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Automarkt am Scheideweg: Pkw-Neuzulassungen 2024 erreichen Höchststand seit 2019 in Österreich trotz CO₂-Sorgen

Im Vorjahr wurden so viele Pkw neu zugelassen wie seit 2019 nicht mehr. Die Drohkulisse hoher CO₂-Strafzahlungen dämpft jedoch die Stimmung in der Branche.

Der VW Golf verdrängte 2024 den Škoda Octavia wieder von Rang eins der Zulassungen.
Der VW Golf verdrängte 2024 den Škoda Octavia wieder von Rang eins der Zulassungen.

Die Automobilbranche befindet sich in einer Phase des tiefgreifenden Wandels. Zu Beginn des Autojahres 2025, das über den Fortbestand der europäischen Kfz-Industrie in der heutigen Form entscheiden könnte, dürfen sich die heimischen Importeure noch einmal über die Erfolge des Vorjahres freuen.

2024 wieder mehr Fahrzeuge in Österreich zugelassen

Denn trotz der allgemeinen Kaufzurückhaltung wurden in Österreich wieder mehr Fahrzeuge neu zum Verkehr zugelassen. So meldet die Statistik Austria exakt 253.789 Pkw, das sind um 6,1 Prozent bzw. 14.639 Einheiten mehr als noch im Jahr davor. Die Pkw-Neuzulassungen erreichen damit den höchsten Stand seit dem Vor-Corona-Jahr 2019. Damals wurden 329.363 Kaufverträge unterschrieben. Nimmt man Lkw und alle anderen Kraftfahrzeuge dazu, so fällt das Zulassungsplus mit 8,2 Prozent auf nun 369.246 Fahrzeuge sogar noch deutlicher aus.

Doch die Zuwächse gelten nicht für alle Segmente. Während Modelle mit Benzin- und Benzin-Hybrid-Antrieb deutlich zulegen, ist der Trend bei Dieselfahrzeugen und reinen Elektroautos rückläufig. Das größte Wachstum entfällt auf teilelektrifizierte Fahrzeuge, die im Jahresvergleich um ein Viertel zulegen und deren Anteil an den Pkw-Gesamtzulassungen mittlerweile bei 26,3 Prozent liegt. Gar ein Drittel aller Neuzulassungen im Jahr 2024 entfällt auf reine Benzinermodelle, das bedeutet einen Anstieg um 8,6 Prozent.

Elektroautos überholen Dieselzulassungen

Beim Dieselantrieb setzte sich 2024 der rückläufige Trend der Vorjahre fort: Ein Minus von 5,2 Prozent reduziert den Anteil der Selbstzünder an den Neuzulassungen auf einen historischen Tiefstwert von 17,4 Prozent. Damit wurden 2024 bereits mehr reine Elektroautos neu zum Verkehr zugelassen als Dieselmodelle. Deren Anteil war mit 17,6 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023 allerdings leicht rückläufig (minus 6,2 Prozent). Insgesamt erreichten alternative Antriebssysteme (reine E-Autos und Hybride) 2024 einen Anteil von 49,5 Prozent.

Die absolute Zahl der zum Verkehr zugelassenen Elektroautos hat in Österreich kürzlich die 200.000er-Marke überschritten. Das ergibt eine aktuelle Erhebung des Verkehrsclub Österreich (VCÖ).

Diesel bleibt auf Gebrauchtwagenmarkt gefragt

Während der Dieselmotor bei den Neufahrzeugen kontinuierlich an Bedeutung verliert, sieht die Lage am Gebrauchtwagenmarkt noch gänzlich anders aus: Die Hälfte aller Gebrauchtwagen (50,9 Prozent), die 2024 den Besitzer wechselten, hat noch einen Dieselmotor verbaut. Die stärksten Zuwächse bei den Gebrauchten gab es allerdings bei den Benzin-Hybriden (plus 54,9 Prozent) und bei den reinen Elektroautos (plus 48,5 Prozent). Deren Gesamtanteil am Markt bleibt aber mit 6,3 bzw. 3,5 Prozent vergleichsweise gering. Insgesamt stieg die Anzahl der gekauften Gebrauchtwagen um 8,3 Prozent auf rund 820.000 Einheiten.

