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Nachdenken vor dem Anstecken - Intelligentes E-Auto-Laden

Variable Stromtarife können helfen, die Netzbelastung durch E-Autos zu verringern. Ziel muss es sein, die Ladevorgänge besser über den gesamten Tag zu verteilen.

Stefan Schauer-Burkart plädiert an die heimischen Energieversorger.
Stefan Schauer-Burkart plädiert an die heimischen Energieversorger.

Knapp 150.000 rein elektrisch betriebene Pkw gibt es laut dem Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ) derzeit auf den heimischen Straßen. Und geht es nach den Klimazielen und Ambitionen der EU, sollen es in den kommenden Jahren viel mehr werden. Doch die Frage nach der Stromversorgung für die E-Auto-Flotte der Zukunft spaltet die Gemüter. Auf der einen Seite stehen Technologien, die bereits jetzt ein intelligentes und damit netzschonendes Laden von Elektrofahrzeugen ermöglichen würden. Auf der anderen Seite stellen dynamische Stromtarife - also variable Kosten für Strom nach dem Angebot-Nachfrage-Prinzip - in Österreich derzeit noch die Ausnahme dar. Doch welche konkreten Maßnahmen sind notwendig, um den Ausbau der Elektromobilität einerseits voranzutreiben und andererseits die Netzstabilität zu jeder Zeit gewährleisten zu können?

Kritische Perspektiven zur Zukunft des E-Auto-Ladens in Österreich

"Derzeit gibt es keine gravierende Gefahr einer Überlastung des Stromnetzes. Laut Untersuchungen des Umweltbundesamts könnten jedoch schon 2030 bis zu 1,6 Millionen vollelektrische Autos in Österreich unterwegs sein", meint Stefan Schauer-Burkart, Country Manager für Österreich und Deutschland bei dem dänischen Software-Unternehmen Monta. Dort hat man sich auf intelligente Ladelösungen spezialisiert. Und sieht die Zukunft des E-Auto-Ladens durchaus kritisch. Besonders kritisch könnte es zu den Rushhours werden, wenn ein Großteil der E-Autos abends lädt, wenn die Fahrerinnen und Fahrer zu Hause sind. Denn in diesem Zeitraum ist der Stromverbrauch in Österreichs Haushalten - ebenso wie am Morgen - ohnehin am höchsten. Im Sinne der optimalen Netzauslastung wäre es deshalb sinnvoller, das Auto nicht ausgerechnet in diesem Zeitrahmen zu laden. "Doch das ist vor allem eine Bequemlichkeitsfrage", ist sich Schauer-Burkart sicher. "Derzeit gibt es einfach keinen Anreiz oder Mehrwert, das E-Auto zu Randzeiten wie in der Nacht oder am Vormittag zu laden."

"Die Bereitschaft, netzdienlich zu laden, ist durchaus da."
Stefan-Schauer-Burkart
Country Manager Monta in Österreich

Smart Charging und variable Stromtarife: Der Schlüssel zur Entlastung des Stromnetzes

Was es laut dem Österreich-Verantwortlichen des Software-Unternehmens Monta am notwendigsten braucht, sind Smart Charging und variable Stromtarife. Denn wer um sechs Uhr abends von der Arbeit nach Hause kommt, steckt das E-Auto meist direkt an. Nur selten wird es aber nach wenigen Stunden vollgeladen benötigt. Sondern meist erst am darauffolgenden Morgen. "Hier setzt die Smart-Charging-Technologie an. Dabei wird das Fahrzeug nicht sofort und mit ganzer Power geladen, sondern bis zu einem selbst definierten Zeitpunkt, beispielsweise am nächsten Tag in der Früh", so Schauer-Burkart. Dies wäre die erste und einfachste Maßnahme, um das Stromnetz zur Rushhour zu entlasten.

Intelligentes Laden: Die Zukunft der Elektromobilität durch dynamische Stromtarife

Weitaus smarter wäre es jedoch, die Ladevorgänge nach der aktuellen Stromnetzauslastung auszurichten. Die dafür notwendige technische Grundlage, die "Smart Meter" genannten digitalen Stromzähler, wird in Österreich bereits seit einigen Jahren ausgerollt. Bis Ende des kommenden Jahres sollen 95 Prozent aller Verbraucher über ein intelligentes, digitales Messgerät verfügen. Diese sind Voraussetzung für ein netzdienliches Laden mit dynamischen Preisen. "Mit variablen Stromtarifen sind die Verbraucher motiviert, genau dann zu laden, wenn der Strom gerade am günstigsten ist", so Stefan Schauer-Burkart. "Aber auch dann, wenn die Nachfrage gerade gering ist und das Netz nicht zu überlasten droht." Ein weiterer Schritt, der in einigen europäischen Ländern bereits verfolgt wird, ist jener, dass nicht nur der Strompreis selbst, sondern auch die Netzgebühren variabilisiert werden. Damit kann neben der im gesamten Netz zur Verfügung stehenden Energie auch die Auslastung der Verteilernetze optimiert werden.

Fehlende Dynamik bei Stromtarifen bremst netzdienliches Laden aus

Doch in Österreich gibt es derzeit kaum Anbieter dynamischer Stromtarife. Tagesaktuelle Preisschwankungen am Markt werden an die Endkunden im Normalfall also nicht weitergegeben. Einen konkreten Anreiz beziehungsweise Preisvorteil, das Auto nachts zu laden, gibt es dadurch nicht. Im Gegensatz dazu stehen Skandinavien oder auch England, wo die dynamische Bepreisung und systemdienliches Laden bereits Normalität sind. "Elektroautos sind der ideale Stromspeicher für PV-Energie, wenn gerade viel produziert wird. Weil es sich finanziell nicht immer rentiert, Strom ins Netz zurückzuspeisen, versuchen viele im Sommer, untertags zu laden. Genau diesen Gedanken müssen wir stärken: Laden nach Strombedarf und -verfügbarkeit und nicht, weil man gerade das Auto in der Garage geparkt hat", ist Schauer-Burkart überzeugt. "Die Bereitschaft, netzdienlich zu laden, ist da. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Energieanbieter auch dynamische Preise anbieten."