtig, dass es locker bleibt und sich die Leute den Tag selbst gestalten können." Für die Wintermonate hat sich ein Teil der teamazing-Crew zum Arbeiten in die Salzburger Berge verabschiedet. Eine Hütte zwischen Leogang und Hinterglemm ist dort durchgehend besetzt. Leo Höck und Marlene Vukmanic gehen vormittags ihre Skitour und arbeiten danach bis in die Abendstunden. Für einen längeren Aufstieg bleibt auch hin und wieder ein Tag ganz arbeitsfrei, immerhin haben sich die beiden diesen Zeitpolster in den Sommermonaten angespart.