Weil das Betriebsgelände zwischen der Torrener Ache und einer abschüssigen Wiese eingeengt ist und nicht in die Fläche wachsen kann, musste man auf dem bestehenden Areal eine Lösung suchen. Die Wahl fiel auf das alte, nicht mehr erweiterbare Wirtschaftsgebäude aus der Zeit der Großeltern. Auf dessen Grundriss entstand ein fast würfelförmiger Siloquader, der in Summe 34 Silozellen oder 400 Tonnen Mehle und Grieß aufnehmen kann. Im Untergeschoß sind die lauten Kompressoren und Gebläse untergebracht, im Erdgeschoß die Produktion und die Abfüllungsanlagen für Direktabholer-Lkw, Big Bags und Haushaltsgebinde. Beschickt wird die Siloanlage über ein unterirdisches Rohrsystem von der Mühle, die auf der gegenüberliegenden Seite des Betriebsgeländes unmittelbar am Wehr der Ache steht.
Wooden Corn Box: neuer Siloturm aus natürlichen Materialien fügt sich in die Landschaft ein
Bei den erdberührten Bauteilen des Siloturms ist Stahlbeton das tragende Element. Diese Bauteile wurden betonkernaktiviert und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung wurde eingebaut. Die vier weiteren Geschoße mit den Getreidesilos trägt aus statischen Gründen ein Stahlgerüst, Außenwände und Dach sind eine reine Massivholzkonstruktion.
Die Eigentümer wollten von Anfang an keine schmucklose Industriehalle. Der Baukörper sollte sich trotz seiner 22 Meter Höhe gut in den ländlichen und nur spärlich bebauten Raum zwischen Golling und dem Eingang ins naturgeschützte Bluntautal einfügen. Gerhard Wieser: "Wir sind hier nicht in einem Industriegebiet und wir erzeugen außerdem regionale, biologische Naturprodukte. Deshalb wollten wir etwas hinstellen, was sich gut in die Landschaft einfügt, und natürliche Materialien wie Holz verwenden."
Ein Silo als Kunstform: Fassade beeindruckt künstlerisch
Die Fassade des Siloturms folgt keinem bestehenden Muster, sondern "wuchs" in einem rund zwei Jahre dauernden Dialog zwischen Auftraggebern und Architekt. Das Ziel war es, dem Baukörper die Massivität zu nehmen und statt einer einfachen, kubisch-glatten Form eine facettierte Fassade zu schaffen, erzählt Architekt Michael Schörghofer: "Bis zu acht Meter hohe Massivholzplatten wurden um sieben Grad nach innen oder außen geknickt und versetzt angeordnet." Dadurch entsteht eine Optik ähnlich wie bei einem von oben eingedrückten Papierwürfel, der aus den Fugen gerät.
Die wasserführende Schicht bilden aufgesetzte, vorgegraute Tannenholzplatten, die schindelartig geschnitten wurden, als Reminiszenz an die "Troadkästen", in denen früher Getreide gelagert wurde. Die an der Traufe unterschiedlich hohen Massivholzelemente sollen das Bild von Ähren vermitteln. Gefertigt wurden sie im Lienbacher Holzbauwerk in Kuchl mit Holz aus der Region. Die Konstruktion erzielte 2021 den zweiten Platz beim Salzburger Handwerkspreis.
Zwischen den Holzelementen und an den Gebäudekanten durchbrechen Lichtschlitze mit geknickten Glasflächen die Holzfassade, sorgen für Reflexionen und Transparenz. Für den Architekten symbolisiert die Kombination aus Glas und Holz aber auch das einst für Mühlen unentbehrliche Wasser, das über ein Mühlrad läuft. Das kartenhausartige Spiel mit Schrägen und Durchbrüchen, Höhen und Tiefen, Licht und Schatten macht die Fassade lebendig und verleiht ihr Leichtigkeit.
Warum hat Architektur bei Zweckbauten eine Berechtigung?
Michael Schörghofer: "Bei uns wuchsen viele Gewerbebetriebe aus ländlichen Strukturen in unmittelbarer Nähe zu Wohngebieten heraus. Da geht es oft um einen neuen Blickwinkel, um Alternativen und dass man etwas Neues findet anstelle der immer gleichen Standards. Die Architektur kann dafür Lösungen aufzeigen, die auch nicht immer teuer sein müssen."
Am rauschenden Bach
Ein Mühlrad gibt es bei der Lerchenmühle heute nicht mehr, obwohl sie bis 2010 teilweise noch mit Riemenantrieb lief. Doch das Wasser der Torrener Ache wird weiterhin genutzt, um die Mühle anzutreiben. Zwei Kleinkraftwerke liefern rund 400.000 Kilowatt Strom. Die südwestlich ausgerichteten Teile des Siloturms sind ebenso wie das Dach der Lagerhalle großflächig mit Photovoltaikpaneelen bestückt. Diese können 100.000 Kilowatt Strom erzeugen und tragen dazu bei, dass die Lerchenmühle rund die Hälfte des benötigten Betriebsstroms selbst aufbringen kann.
Die Absatzmärkte für die Lerchenmühle sind Österreich und Deutschland, erzählt Gerhard Wieser: "Das Korn für unsere vielen Produkte stammt ausschließlich aus Österreich. Auch Salzburger Dinkel, Lungauer Tauernroggen und Laufener Landweizen werden bei uns verarbeitet." Im Mühlenladen am Betriebsgelände der Lerchenmühle bekommt man alle Spezialsorten, die in Supermärkten nicht erhältlich sind. Seit dem Jahr 2000 wird beständig investiert. Das Kraftwerk wurde automatisiert, Produktions- und Verladehallen gebaut und neue Mahlwerke eingesetzt. Zuletzt entstand der neue Siloturm, eine Erweiterung der Lagerhalle ist angedacht.
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