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Logistikimmobilien müssen nachhaltiger werden

ESG-Kriterien sind für Investoren schon jetzt der Maßstab. Aufholbedarf besteht noch bei der Modernisierung bestehender Immobilien.

Analysten von Cushman & Wakefield zeigen, dass nachhaltige Logistikimmobilien bis zu 30 Prozent höhere Mieten erzielen.
Analysten von Cushman & Wakefield zeigen, dass nachhaltige Logistikimmobilien bis zu 30 Prozent höhere Mieten erzielen.

Umweltfreundliche Logistikimmobilien sind wirtschaftlich attraktiver. Laut Analyse des global tätigen Immobiliendienstleistungsunternehmens Cushman & Wakefield sind Investorinnen und Investoren bei Logistikimmobilien bereit, fast ein Fünftel (19 Prozent) mehr für europäische Lagerhallen mit hohen Nachhaltigkeitsstandards, zum Beispiel Breeam, zu zahlen als für Objekte, die unter dieser Benchmark liegen.

Investoren bevorzugen nachhaltigere Gebäude

C & W analysierte eine Stichprobe von mehr als 1500 Transaktionen bei mehr als 1800 Gebäuden mit einer Fläche ab 10.000 Quadratmetern in den vergangenen fünf Jahren. Der Preisunterschied war sogar noch deutlicher bei Objekten außerhalb der "Super Prime"-Lagen, wo der Mehrwert auf 24 Prozent anstieg. "Auch in Österreich erkennen wir, dass Investorinnen und Investoren in Class-B-Standorten sogar noch mehr Wert auf nachhaltige Referenzen legen, da Nutzerinnen und Nutzer hier großen Fokus auf die Gebäudequalität und die Wettbewerbsfähigkeit legen", erklärt ESG-Experte Michael Csiszar von Cushman & Wakefield CBS Österreich.

Nachhaltigkeit steigert Immobilienwerte erheblich

Im aktuellen Bericht "Sustainable Logistics - Navigating Change in European Logistics Real Estate" untersucht Cushman & Wakefield, wie sich die Nachhaltigkeit auf jeden Aspekt des Sektors auswirkt, von der Gestaltung der Gebäude und den Lieferketten bis hin zur Finanzierung. Die Analyse zeigt auch, dass das aktuelle Mietniveau für gut bewertete Logistikimmobilien in ganz Europa 10 bis 30 Prozent höher ist als bei Objekten mit geringerer Qualität. Handlungsbedarf besteht vor allem bei älteren oder nicht zertifizierten Immobilien. Während sich die zunehmende Bedeutung der Sustainability für Eigentümerinnen hoch zertifizierter Gebäude positiv auswirkt, ist der Handlungsbedarf für Eigentümer älterer Gebäude ohne Zertifizierung groß. "In vielen Fällen ist es jetzt entscheidend, die richtigen Nachhaltigkeitsmaßnahmen für diese Immobilien zu setzen, um das Risiko von Stranded Assets oder empfindlichen Abwertungen zu minimieren", ergänzt Michael Csiszar. Cushman & Wakefield hat ein hypothetisches Portfolio von mehr als 90 ähnlichen Logistikgebäuden mit einer Fläche von 10.000 Quadratmetern in ganz Europa, die einer Modernisierung bedürfen, modelliert und mögliche Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Umweltverträglichkeit durchgeführt. Ergebnis: Jede Investition von 10 Euro pro Quadratmeter in Nachhaltigkeitsverbesserungen reduziert die CO₂-eq-Emissionen um 2,2 kg pro Jahr. Eine durchschnittliche Investition von 113 Euro pro Quadratmeter hat zu Energieeinsparungen von 15 Euro pro Quadratmeter und Jahr geführt, die durchschnittliche Amortisationszeit der Investitionen beträgt 7,5 Jahre.

PV-Anlagen waren laut Analyse die wirksamste Investition zur CO₂-eq-Reduzierung, da sie die Qualität der vom Gebäude verbrauchten Energie verbesserten und gleichzeitig die Kosten für den Bezug von Energie aus nationalen Netzen senkten.

