Entwürfe von legendären Architekten prägen seit Jahrzehnten die Produktpalette der Möbelmanufaktur Wittmann. Dort lässt man sich auch heute von den damaligen Entwürfen für neue Produktlinien inspirieren.
BILD: SN/WITTMANN
Nach Johannes Spalt: charakteristische Modellreihe Constanze.
Gerade im Möbeldesign geht es oft nicht darum, bloß den aktuellen Zeitgeist rasch einzufangen, sondern zeitlose Klassiker zu entwerfen, ohne es an Innovation und Design fehlen zu lassen. Viele bekannte Künstler und Architekten haben hier ein breites Betätigungsfeld gefunden.
Einer der Partner dieser Persönlichkeiten war und ist die Manufaktur Wittmann. Sie besinnt sich dieser früheren Entwürfe und hat darauf basierend neue Modelle entwickelt. Unter dem Titel "Heritage" beweist das im Waldviertel angesiedelte Unternehmen, dass man aus Tradition Innovation kreieren kann. "Die Schaffenskraft nationaler und internationaler Gestalter, Architekten und Vordenker hat Wittmann stets zu höchsten Leistungen beflügelt, die Handwerkskunst der Manufaktur hat Kreative und Designer stets inspiriert", heißt es dazu seitens des Unternehmens: "Dass die heutigen Designpartner von Wittmann vielfach mit großem Respekt auf das Werk von Josef Hoffmann, Johannes Spalt, Friedrich Kiesler und Paolo Piva Bezug nehmen, beweist, wie sehr deren Handschrift nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Designgeschichte geprägt hat."
Josef Hoffmann
BILD: SN/WITTMANN
Nach Josef Hoffmann: Sitzmaschine.
Der Architekt und Designer Josef Hoffmann (1870-1956) studierte Architektur an der Akademie der bildenden Künste bei Carl von Hasenauer und Otto Wagner. 1899 wurde er mit gerade 29 Jahren Professor an der heutigen Universität für angewandte Kunst in Wien. Gemeinsam mit Kolo Moser gründete er 1903 die Wiener Werkstätte. Sein erster wesentlicher Bau, das Sanatorium Purkersdorf bei Wien (1904), setzte radikale neue Maßstäbe für Architektur und Interieurs. Das ausschlaggebende Werk für seine internationale Anerkennung war das Palais Stoclet in Brüssel (1905 bis 1911), mit dem ihm die Umsetzung des angestrebten Gesamtkunstwerks gelang, die Versöhnung von Kunst und Leben, die Ästhetisierung aller Aspekte des Designs.
Josef Hoffmanns Formensprache ist hauptsächlich geprägt von einer strengen Geometrie, der Suche nach Einfachheit und Schlichtheit und der Reduktion auf Schwarz und Weiß. Er überwand den Gegensatz von Tradition und Moderne und schuf Arbeiten, die heute noch Gültigkeit haben. "Die von ihm erreichte Zeitlosigkeit sowie sein Qualitätsanspruch sind Herausforderung und prägendes Leitbild für Wittmann."
Johannes Spalt
Der Architekt Johannes Spalt (1920-2010) zählt zu den markantesten Persönlichkeiten der Architekturszene der Nachkriegszeit des zwanzigsten Jahrhunderts und hat diese wegweisend geprägt. Spalt studierte ab 1949 Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Neben seiner eigenen kreativen Tätigkeit beeinflusste Spalt Generationen von Architekten und Designern. Johannes Spalt war es, der Wittmann zu einer der interessantesten Manufakturen der Möbelbranche machte. Er vermittelte unter anderem die Lizenzrechte zur Produktion der Meisterwerke von Josef Hoffmann und inspirierte das Unternehmen dauerhaft bis zur heutigen Zeit. Seine Handschrift als Designer gründet auf der Überzeugung, dass es im Möbeldesign wie in der Architektur um Leichtigkeit und Transparenz gehen muss. Spalt wollte "intelligente Möbel, die eine Wohnkultur ermöglichen". Präzise durchdachte Konstruktionen, filigrane Querschnitte und ein visionärer Sinn für funktionale Innovation kennzeichnen seine Entwürfe für Wittmann.
Friedrich Kiesler
BILD: SN/WITTMANN
Nach Friedrich Kiesler: Party Lounge.
Es liegt wohl an seinem vielfältigen und komplexen Schaffen, dass Friedrich Kiesler (1890-1965) von Kennern damals wie heute als ein Geheimtipp für innovatives Design gehandelt wird. Zu Lebzeiten durch Ausstellungsprojekte, Wettbewerbsbeteiligungen, Publikationen und Texte auch über Fachkreise hinaus bekannt, baute Kiesler letztlich wenig. Auch auf dem Sektor des Möbeldesigns ging kein Produkt je in Serie. Als Architekt, Designer und Künstler schuf er eine Vielzahl von radikalen und revolutionären Gestaltungen im Ausstellungsbereich, im Möbeldesign und in der Architektur. Vielleicht auch deshalb, weil Entwürfe wie die Party Lounge, die Bed Couch oder gar das Correalistische Instrument und der Correalistische Rocker in ihrer Konzeption hinsichtlich Mobilität und Flexibilität ihrer Zeit voraus waren. Die Kraft und die Vision, die Friedrich Kiesler getrieben haben müssen, sind heute noch in diesen Möbeln spürbar.
Davon fasziniert, war es Wittmann ein Anliegen, Kieslers Möbelentwürfe im Rahmen einer Re-Edition neu aufzulegen und die Wiederentdeckung und Veröffentlichung dieses für Design und Kunst so bedeutenden Werkes zu ermöglichen.
Paolo Piva
BILD: SN/WITTMANN
Nach Paolo Piva: Havanna-Mervin-Miles-Graincut.
Paolo Piva (1950-2017) war einer der erfolgreichsten internationalen Entwerfer und Architekten. Design war aus seiner Sicht "ein kontinuierlicher Prozess, der mit der Bewusstwerdung anfängt". So sah er auch seine Arbeit: Ein Entwurf war für ihn nicht das Ergebnis einer konkreten Idee oder eines bestimmten Auftrags, sondern Folge ständiger Auseinandersetzung mit dem Thema Design. Paolo Piva studierte Architektur bei Professor Carlo Scarpa in Venedig. Seine Diplomarbeit verfasste er zum Thema "Wien von 1918 bis 1934 — die sozialistischen Wiener Gemeindebauten".
Wien und Venedig waren bis zuletzt die Pole seines Lebens. In beiden Städten unterhielt er Studios, in Wien unterrichtete er an der Hochschule für angewandte Kunst. Beide Städte waren auch Inspirationsquellen für seinen Erfolg: "Wien motiviert mich intellektuell, in Italien profitiere ich von der spontanen Vitalität." Piva schuf Entwürfe für namhafte Möbelhersteller sowie zahlreiche beeindruckende Bauwerke. Mit Wittmann verbanden Piva eine über viele Jahrzehnte andauernde immens produktive Zusammenarbeit und eine enge persönliche Freundschaft.