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Der Citroën Oli manifestiert französische Leichtigkeit

Mit der Studie Oli zeigt Citroën, wie E-Autos nachhaltiger werden könnten. Das Unikat ist ein faszinierender Gegenentwurf zum automobilen Wachstumstrend.

Die Idee hinter dem Citroën Oli ist es, die ökologischen und ökonomischen Kosten eines Familienautos konsequent zu reduzieren.
Die Idee hinter dem Citroën Oli ist es, die ökologischen und ökonomischen Kosten eines Familienautos konsequent zu reduzieren.

Auf dem Pariser Autosalon im vergangenen September war der Citroën Oli der heimliche Superstar. Völlig konträr zum aktuellen Trend zu immer größeren, teureren und vor allem schwereren Autos zeichnet die Studie des französischen Traditionsherstellers einen mutigen Gegenentwurf. Aktuell befindet sich das Einzelstück auf Europa-Tournee, vor wenigen Tagen machte der Oli in Wien Station. Die "Salzburger Nachrichten" nutzten die Gelegenheit, das etwas andere Elektroauto unter die Lupe zu nehmen.

Citroën Oli erfüllt Bedürfnis nach attraktiver aber kostengünstiger und ressourcenschonender Mobilität

Dass man bei Citroën keine Scheu vor unkonventionellen Ideen hat, bewies man zuletzt mit dem elektrischen Micro-Car Ami, das es trotz der durchwegs positiven Reaktionen bis dato noch nicht auf den österreichischen Markt geschafft hat. Der deutlich größere Oli sieht sich nun in der Tradition des Winzlings. Quasi als Gegenentwurf zu einem üblichen 2500 Kilogramm schweren "Palast auf Rädern", der mit Bildschirmen und Gadgets gefüllt ist, soll das von den Ingenieuren als "Labor auf Rädern" bezeichnete Fahrzeug das gesellschaftliche Bedürfnis nach kostengünstiger und dennoch attraktiver und möglichst ressourcenschonender Mobilität erfüllen.

Der Grundgedanke dahinter ist leicht nachvollziehbar: Mitte der 1970er-Jahre hatte ein typisches Familienauto ein Gewicht von rund 800 Kilogramm, eine Länge von 3,7 Metern und eine Breite von 1,6 Metern. Heutige Modelle wiegen mehr als 1200 Kilogramm, sind mindestens 4,2 Meter lang und 1,8 Meter breit. Mit dem Oli widersetzen sich die Franzosen zumindest im Rahmen der Studie dem Branchentrend zu immer schwereren, komplexeren und teureren Familienfahrzeugen. Stattdessen stellt man den Status quo infrage und sagt "genug".

Durch den Einsatz neuer, besonders leichter Materialien und vor allem durch das konsequente Weglassen wiegt der Citroën Oli gerade einmal 1000 Kilogramm - und damit deutlich weniger als die meisten vergleichbaren Kompakt-SUV. "

Unkonventionelle Materialien und Methoden machen den Citroën Oli leichter

Es ist ein Teufelskreis: Um mehr elektrische Reichweite zu erzielen, braucht man eine größere Batterie. Mehr Technologie erfordert mehr Leistung, was wiederum eine größere Batterie bedeutet. All das erhöht das Gewicht, die Komplexität und die Kosten. Und je mehr ein Fahrzeug wiegt, desto weniger effizient ist es", erklärt Laurence Hansen, Direktorin des Bereichs Produkt und Strategie bei Citroën.

Im Umkehrschluss benötigt der Oli dank seines geringen Gewichts nur eine vergleichsweise kleine Batterie, um auf eine vollelektrische Reichweite von 400 Kilometern zu kommen. Möglich wurde die Gewichtsreduktion durch den Einsatz unkonventioneller Materialien und Methoden. So bestehen die flache Motorhaube, das Dach und die hintere Ladefläche aus recycelter Wellpappe, die zu einer wabenförmigen Struktur zwischen Glasfaser-Verstärkungsplatten geformt und mit Polyurethanharz beschichtet wurde. Im Vergleich zu konventionellen Stahlkonstruktionen sind die Platten um 50 Prozent leichter, aber dennoch extrem steif, leicht und tragfähig.

Das Markenlogo fungiert als Ladeklappe.
Das Markenlogo fungiert als Ladeklappe.


Wie schon beim Citroën Ami sind die vorderen Türen auf beiden Seiten identisch, allerdings gegengleich angeschlagen. Damit sind sie nicht nur leichter, sondern auch viel einfacher und damit günstiger herzustellen und zu montieren. Der Wegfall der Hälfte der Bauteile sorgt auch hier für eine Gewichtsersparnis von 20 Prozent im Vergleich zu den Türen eines üblichen Familienkombis. Allein durch den Verzicht auf Lautsprecher, Schallschutzmaterial und die elektrische Verkabelung wurden pro Tür etwa 1,7 Kilogramm eingespart.

Ein besonderer Hingucker am Citroën Oli ist auch die extrem steil stehende Windschutzscheibe. "Man könnte argumentieren, dass eine vertikale Scheibe weniger aerodynamisch ist, aber wir erwarten nicht, dass diese Art von Fahrzeugen 200 km/h fährt", so Citroën-Designer Pierre Sabas. Um die Effizienz zu steigern, verfügt das Auto über ein experimentelles "Aero Duct"-System am vorderen Teil der Motorhaube. Der dadurch entstehende Vorhangeffekt reduziert die aerodynamischen Nachteile der senkrechten Scheibe. Im Gegenzug reduziert der kürzeste Abstand zwischen Ober- und Unterseite die notwendige Menge an Glas. Die kleinere, günstigere Glasscheibe wiegt nicht nur weniger, sondern reduziert zudem auch die Sonneneinstrahlung in den Innenraum. Bei Citroën geht man deshalb davon aus, den Strombedarf der Klimaanlage dadurch um bis zu 17 Prozent senken zu können. Auch bei den Rädern geht der Oli unkonventionelle Wege.

Da Aluräder teuer und energieintensiv in der Herstellung und Stahlräder schwer sind, entschieden sich die Entwickler für eine Kombination aus beidem. Die daraus resultierenden 20-Zoll-Hybridräder sparen in Summe weitere sechs Kilo ein und rollen zudem auf besonders nachhaltigen Reifen von Goodyear, deren Laufflächen fast ausschließlich aus pflanzlichen oder recycelten Materialien bestehen.

Maximal anders ist auch der Innenraum des Citroën Oli

Anstelle eines komplexen Armaturenbretts mit mehreren Bildschirmen und versteckten Computern verfügt die Studie über einen einzigen symmetrischen Armaturenträger, der aus gerade einmal 34 anstatt der üblichen rund 75 Teile besteht. Das gesamte Infotainment läuft über das eigene Smartphone, das in der zentralen Steckdose angedockt wird. Gleiches gilt für das Audiosystem. Beide Enden des Armaturenbretts sind hohl, sodass Bluetooth-Lautsprecher angedockt werden können.

Der Innenraum wirkt extrem reduziert.
Der Innenraum wirkt extrem reduziert.


Regelrechte Wunderwerke der Technik und gleichzeitig erstaunlich reduziert sind auch die Sitze. Zu 100 Prozent aus recycelten Materialien und per 3D-Druck hergestellt, kommen die an Bürosessel erinnernden Sitze mit 80 Prozent weniger Einzelteilen aus und wiegen zudem nur einen Bruchteil konventioneller Sitze.