Die Turbulenzen in der Automobilindustrie sind längst auch in Österreich angekommen. Konkret sorgt das Insolvenzverfahren gegen den US-Elektroautohersteller Fisker für grobe Schwierigkeiten beim steirischen Automobilzulieferer Magna Steyr. Anstatt der ursprünglich geplanten 40.000 Fahrzeuge jährlich liefen lediglich 10.142 Einheiten des SUV Ocean in Graz vom Band. Mit der Insolvenz der österreichischen Tochtergesellschaft Fisker Austria im März 2024 kam schließlich der Produktionsstopp. Wie es mit den Forderungen der insgesamt 290 Gläubiger in der Gesamthöhe von etwa 3,8 Milliarden Euro weitergeht, bleibt bis auf Weiteres offen.
Fisker-Kunden bangen um Investition
Doch nicht nur die bisherigen Geschäftspartner von Fisker hängen seither in der Luft. Auch die rund 4700 Kundinnen und Kunden, die bis zu 70.000 Euro für das als "Tesla-Killer" gefeierte Luxus-SUV ausgegeben haben, können nicht sicher sein, ob ihr Neuwagen nicht schon bald nur noch den Wert von zweieinhalb Tonnen Elektroschrott hat.
Der Hintergrund: Wie bei allen modernen Neufahrzeugen hängen auch beim Fisker Ocean so gut wie alle Funktionen von der Auto-Software ab. Gehen jedoch die dazugehörigen Server offline und sind keine regelmäßigen Updates mehr verfügbar, können die Autos binnen kürzester Zeit nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt nutzbar sein.
Autobauer kämpfen mit Herausforderungen
Und das Problem ist potenziell noch viel größer. Denn Fisker ist bei Weitem nicht der einzige Autobauer mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Automobilbranche, über viele Jahrzehnte ein stabiler Wirtschaftsfaktor und Renditenbringer, steht vor massiven Umwälzungen - wobei die Bruchlinie keineswegs nur entlang der Verkehrswende vom Verbrenner hin zum Elektromotor verläuft. Unzählige neue Marken, die meisten davon aus China, fordern die etablierten Player heraus. Praktisch im Wochenrhythmus kommen innovative Start-ups hinzu. Allerdings verschwinden viele von ihnen auch so schnell wieder, wie sie aufgetaucht sind. So musste der chinesische Hersteller Great Wall Motor (GWM) im August seine Europa-Zentrale in München schließen. Die Marke Aiways wiederum wartet ihre Fahrzeuge gar nicht selbst, sondern hat damit von vornherein die Werkstättenkette ATU beauftragt. Und auch bei Ora kommt es aufgrund des äußerst dünnen Händlernetzes zu Kundenbeschwerden. Alle diese Marken sind vorerst nur auf dem deutschen Markt vertreten. Ob der für 2025 avisierte Österreich-Start tatsächlich wie geplant kommt, ist ungewiss.
Je weniger Elektronik, desto einfacher das Service: bestes Beispiel ist Saab
Dass Automarken kommen und gehen, ist an sich kein neues Phänomen. Unzählige Traditionshersteller aus der über 100-jährigen Automobilgeschichte, darunter auch ehemalige Global Player, überlebten nicht. Viele Modelle von damals fahren trotzdem weiter. Je weniger Elektronik für den Betrieb von Motor, Getriebe und Fahrwerk notwendig ist, desto einfacher sind auch Service und Reparaturen. Bestes Beispiel dafür ist Saab. Obwohl die schwedische Traditionsmarke bereits 2011 pleiteging, sind viele Modelle noch heute problemlos auf den Straßen unterwegs.
Autoverleiher American Lease soll Fisker Support übernehmen
Ob man das in 15 Jahren auch von einem Fisker Ocean behaupten kann, ist aus heutiger Sicht fraglich. Für dessen Besitzerinnen und Besitzer gibt es zumindest Hoffnung: So hat das US-Unternehmen American Lease angekündigt, nicht nur die rund 3000 verbliebenen Fahrzeuge zu kaufen, sondern auch den technischen Support der Bestandsflotte zu übernehmen. Demnächst sollen alle Fisker Ocean eine neue Softwareversion bekommen. Doch American Lease ist kein Softwareunternehmen, sondern ein Autoverleiher. Wie man es in Zukunft schaffen möchte, die notwendigen Sicherheitsupdates zu programmieren und zur Verfügung zu stellen, bleibt unbeantwortet.