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Oberleitungs-Lkw im Praxistest

In Deutschland startete vor vier Jahren der erste Elektro-Highway. Nach mehr als 500.000 Kilometern fällt das Fazit des Testbetriebs positiv aus.

Der Lkw-Betrieb mit Oberleitungen hätte einige Vorteile – bringt aber auch Probleme mit sich.
Der Lkw-Betrieb mit Oberleitungen hätte einige Vorteile – bringt aber auch Probleme mit sich.

Im Mai 2019 waren auf der stark befahrenen Strecke zwischen Langen und Weiterstadt auf der A5 in Hessen die ersten Lastwagen unterwegs, die - ähnlich wie die Salzburger Obusse - mit einem Stromabnehmer an einer Oberleitung andocken und so die Energie für den Betrieb des Elektromotors beziehen. Aktuell sind auf der Strecke in beiden Fahrtrichtungen jeweils fünf Kilometer mit Oberleitungen elektrifiziert. In Fahrtrichtung Süden ist derzeit eine Verlängerung um knapp sieben Kilometer in Arbeit.

Oberleitungsinfrastruktur für Lkw ist einsatzreif

Die technische Machbarkeit sowie die Alltagstauglichkeit der betrieblichen Prozesse seien im bisher laufenden, mehrjährigen Pilotbetrieb bestätigt worden, so die zuständige Autobahn GmbH. "Die Oberleitungsinfrastruktur erweist sich im täglichen Betrieb als einsatzreif", so das Urteil der Bundesbehörde, die in Deutschland für den Betrieb des Autobahnnetzes zuständig ist.

Derzeit sind sieben Laster an dem Projekt beteiligt, in diesem Jahr sollen weitere fünf Fahrzeuge auf der A5 fahren. Die Infrastrukturkosten für die erste Versuchsstrecke lagen laut der Autobahn GmbH bei rund 13 Millionen Euro, rund 12 Millionen kommen für den Ausbau hinzu. Ob es eine breitflächige Anwendung von Oberleitungsinfrastruktur in Deutschland geben wird, soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Vergleichbare Projekte gibt es in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.

Hohe Kosten sprechen gegen Ausbau von Oberleitungs-Lkw

Geht es nach der Initiative "Nationale Plattform Zukunft der Mobilität", sollen Pilotprojekte wie diese erst der Anfang sein. Die Behörde empfiehlt in Deutschland sogar Oberleitungen auf rund 4000 Autobahnkilometern bis zum Jahr 2030.

Eine Kooperation des Entwicklungsdienstleisters Continental Engineering Services mit Siemens Mobility soll die Stromabnehmer für die Lkw entwickeln und in Serie produzieren. Sie sollen den Nutzfahrzeugherstellern dann zu niedrigen Kosten angeboten werden, sodass viele Lkw damit ausgestattet werden. Dennoch bleibt fraglich, ob sich die Oberleitungs-Lkw in der Praxis durchsetzen werden. Dagegen sprechen vor allem die verhältnismäßig hohen Bau- und Erhaltungskosten, Fragen der technischen Kompatibilität sowie der Zahlungsmodalitäten. Viele Lkw durchfahren unzählige europäische Länder, in denen entsprechende Konzepte noch keine Rolle spielen.