Seit September 2022 steht Miriam Walz (31) als Markenleiterin bei Porsche Austria an der Spitze von Volkswagen Nutzfahrzeuge in Österreich. Im SN-Interview spricht die gebürtige Hannoveranerin über die aktuellen Herausforderungen der Autoindustrie, Frauen in der Technik und warum der VW California für sie persönlich mehr als nur ein Auto ist.
Frau Walz, Sie stammen aus Hannover - der Stadt, in der seit über 60 Jahren der VW Bulli gebaut wird. War da ein Job bei VW Nutzfahrzeuge vorherbestimmt? Miriam Walz: Für mich fühlt es sich eher nach Zickzack an als nach einem linearen Karriereverlauf. Weil ich tatsächlich viele unterschiedliche Dinge gemacht und immer wieder die Bereiche gewechselt habe. Nichtsdestotrotz fühlt es sich gut an, zurück in der Marke zu sein.
Bei einer gemeinsamen Werkführung sind Sie durch großes Fachwissen aufgefallen. Ich habe in der Vergangenheit einige Erfahrungen in der Produktions- und Logistikplanung gesammelt. Gerade in der aktuellen Zeit, in der die Autoindustrie extrem von der Logistik dominiert wird, hilft es natürlich ungemein, die verschiedenen Prozesse im Detail zu verstehen.
Gab es für Sie eine Alternative zur Automobilindustrie? Nein, nicht wirklich. Während des Studiums habe ich den Schwerpunkt auf Produktion und Logistik gelegt. Und was Logistikketten angeht, sticht die Automobilindustrie natürlich heraus. Der Aspekt, dass gewisse Fahrzeugteile um die halbe Welt auf die Minute genau geliefert werden, hat mich fasziniert.
Was führte Sie aus Norddeutschland nach Salzburg? Der Perspektivenwechsel und die Chance, Neues kennenzulernen. Ich war zuletzt in Hannover mit dem Vertrieb in Europa beschäftigt. Jetzt quasi die andere Seite des gleichen Prozesses "an der Front" kennenzulernen finde ich extrem spannend. Und dazu kommt, dass Österreich natürlich ein sehr schönes Land mit einer hohen Lebensqualität ist.
Sie haben zwei sehr unterschiedliche Studien an zwei Universitäten absolviert. Welche Strategie haben Sie damit verfolgt? Das erste Studium war im Bereich Betriebswirtschaft. Bei einem Auslandsaufenthalt in Kanada habe ich mich dann auf den Bereich Logistik und Produktion spezialisiert. In der Folge begann ich bei Volkswagen Nutzfahrzeuge und bekam die Möglichkeit, berufsbegleitend ein Masterstudium zu absolvieren. Damals war bereits absehbar, dass ich in diesem Bereich bleiben würde. Also hat es Sinn gehabt, das Thema aus der technischen Perspektive weiter zu vertiefen.
Fühlen Sie sich als Frau in der Automobilbranche als Exotin oder sind diese Zeiten längst vorbei? Konkret in meinem jetzigen Job bei der Porsche Holding - nein. Hier ist das ausgeglichen. In der Vergangenheit war das aber schon öfters der Fall. Grundsätzlich kommt es immer noch vor, dass man bei Veranstaltungen die einzige Frau ist.
Ist das für Sie persönlich im Alltag ein Thema? Darüber verschwende ich keine Gedanken. Die Zusammenarbeit muss funktionieren, unabhängig davon, ob mit Mann oder Frau. Natürlich, zu Beginn kann es einem schon ein komisches Gefühl geben. Davon sollte man sich allerdings nicht verunsichern lassen, wenn der Beruf Spaß macht.
Als Frau in einem technischen Beruf sind Sie immer noch die Ausnahme. Wie lässt sich das ändern? Anfangs wusste ich gar nicht, dass ich eine Affinität in diese Richtung entwickeln würde. Ich kann mir vorstellen, dass es vielen Frauen ähnlich geht. Zu Beginn hätte ich mir kein technisches Studium zugetraut, habe aber dann innerhalb der Betriebswirtschaft erkannt, dass mir der technische Aspekt liegt. Deshalb finde ich, man sollte unterschiedliche Bereiche ausprobieren, um die eigenen Vorlieben zu erkennen.
Ihr Wechsel an die Spitze von VW Nutzfahrzeuge in Österreich fiel ziemlich genau mit der Markteinführung des elektrischen ID. Buzz zusammen. Sind Sie ein "Electrical Native" oder eher ein Petrolhead? Sowohl als auch. Die Marke deckt viele unterschiedliche Bedürfnisse ab, umso wichtiger ist es, die verschiedenen Aspekte zu kennen. Mir persönlich macht das elektrische Fahren unglaublich viel Spaß. Und jeder, der es einmal ausprobiert hat, wird davon überzeugt sein.
Wie schätzen Sie das Jahr 2023 hinsichtlich der Lieferketten ein? 2023 ist die Lage generell noch sehr schwierig. Allerdings sind wir zuversichtlich, dass die Situation langsam besser wird. Wir haben einen hohen Auftragsbestand, unser Ziel ist es, diesen bis Jahresende abzubauen. Erfreulicherweise gibt es dennoch viele Modelle, bei denen wir sehr kurze Lieferzeiten haben. Ein typischer Handwerksbetrieb bekommt bei uns binnen weniger Monate das passende Fahrzeug. Die Ausnahme bilden Fahrzeuge mit speziellen Umbauten.
Welches Modell aus der Markenhistorie würden Sie sich aussuchen? Obwohl ich einen T5 besitze, würde ich den aktuellen T6.1 California auswählen. Damit kann man nicht nur unglaublich komfortabel reisen, sondern auch Freizeit und Alltag perfekt kombinieren. In einem California fährt das besondere Lebensgefühl mit.