"Das Jahr 2024 war, wie schon 2023, nicht gerade prickelnd", sagt Christian Wimmer, Geschäftsführer von Service & More, einer Dienstleistungsgesellschaft für den Einrichtungsfachhandel mit den Marken Garant Austria und Wohnunion. Laut Wimmer war im ersten Halbjahr 2024 ein Marktrückgang um 12,7 Prozent zu verzeichnen, "das zweite Halbjahr ist etwas abgeflacht. Ich rechne für das Gesamtjahr mit einem Rückgang um zehn Prozent."
Hersteller müssen Produktion anpassen
Mit dazu beigetragen haben auch Probleme bei den Herstellern. "Sie mussten die Kosten anpassen und das Produktionsvolumen. Da braucht man auch finanzielle Substanz dafür, weil es dauert, bis man die Auswirkungen spürt." Sowohl personalseitig werde eingespart als auch die Produktion umgestellt. Wimmer: "Das führt zu einer internen Fokussierung, was die Innovationskraft schwächt." Seit zwei Jahren sei das Problem Kika/Leiner virulent, weshalb sich die Lieferanten anpassen mussten: "Zu wachsen geht hingegen von allein." Das fehlende Produktvolumen spüre deshalb auch der Fachhandel.
Konsumentenverhalten beeinflusst Marktlage am Möbelmarkt
Die Rückgänge der vergangenen beiden Jahre beträfen alle Warengruppen, sagt der Experte: "Ich muss natürlich einräumen, dass wir bis 2022 eine extreme Hochkonjunktur hatten. Viele Menschen sind in der Coronazeit zu Hause gesessen und haben sich neu eingerichtet." Manche dieser damaligen Vorziehkäufe würden nun fehlen.
Weitere Gründe für die schwierige Marktlage derzeit seien die Unsicherheit bei den Konsumenten durch die sogenannte KIM-Verordnung, die gestiegenen Zinsen und auch die geopolitischen Veränderungen - Stichwort: Lieferketten - gewesen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Rückgang bei den Wohnungsneubauten. Wimmer: "Wenn weniger gebaut wird, wird auch weniger übersiedelt und damit weniger neu eingerichtet." Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen pro Jahr sei zuletzt von früher 60.000 im Jahr auf 35.000 bis 40.000 gesunken. Wimmer: "Dazu kommt eine abwartende Haltung der Menschen bei langfristigen Investitionen. Bevor man an Einrichtung, Bad oder Pool denkt, fahren die Menschen lieber kurzfristig auf Urlaub." Die gestiegene Sparquote weise zusätzlich darauf hin, dass die Österreicherinnen und Österreicher derzeit eher in einer "Warteposition" sind.
Einrichtungsbranche erwartet Erholung bis 2025
"Die gute Nachricht ist: Die Talsohle ist erreicht", sagt der Service-&-More-Geschäftsführer optimistisch: "Irgendwann sind die Leute satt vom ,Sattsein'. Auch das Auslaufen der KIM-Verordnung sollte wieder positive Impulse bringen." Im Jahr 2025 sollte der Einrichtungsfachhandel kein Minus mehr sehen, das "ist aber auch nicht berauschend, wir sind dann auf dem Niveau von 2019/2020".
Größter Unsicherheitsfaktor bleibt aber, wie sich generell die Marktlage im Einrichtungsbereich nach dem Ende von Kika/Leiner entwickeln wird. "Langfristig ist es ein Nachteil, wenn Lutz als einziger Großer übrig bleibt", analysiert Wimmer: "Das ist schlecht für die Lieferanten und für die Konsumenten." Wenn Produzenten bei Lutz nicht zum Zug kämen, sei deren Existenz gefährdet. "Für die Konsumenten bedeutet das, was nicht bei Lutz gelistet ist, ist in Österreich nicht erhältlich." Verschärft werden könnte die Situation, wenn Lutz neben Handelskonkurrenten - wie zuletzt in Deutschland - auch Lieferanten übernimmt. Eine solche "vertikale Integration" würde den Wettbewerb weiter reduzieren.
Rahmenbedingungen verhindern neue Möbelhaus-Expansion
Aber könnte nicht ein neuer großer Player auf dem heimischen Markt auftauchen? Damit rechnet Wimmer nicht, auch weil sich die Rahmenbedingungen geändert hätten. Etwa durch die Immobilien. Von den Leiner-Kaufhäusern seien viele verkauft, einige davon sind auch bei Lutz gelandet. Es sei möglich, dass diese Häuser "vom Markt genommen" werden. Neue große Möbelhäuser zu bauen sei heute unmöglich: "Die 30.000-Quadratmeter-Paläste sterben aus." Da auch das deutsche Umfeld schwierig sei, sei eine Expansion nach Österreich durch dortige Handelsketten kaum zu erwarten. Aus seiner Sicht ist eine Chance für eine neue "Großfläche" nicht gegeben. Wimmer: "Lutz mit Möbelix und Mömax wird Monopolist sein."Und Ikea, der künftig einzige größere Konkurrent von Lutz, spiele in einem anderen Segment.
Doch wäre das nicht eine einmalige Chance für den Fachhandel? Wimmer: "Der Markt wird kleiner, das Kika/Leiner-Volumen taucht nicht mehr auf." Wovon der Fachhandel bisher mitprofitiert, der enorme Werbedruck durch die "Großfläche", werde zurückgehen. "Wir profitieren davon vor allem gegenüber anderen Branchen." Werde künftig weniger für den Einrichtungssektor geworben, werde die ganze Branche darunter leiden.
Kann der Onlinehandel den Ausfall von Kika/Leiner ersetzen?
"Online hat im Möbelsegment einen Anteil von zehn bis zwölf Prozent", sagt Wimmer. Höher werde der Anteil wohl kaum, denn wenn sich jemand beispielsweise für ein Polstermöbel entscheidet, möchte er angesichts von vierstelligen Preisen wissen, was er da genau kauft. Die haptische Erfahrung in Geschäften könne der Online-Möbelhandel nicht bieten.