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Aufwertung des Gebäudebestands: Im Umbau liegt die Zukunft

Der Gebäudesektor verursacht 38 Prozent der CO₂-Emissionen weltweit. Umbauen statt neu bauen spart CO₂ ein und sorgt für ein zeitgemäßes Wohngefühl.

Ein Umbau wie ein Neubau. Die Fassade ist abgesehen von graubraunen Fensterrahmen komplett weiß.
Ein Umbau wie ein Neubau. Die Fassade ist abgesehen von graubraunen Fensterrahmen komplett weiß.
Zeitgemäßes Wohngefühl im Jahrtausendwendebau.
Zeitgemäßes Wohngefühl im Jahrtausendwendebau.
Großformatiges Steinzeug im Bad.
Großformatiges Steinzeug im Bad.
Robert Blaschke (links) mit Immobilienentwickler Martin A. Gachowetz.
Robert Blaschke (links) mit Immobilienentwickler Martin A. Gachowetz.

Der Tätigkeitsschwerpunkt von Immobilienentwickler Martin Gachowetz lag in den vergangenen 15 Jahren vor allem auf Neubauten in der Stadt Salzburg. In Zukunft wird es deutlich mehr Bauen am Bestand sein, ist er überzeugt. "Die grüne Wiese ist in Salzburg nahezu ausgestorben. Die wenigen Grundstücke, die es noch gibt, sind unbezahlbar. Das heißt, man muss immer öfter auf Vorhandenes zurückgreifen, idealerweise auf einen ,jungen' Altbestand."

Der Salzburger Stadtteil Aigen besitzt zwar nach wie vor Grünraum, gilt aber auch als einer der teuersten Wohnbezirke der Landeshauptstadt. In einer der Straßen um die Trapp-Villa erwarb Martin Gachowetz im Vorjahr ein zweistöckiges Mehrparteienhaus mit fünf Wohnungen aus dem Jahr 2004. In der Entstehungszeit des Hauses waren Grundstücke und Wohnraum noch deutlich erschwinglicher als heute. Laut dem Innsbrucker Wohnbau-Finanz-Experten Infina liegt der Wohnimmobilienpreisindex in Österreich heute 2,6 Mal so hoch wie im Jahr 2000. Die Einheiten des Mehrparteienhauses von 2004 haben teilweise noch mehr als 100 Quadratmeter Wohnfläche, zwei Terrassen oder Balkone und bis zu 340 Quadratmeter Gartenanteil. Ein Luxus, den neu gebaute Immobilien kaum noch bieten können.

Was muss an einer nur 20 Jahre alten Liegenschaft "revitalisiert" werden?

Umbauen statt neu bauen ergab hier Sinn, weil der Abbruch, die Entsorgung und der Neubau überdurchschnittlich viele Rohstoffe und Energie verbrauchen. Die äußere Form und die Gebäudeinfrastruktur wurden im Wesentlichen beibehalten. Diesbezüglich hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten nur wenig verändert. Gleichzeitig sind die Ansprüche ans Wohnen heute ganz andere. Klare Strukturen, viel Tageslicht und natürliche Materialien sind ebenso gefragt wie nachhaltige Energieversorgung oder Wohnraumkühlung im Sommer.

"Das Haus drückt jetzt Eleganz aus und ist zeitlos. "
Robert Blaschke
raumbau arch.

Mit der Gestaltung des Objekts in Salzburg-Aigen wurden die Salzburger raumbau architekten beauftragt. Ihnen gelang es, durch behutsame Eingriffe das Raumgefühl in die Gegenwart zu holen. "Wer das Objekt nicht von früher kennt, glaubt, dass hier neu gebaut wurde", sagt Martin Gachowetz. Auch außen hat sich die Optik komplett verändert, obwohl weder an- noch umgebaut wurde. Der Baukörper von 2004 besteht aus ineinander verschachtelten Quadern. Die vor- und zurückspringenden Gebäudeteile wurden damals allerdings farblich voneinander abgesetzt, was an Bauklötze erinnerte und der Optik eine unnötige Schwere verlieh. Im Zuge der Neugestaltung wurde das zurückgenommen. Die Fassade ist nun abgesehen von graubraunen Fensterrahmen komplett weiß, erklärt Robert Blaschke von den raumbau architekten: "In Anlehnung an die einstige Zonierung spielen wir nur ein wenig mit unterschiedlich grobem Putz bei den Gebäudeteilen. Jetzt drückt das Haus eine gewisse Eleganz aus, es passt in die Gegend und ist zeitlos."

