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Büroflächenoptimierung und moderne Arbeitskonzepte: "Betriebssystem Büro" im Umbruch

Büroflächen sind nie zu mehr als 80 Prozent ausgelastet. Am Mittwoch sind die meisten Beschäftigten im Büro, am Freitag die wenigsten.

Büros brauchen künftig eine neue Ausrichtung.
Büros brauchen künftig eine neue Ausrichtung.

Die Büro- und Arbeitswelt steht vor tiefgreifenden Veränderungen, das verlangt nach neuen Lösungsansätzen. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle "Office Report 2024" von Teamgnesda, einem Berater für Bürokonzepte in Österreich und Süddeutschland. Die Studie untersuchte Unternehmen mit insgesamt mehr als 3,1 Millionen Quadratmetern Büroflächen und zusammen 125.600 Beschäftigten in Deutschland und Österreich. Der in Zusammenarbeit mit dem Umfragepartner "Pro Quadratmeter" aus Düsseldorf erstellte Report beleuchtet aktuelle Trends in der Büro- und Arbeitswelt.

Untersucht wurden das "Betriebssystem Büro" im Sinne der Interaktion zwischen den Menschen sowie das Zusammenspiel mit Technologie und Arbeitsräumen mit dem Ziel der Maximierung von Effizienz und Produktivität bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung. Dazu gehören Elemente wie generationsübergreifendes Arbeiten und die Schaffung funktionierender Communitys im Büro sowie die entsprechende Optimierung von Büroflächen.

Überraschend: Unternehmen steigern Flächenverbrauch pro Beschäftigend

Der Report zeigt, dass Unternehmen vor der Herausforderung stehen, Flächen effizient zu nutzen und die damit verbundenen Kosten zu reduzieren. "Überraschenderweise ist trotz der aktuell wirtschaftlich schwierigen Zeit in Österreich ein Anstieg des Flächenverbrauchs pro Beschäftigtem feststellbar: Diese Fläche stieg von 18,3 Quadratmetern auf 19,7 Quadratmeter", betont Oliver Bertram, CEO von Teamgnesda. Dies widerspreche den wirtschaftlichen und ökologischen Zielsetzungen der Unternehmen. Österreichische Firmen benötigen im Durchschnitt sogar um 23 Prozent mehr Fläche pro Arbeitskraft als deutsche Unternehmen. Zudem sehen 77 Prozent der befragten Unternehmen Potenzial zur Flächenoptimierung. "Innovative und flexible Lösungsansätze sind unerlässlich, um langfristig Kosteneinsparungen zu steigern. KI und Deep Learning können dabei helfen, komplexe Probleme optimiert zu bewältigen", erklärt Bertram.

"Ein Großteil der Büroflächen wird viel weniger genutzt."
Oliver Bertram
CEO

Insgesamt sind Büroflächen - auch bei Sharingmodellen - nie zu mehr als 80 Prozent ausgelastet, was ein ungenutztes Potenzial darstellt. "Ein Großteil der Büroflächen wird viel weniger als früher genutzt, die Anzahl der Schreibtische wird drastisch reduziert, teilweise auf nur 20 bis 30 Prozent der ursprünglichen Plätze", erklärt der Experte. Dies bedeute jedoch nicht, dass sich der Büroflächenbedarf linear reduziere. Bertram: "Flexible Umgebungen geben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit, individuell nach Bedarf verschiedene, besser geeignete Arbeitsumgebungen zu nutzen, die auf weniger Fläche höhere Qualität und Funktionalität bieten." Praxisbeispiele zeigten, dass sich Anpassungsmaßnahmen bereits innerhalb weniger Jahre rentieren und massive Einsparungen von Energie- und Betriebskosten bringen.

Geteilte Arbeitsplätze fördern Akzeptanz

"Eine gut durchdachte Arbeitsumgebung ist nicht nur ein Magnet für talentierte Arbeitskräfte, Kreativität und Zusammenarbeit, sondern auch eine Visitenkarte des Unternehmens. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die auf geteilte Arbeitsplätze setzen, erzielen eine größere Akzeptanz. Die Rutsche und das Bällebad haben ausgedient. Jetzt zählen funktionale und gut gestaltete soziale Räume", ergänzt Andreas Gnesda, Gründer von Teamgnesda.

