Motivationsschreiben sind eine Herausforderung: Sie verlangen Bewerberinnen und Bewerbern mitunter einiges an Zeit und Kreativität ab. Eine Umfrage der Jobplattform Hokify zeigt außerdem: 50 Prozent der Jobsuchenden trauen ChatGPT und Co. auf diesem Gebiet mehr zu als sich selbst. Und tatsächlich: Professionelle Formulierungen, korrekte Grammatik und Rechtschreibung sowie der passende Aufbau und Inhalt sind für die künstliche Intelligenz kein Problem. 40 Prozent der Befragten ziehen sie daher als Unterstützung für die eigene Bewerbung in Betracht. Besonders KI-affin sind Millennials (63%). Bei den unter 25-Jährigen würden immerhin 45 Prozent zur KI greifen, um ihre Bewerbung zu erstellen, bei Menschen ab 45 ein Drittel.
Künstliche Intelligenz ist noch lange kein Alltagswerkzeug bei Bewerbungen
Tatsächlich genutzt haben sie erst 12,7 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber im Recruitingprozess, zeigt eine Umfrage des Bewerbermanagementsystems Softgarden, etwas mehr Männer (13,7%) als Frauen (10,5%). "Passende Formulierungen sind oft nicht leicht zu finden. Tools wie ChatGPT können dabei helfen, Bewerbungen abwechslungsreicher zu gestalten", so einer der 3811 Befragten der Softgarden-Studie.
Ob Personalverantwortliche KI-generierte Bewerbungen erkennen? "Definitiv", sagt Markus Winkelmeier, der das Personalmanagement beim Raiffeisenverband Salzburg leitet. "Wir merken das insbesondere, wenn es um Positionen für Berufseinsteiger geht. Es fällt auf, dass die jüngere Zielgruppe häufig künstliche Intelligenz für Motivationsschreiben nutzt, und zwar dadurch, dass Begriffe und Formulierungen vorkommen, die diese Zielgruppe typischerweise nicht verwendet. Außerdem ist nicht immer alles korrekt, was im Anschreiben steht." Motivationsschreiben, die ausschließlich von einer künstlichen Intelligenz geschrieben wurden, sagen zudem wenig über die Kandidaten aus: Standardfloskeln und allgemeine Aussagen seien häufig das Ergebnis.
Für Winkelmeier allerdings kein großes Problem, da Motivationsschreiben auch in seinem Unternehmen zunehmend an Relevanz verlieren: "Wir sind angehalten, den Recruitingprozess möglichst einfach zu gestalten. Bewerberinnen und Bewerber sind rar gesät. Sind die Anforderungen zu hoch, suchen sie sich einen anderen, einfacheren Weg", so die Erfahrungen aus dem Geschäftsalltag. Oft reiche der Link zum LinkedIn- oder Xing-Profil. "Wir setzen auf den persönlichen Kontakt", sagt der Personalmanager. "Wenn die Hard Facts für uns stimmen, schauen wir im Bewerbungsgespräch, ob wir zusammenpassen. Ob es wirklich stimmig ist, zeigt sich dann in den ersten Arbeitstagen."
KI sorgt auch beim Recruitingprozess für Durchblick
Nicht nur Jobsuchende nutzen KI zunehmend als Hilfsmittel, auch Unternehmen selbst erleichtert sie mitunter den Recruitingprozess. So hat etwa die Linzer Digitalagentur Webviertler mit Employy einen neuen Ansatz in Sachen Personalsuche entwickelt: Employy will mittels Algorithmus dafür sorgen, dass Jobsuchende und Unternehmen einfacher zusammenfinden. Denn bei mehr als 150 Jobbörsen in Österreich und Jobprofilen, die zwar das Gleiche meinen, aber völlig unterschiedlich betitelt sind, liegt die Trefferrate zwischen Arbeitsuchenden und passenden Jobangeboten im Internet bei lediglich 20 bis 25 Prozent. "Wenn ein Arbeitgeber einen Facility-Manager-Job ausschreibt und ein Arbeitsuchender nach Angeboten für Hausmeister sucht, werden sich die beiden nicht finden. Diese Zusammenhänge erkennt nun künstliche Intelligenz und unterstützt bei der optimalen Formulierung des Jobangebots", erklärt Hannes Gallistl, Geschäftsführer und Ideengeber hinter Employy. "Employy erstellt daraufhin vollautomatisiert das komplette Stelleninserat und entwickelt weitere Jobvarianten, um Sichtbarkeit und Reichweite zu maximieren. So sind beispielsweise gelernte Elektriker, Tischler oder Metallfacharbeiter oftmals für einen Hausmeisterjob bestens geeignet." Diesen Dienst nutzen österreichweit inzwischen mehr als 600 Unternehmen.