Neuer Anstrich für den Twen: 20 Jahre und wie neu

Der erdig-warme Graubraunton der Fensterrahmen setzt sich innen an den früher mittelgrau gestrichenen Geländern im Stiegenhaus fort. Statt der kleinen, blau-grün gesprenkelten Standard-Bodenfliesen gibt es nun hellbeiges, großformatiges Feinsteinzeug, das sich auch in den Nasszonen der Wohnungen fortsetzt. Die Raumstruktur in den Wohnungen ist im Wesentlichen gleich geblieben, nur eine überdimensionierte Einheit wurde in zwei geteilt.

Robert Blaschke: "Bei der ersten Begehung ist uns beiden vor allem der Wohnbereich für heutige Zeiten überdimensioniert erschienen. Dann ging es nur noch darum, wie man das Ganze so teilen kann, dass es baulich auch einen Sinn ergibt."

In allen anderen Wohnungen wurden unnötige Zwischenwände beseitigt, um mehr Licht und Luft ins Innere zu lassen und Durchblicke zu ermöglichen. Fenster wurden versetzt oder auch vergrößert. Zusätzlich sorgt gebürstetes und weiß geöltes Eichenparkett für Helligkeit in den Räumen. Durch diese wenigen gezielten Eingriffe verschwand die einstige Kleinteiligkeit und machte Platz für eine Großzügigkeit, die heute von Wohnungen erwartet wird.

Energieversorgung

Bis auf die bereits beim Bestandsbau vorhandene Außendämmung wurde das Haus energetisch auf den neuesten Stand gebracht: Anstelle der Gasheizung gibt es nun eine Grundwasser-Wärmepumpe, dadurch kann über die Fußbodenheizung im Sommer gleichzeitig kostengünstig gekühlt werden. Martin Gachowetz: "Im Vorjahr hatte ich noch die Zusage für eine Förderung in der Höhe von knapp 50.000 Euro für das Investment von 150.000 Euro. Nach dem Regierungswechsel bekomme ich leider gar nichts mehr. Die Umstellung habe ich aber natürlich trotzdem gemacht." Außerdem wurden alle Fenster von zwei- auf dreiglasig ausgetauscht, so wie es heute Stand der Technik ist. Alle haben Sonnenschutz-Screens, um Hitze und Insekten effektiv abzuhalten. Auf Photovoltaik wurde verzichtet, weil die Dachfläche zu klein und damit der Ertrag für die einzelnen Wohneinheiten zu gering ist, sagt Martin Gachowetz: "Im konkreten Fall wäre das nur ein Pickerl oder Mascherl geworden, das vergleichsweise viel Geld kostet."

Umbauen statt neu bauen?

Können wir uns in absehbarer Zeit auf günstigeren Wohnraum in der Stadt Salzburg einstellen? Der Immobilienentwickler glaubt nicht daran: "Die Grundstücke werden in Salzburg immer noch weniger und damit noch teurer. Auch die Baukosten steigen immer weiter. Wenn jemand sagt, es wird billiger, verkennt er die Art und Weise, wie ein Preis entsteht."

Robert Blaschke hört seit zwanzig Jahren den Ruf der Politiker nach leistbarem Wohnen: "Dabei war es vor zwanzig Jahren tatsächlich noch leistbar. Ein entscheidender Punkt, der das Wohnen teuer macht, wird aber von keinem Politiker angegriffen: Wir müssen die Überreglementierung beim Bauen beseitigen. Wenn wir das nicht hinkriegen, wird es in naher Zukunft Immobilienpreise geben, die sich tatsächlich niemand mehr leisten wird können."