"Die Präsenzzahlen spiegeln die Homeoffice- Gewohnheiten wider."
Andreas Gnesda
Gründer

Im "Office Report" wurde erstmals die Belegung an verschiedenen Wochentagen untersucht: Die maximale Belegung der Arbeitsplätze liegt bei 75 Prozent. Der Mittwoch ist bei 47 Prozent der Unternehmen der präsenzstärkste Tag, der Dienstag ist mit 43 Prozent der zweitstärkste. Der Freitag ist bei 95 Prozent der Unternehmen der präsenzschwächste Tag der Arbeitswoche. "Insgesamt spiegeln die Präsenzzahlen die Homeoffice-Gewohnheiten deutlich wider und zeigen, dass es hier noch viel Potenzial gibt", erklärt Gnesda. "Notwendig ist ein skalierbares Betriebssystem, das Flexibilität erlaubt und mit einer Sharing-Ratio, Home-Bases, durchdachter HO-Policy mehr oder weniger Mitarbeitende an einem Standort erlaubt."

Raumbuchungstools verbessern Arbeitsplatzverteilung

Raumbuchungstools helfen dabei, ungenutztes Potenzial umfassend und effizient zu nutzen. Bereits 66 Prozent der Unternehmen arbeiten mit einem System, bei dem sich über die Hälfte der Beschäftigten Arbeitsplätze im Sharingmodell teilen. "Aktuell dominiert das starre und oft frustrierende First-come-first-serve-Prinzip bei der Vergabe von Arbeitsplätzen. Die Zukunft liegt jedoch in intelligenten (KI-)Reservierungstools", weiß CEO Bertram. Das Tool Deskpilot beispielsweise nutzt KI-gestützt umfangreiche Gebäudedaten, Teamstrukturen und persönliche Präferenzen, um eine optimale Verteilung der Angestellten für den jeweiligen Arbeitstag zu erstellen. Es ermöglicht eine flexible Steuerung der Gebäudebelegung, sodass nur tatsächlich benötigte Räume gebucht werden.

New Work steigert Unternehmensleistung

Untersucht wurden auch die Auswirkungen von New Work auf Organisationen. Evident ist, dass der Einsatz von New-Work-Praktiken wesentlich zur Steigerung der Leistungsfähigkeit beiträgt. Unternehmen, die moderne Arbeitskonzepte umfassend integrieren, sind weitaus flexibler, agiler und produktiver. Auch funktioniert in diesen Unternehmen die kulturelle und generationsübergreifende Zusammenarbeit besser. Unternehmen mit einem geringen New-Work-Grad benötigen zudem um 44 Prozent mehr Bürofläche.

Home- beziehungsweise Remote-Office ist nicht mehr Privileg, sondern die Norm geworden und wird fast vollständig umgesetzt. Nur 0,06 Prozent der befragten Belegschaft haben keine Möglichkeit dazu. Arbeiten von überall und Konzepte wie Workation (Arbeit am Urlaubsort) prägen die New-Work-Modelle. Bertram: "Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass Unternehmen, die flexibel und individuell zugeschnittene Lösungen anbieten, eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit erreichen."

Büros bieten soziale Interaktion

Laut "Office Report" sind der informelle Austausch mit Kollegen und Vorgesetzten sowie eine ansprechende, professionelle Arbeitsumgebung wesentliche Anreize, um im Büro zu arbeiten. "Trotz der Flexibilität der Remote-Arbeit gibt es viele Gründe, warum Menschen wieder ins Büro zurückkehren möchten. Das Büro war lang ein Ort der sozialen Interaktion. Danach sehnen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch heute."

Österreich kämpft mit Erwerbstätigenquote

Während die Erwerbstätigenquote älterer Arbeitskräfte in Schweden bei 77 Prozent und in Dänemark und Deutschland bei 72 Prozent liegt, sind in Österreich nur 56 Prozent der 55- bis 64-Jährigen berufstätig. Dies stellt Österreich vor große Herausforderungen, gerade angesichts der steigenden Lebenserwartung. Denn die Österreicherinnen und Österreicher verbringen knapp ein Drittel ihres Erwachsenenalters im Ruhestand.

89 Prozent der Erwerbstätigen glauben, dass neue Arbeitswelten die generationsübergreifende Zusammenarbeit fördern können. Gnesda: "Die effektive Zusammenarbeit verschiedener Generationen am Arbeitsplatz wird zunehmend wichtiger. Junge können erheblich von den Erfahrungen Älterer profitieren. Kultureller Zusammenhalt und Teilzeitmodelle können Anreize schaffen, um ältere Generationen länger in der Erwerbstätigkeit zu halten." 70 Prozent der befragten Unternehmen sehen eine attraktive Arbeitswelt als wichtigen Faktor, damit Beschäftigte länger arbeiten.