Zukunftsfähigkeit bestimmt auch zunehmend die Immobilienfinanzierung

Zudem wird Nachhaltigkeit immer mehr zur Finanzierungsvoraussetzung. Denn die Erfüllung von ESG-Kriterien wird verstärkt zu einer Grundvoraussetzung für die Freigabe von Immobilienfinanzierungen. Sie spielt zudem eine zentrale Rolle im Rahmen der Projektentwicklung und für Investorinnen im Akquisitionsprozess.

Es gibt bereits einen großen und aktiven Markt für spezifische nachhaltige Finanzierungsprodukte. Durch die Integration von ESG-Kriterien in die Finanzierung wird sichergestellt, dass Immobilien langfristig wirtschaftlich rentabel sind und zur Erreichung der globalen Klimaziele beitragen.

Investorinnen handeln proaktiv nach ESG-Richtlinien

ESG-Vorschriften wirken sich auch auf das Handeln der Investoren aus. Die sich entwickelnden gesetzlichen und kommerziellen Rahmenbedingungen haben die Eigentümerinnen von Logistikimmobilien gezwungen, sich auf die langfristige Nachhaltigkeit der von ihnen erworbenen oder finanzierten Assets zu konzentrieren.

Viele Regulierungsinitiativen sind aber noch nicht in vollem Umfang in Kraft getreten. Dazu gehören die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die EU-Taxonomie und die Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzierungen. Dennoch handeln Investorinnen und Investoren schon danach, da sie davon ausgehen, dass ein Nichthandeln negative Auswirkungen auf den Wert ihres Portfolios oder die Leistung ihrer Fonds haben würde.

Fassaden-Photovoltaikanlage: Außenhülle mit Energiegewinnung

Rhomberg Energie aus Vorarlberg errichtet derzeit eine vertikale, speziell für die Industrie entwickelte Fassaden-Photovoltaikanlage im Ländle. Weitere sind bereits in der Pipeline.
Konkret wird die neue Anlage für die Collini GmbH in Hohenems eine komplette Gebäudeseite der Parkgaragenauffahrt an der neuen Produktionshalle des Oberflächenveredlers abdecken. 1400 Quadratmeter sind das insgesamt, was einer Leistung von etwa 300 kWp entspricht. Damit ist die Anlage die größte ihrer Art in ganz Vorarlberg und sogar Westösterreichs. Die so gewonnene Energie wird Collini direkt vor Ort, für die eigene Produktion, einsetzen.

Zum Einsatz komme bei dem Bauvorhaben "ein bunter Strauß an Rhomberg-Intelligenz", wie es Geschäftsfeldleiter Marco J. Rusch von Rhomberg Energie ausdrückt. So ist bei dem brandschutzgeprüften System eine Brandfrüherkennung in die Unterkonstruktion integriert, die direkt an den Feueralarm im Haus gekoppelt ist. Gemeinsam mit der technischen Überwachung der Anlage mit unterschiedlichen Sensortechnologien werden damit neue Maßstäbe im Brandschutz gesetzt: "Wir mussten beim Thema gebäudeintegrierte Photovoltaik mit unseren Innovationen und Leistungen auch die Versicherungen unseres Kunden überzeugen", berichtet Rusch. Zudem wird jedes Modul der Fassaden-PV laufend einzeln auf seine Leistung und Temperatur überwacht. "Wenn eines ausfallen sollte, laufen alle anderen weiter", erklärt Rusch. "Und gleichzeitig wird eine Benachrichtigung von exakt dem ausgefallenen Modul ausgelöst. Auch einen Brandherd könnten wir mit unserer Technik punktgenau in der Fassade lokalisieren."

Die Anlage wird architektonisch flächenbündig in die Fassade integriert. Die bifazialen Module sind semitransparent hergestellt, sodass die Sonnenenergie aufgefangen und das übrige Licht zwischen den Zellen durchgelassen wird, um die Auffahrt zur Hochgarage aufzuhellen.

PV-Fassaden erhöhen Energieausbeute

Bifazial bedeutet "beidseitig photoelektrisch aktiv", die Module nutzen also nicht nur die Sonneneinstrahlung auf der Oberfläche, sondern auch die, die direkt oder durch Reflexion auf die Unterseite trifft. Rusch: "Im Augenblick sind weitere PV-Fassaden in der Ausführung, eine davon mit einem Industriegewerbespeicher. Wir arbeiten in der Fassadentechnik ausschließlich mit europäischen Herstellern zusammen."