Autoindustrie 2024: VW dominiert Markt

Die wichtigste Marke auf dem heimischen Pkw-Markt war wenig überraschend auch 2024 VW mit einem Anteil von 14,2 Prozent aller Neuzulassungen. Dahinter folgen Škoda (10,1 Prozent), BMW (7,5 Prozent) und Audi (6,0 Prozent). Unter den zehn beliebtesten Pkw-Marken konnte Peugeot mit einem Plus von 64,3 Prozent am stärksten zulegen. Im Ranking der beliebtesten Modelle kehrte der VW Golf an die Spitze zurück (8670 Einheiten, 3,4 Prozent Marktanteil) und verdrängt damit den Škoda Octavia wieder auf den zweiten Platz (7876, 3,1 Prozent). Auf den weiteren Plätzen folgen Tesla Model Y, BMW X1, Seat Ibiza, Dacia Sandero, VW Tiguan, Toyota Yaris, Škoda Fabia sowie Škoda Karoq.

Automobilbranche fordert politische Unterstützung

"Der Marktanteil der reinen E-Autos muss sich 2025 quasi verdoppeln."
Günther Kerle
Sprecher der österreichischen Autoimporteure

Anlässlich der Präsentation der Marktzahlen sprach Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, von einem "entscheidenden Automobiljahr 2025": Der rückläufige Anteil der batterieelektrischen Fahrzeuge bei den Neuzulassungen führt dazu, dass die durchschnittlichen CO₂-Emissio- nen aller neu zugelassenen Pkw im Jahr 2024 im Jahresvergleich auf 106 Gramm pro Kilometer leicht angestiegen sind (2023: 104 g/ km). "Um die europäischen Emissions-Flottenziele für 2025 zu erreichen, muss sich der Marktanteil der reinen Elektrofahrzeuge quasi verdoppeln", so Kerle. Andernfalls drohten Strafzahlungen in Milliardenhöhe, die neben den Herstellern auch die Zulieferindustrie massiv gefährden würden. Auch für den Obmann des Bundesgremiums Fahrzeughandel in der Wirtschaftskammer, Klaus Edelsbrunner, stellt sich die Situation als herausfordernd dar. "Die wirtschaftlichen Herausforderungen wie Teuerung belasten zusätzlich, die Insolvenzen steigen. In dieser angespannten Situation ist die Unterstützung seitens der Politik entscheidend. Nur so kann die Branche gestärkt durch kommende Herausforderungen navigieren", so Edelsbrunner.

Regierung soll E-Mobilität fördern

Der dringende Appell der Branchenvertreter an die nächste Bundesregierung lautet deshalb, die Transformation zur Elektromobilität weiterhin zu fördern. Konkret fordert man, die Vorsteuerabzugsmöglichkeit und den Sachbezug für elektrische Firmenfahrzeuge ebenso wie die Ankaufsförderung für private E-Autos beizubehalten sowie die Ladeinfrastruktur massiv auszubauen.

Der VW Golf verdrängte 2024 den Škoda Octavia wieder von Rang eins der Zulassungen.
Der VW Golf verdrängte 2024 den Škoda Octavia wieder von Rang eins der Zulassungen.

Der drohende Dolchstoß für das Autoland
Die Veröffentlichung der Kfz-Zulassungszahlen hat in diesem Jahr einen schalen Beigeschmack. Zwar reicht es noch einmal für ein Plus, die Importeure können sich über teils ordentliche Zugewinne freuen. Doch über all dem schwebt das Damoklesschwert milliardenschwerer CO₂-Strafzahlungen.

Zur Erinnerung: 2025 treten in der EU die strengeren Grenzwerte für die CO₂-Emissionen in Kraft. Am Ende des Jahres wird abgerechnet. Jedes Gramm, das dann über dem gültigen Flottenschnitt von 94 g/km emittiert wurde, führt unweigerlich zu finanziellen Sanktionen. Diese werden nicht nur die Autohersteller selbst, sondern in weiterer Folge auch die unzähligen Zulieferbetriebe wirtschaftlich schwer treffen.

Bekannt sind die neuen Flottengrenzwerte seit 2012. Dass der drohende Schaden trotzdem kaum mehr abzuwenden sein dürfte, muss der fehlgeleiteten Politik in Brüssel, Berlin und Wien angelastet werden. Wer über Jahre hinweg systematisches Bashing gegen E-Autos betreibt und permanent das Verbrenner-Aus infrage stellt, nur um dann kurz vor zwölf eine Aufweichung der europaweiten Regeln zu fordern, schadet der Autobranche unterm Strich mehr als drohende US-Zölle oder die chinesische Billigkonkurrenz.

Die angekündigte Streichung von Steuerprivilegien für E-Autos durch die kommende FPÖ-ÖVP-Regierung gleicht damit einem Dolchstoß in den Rücken der heimischen Kfz-Branche.