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Barrierefrei umbauen: Wohnen ohne Hürden

Für körperlich eingeschränkte Menschen kann die eigene Wohnung mitunter auch zum Hindernisparcours werden. Ein Umbau erleichtert das Leben vieler Betroffener oft deutlich.

Das Konzept des „Anpassbaren Wohnbaus“ sieht vor, dass Wohngebäude so geplant und gebaut werden, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt leicht barrierefrei adaptiert werden können.
Das Konzept des „Anpassbaren Wohnbaus“ sieht vor, dass Wohngebäude so geplant und gebaut werden, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt leicht barrierefrei adaptiert werden können.

Eine ausreichend breite Wohnungstür, keine Niveauunterschiede und genug Platz, um mit einem Rollstuhl zu navigieren - längst nicht alle Wohnungen sind barrierefrei ausgestaltet. Unter welchen Bedingungen ältere Wohnungen baulich nachgerüstet werden können und welche Hürden dabei bestehen, erläutert Dipl.-Ing. Andreas Philipp, Leiter des Bau- und Feuerpolizeiamtes in der Stadt Salzburg, im Interview mit den "Salzburger Nachrichten".

Herr Philipp, für alle diejenigen, die ein Haus oder ihre Wohnung barrierefrei umbauen möchten, bietet die Stadt Salzburg ein kostenloses Beratungsservice an. Welche Informationen geben Sie weiter? Andreas Philipp: Unsere Bautechniker und Bautechnikerinnen in der Stadt Salzburg beantworten - telefonisch und auch per E-Mail - Anfragen rund um sogenannte Kleinbauvorhaben. Unsere Beratung bezieht sich also nicht auf allgemeine Fragen, sondern ausschließlich auf baurechtliche und bautechnische Aspekte. Häufig geht es bei den Anfragen um die Errichtung von Aufstiegshilfen in kleinen und mittleren Wohnbauten, aber auch um Veränderungen in den Wohn- und Sanitärräumen, die wichtige Erleichterungen für ältere oder beeinträchtigte Menschen bringen können. Ein Aspekt unserer Beratung beinhaltet auch, darüber aufzuklären, welche Maßnahmen bewilligungspflichtig sind und welche nicht.

Man kennt diese Situationen vom Hörensagen oder auch persönlich: Die Wohnsituation älterer Angehöriger spitzt sich zu, es fällt ihnen täglich schwerer, ihren Alltag zu bewältigen. An welche Stellen können sich Betroffene oder Angehörige wenden? Behindertenbeauftragte, aber natürlich auch Architekten oder Baumeister sind gute erste Anlaufstellen, um grundsätzlich zu erfragen, welche baulichen Möglichkeiten in so einem Fall bestehen. Ein häufig auftretendes Problem ist, dass beeinträchtigte Menschen ihre Wohnungen in den oberen Stockwerken nicht mehr erreichen, weil die Gebäude über keinen Aufzug verfügen.

Wenn Art und Umfang der baulichen Maßnahmen geklärt sind, wie geht es weiter? Der nächste Schritt besteht in einem Einreichungs- bzw. einem Mitteilungsverfahren. Hier gibt es vonseiten der Behörden mittlerweile einige Erleichterungen. Neu im Salzburger Baurecht ist zum Beispiel, dass bei der Errichtung von Treppenschrägaufzügen nur noch eine Mitteilung erforderlich ist. Diese wird geprüft und ist - vorausgesetzt, die Behörde reagiert nicht - auch als genehmigt zu betrachten. Allerdings kann so eine Maßnahme auch verwehrt werden, wenn etwa die verbleibende Durchgangsbreite im Stiegenhaus zu gering ist. Wichtig ist natürlich, den zivilrechtlichen Aspekt hier nicht außer Acht zu lassen: Wenn es sich um ein Objekt im Wohnungseigentum handelt und es zwanzig Miteigentümer gibt, muss die Mehrheit sich für einen Aufzug aussprechen. Fehlt das Einverständnis der anderen Bewohner, nützt auch die baurechtliche Bewilligung nichts.

Es hat sich also, was die Barrierefreiheit betrifft, in den letzten Jahren einiges getan? Mit dem Jahr 2016 hat sich das Baurecht für Neubauten radikal verändert. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Richtlinien des Österreichischen Instituts für Bautechnik in die Salzburger Bautechnikverordnung übernommen. Darin werden nun auch insbesondere die Nutzungssicherheit und die Barrierefreiheit neu geregelt. Das heißt, es wird seither ein starkes Augenmerk darauf gelegt, dass Neubauten barrierefrei sind oder mit geringem Aufwand, sprich: mit wenigen Maßnahmen, barrierefrei umgebaut werden können. Man bezeichnet das als "Anpassbaren Wohnbau". Der Vorteil: Hilfreiche Maßnahmen können relativ unkompliziert und rasch durchgeführt werden und sind auch bewilligungsfrei. Das ist ein großer Fortschritt in diesem Bereich.

Wo liegen die Schwachstellen älterer Wohngebäude? Da gibt es natürlich einiges. Vor allem Gebäude aus den 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts haben oft ein sehr enges Stiegenhaus, das nicht einmal 1,20 Meter breit ist. Das erschwert (bzw. verunmöglicht oft) auch die Nachrüstung mit einem Aufzug. Ist in diesen Gebäuden ein Aufzug vorhanden, kann es auch sein, dass dieser mit einem Rollstuhl überhaupt nicht befahrbar ist. Ein anderes Kapitel sind die Bäder, die mit einer sehr kleinen Grundfläche errichtet wurden. Erst ab 2016 wurden Bäder mit einer verpflichtenden Mindestgröße von fünf Quadratmetern umgesetzt. Ein Problem bilden auch die schmalen Türen und Aufschließungsgänge, die nicht rollstuhltauglich sind - der Wenderadius eines Rollstuhls beträgt 1,50 Meter. Darauf hat man früher nicht viel Rücksicht genommen. Barrierefrei zu bauen schließt heute viele Details mit ein, darunter etwa auch einen seitlichen Türanfahrbereich von mindestens 50 Zentimetern neben dem Türgriff, der gewährleistet, dass die Tür auch problemlos geöffnet werden kann.

Bei vielen Wohnungen älteren Datums handelt es sich ja auch um Mietwohnungen. Ist es da überhaupt möglich, an der Substanz etwas zu verändern? Das hängt vom Vermieter ab, wenn eine Übereinkunft gefunden werden kann, geht das natürlich. Oft ist aber eine Barrierefreiheit auch technisch schwer machbar. Im Falle einer gemeinnützigen Wohnung besteht zudem noch die Option eines Wohnungswechsels. Wenn es sich um einen privaten Eigentümer handelt, wird es komplizierter. Und ganz grundsätzlich ist das Baurecht statisch, es kennt keine Nachrüstungsverpflichtung. Die Bewilligung für eine bauliche Maßnahme kann zwar auch ein Mieter erwirken, aber auch hier gilt wieder: Eine baurechtliche Bewilligung heißt noch lange nicht, dass man das Projekt auch tatsächlich umsetzen darf.

Vorausschauend zu bauen kann also als das A und O angesehen werden? Ganz sicher! Wir sind in der Stadt Salzburg auch auf einem sehr strengen Kurs. Wir vertreten die Ansicht, dass im Akutfall lediglich Möblierungsänderungen erforderlich sein sollten und keine baulichen Maßnahmen mehr. Aus genau diesem Grund verlangen wir in der Stadt eine Grundgröße von fünf Quadratmetern bei den Bädern und drängen auch darauf, dass im Bad ein zusätzlicher Anschluss für ein WC vorgesehen wird. So kann das WC unter Umständen schnell umgehängt werden. Auch die Anfahrbereiche der Türen müssen so konzipiert sein, dass sie problemlos mit einem Rollstuhl angefahren und geöffnet werden können. Müsste eine Tür versetzt werden, wäre das ungleich aufwendiger und teurer.

Seit 2016 ist da ein großer Schritt nach vorne gelungen, der leider oft auf Widerstand gestoßen ist, sich aber längerfristig gesehen sicher bezahlt macht. Das wichtigste Ziel ist für uns, dass Menschen so lange, wie es eben möglich ist, in der eigenen Wohnung bleiben können und nicht aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen werden.