Romana Mirlacher-Wieder ist Sozialarbeiterin, ihr Mann Thomas Informatiker. So unterschiedlich wie ihre Berufe sind auch die Ansprüche ans traute Heim. Ihr geht es um das Wohngefühl, um Ruhe und Ungestörtheit, Raum und Natur zum Abschalten. Bei ihm liegt der Schwerpunkt auf architektonischen Finessen und Haustechnik. In ihrem neuen Haus soll das Beste aus beiden Welten zusammentreffen. "Dank einer perfekten Baustellenabwicklung durch den Baumeister Manfred Eibl aus Berndorf können wir nach einem knappen Jahr Bauzeit in den nächsten Wochen hier einziehen", freut sich Romana Mirlacher-Wieder.
Familie baut nachhaltiges Traumhaus
Den Wunsch nach einem eigenen Haus trugen die beiden schon seit einem Jahrzehnt mit sich herum, bis sich die Chance auf das Grundstück in Zell am Moos auftat. Ein Architekt war gefragt, um alle räumlichen Möglichkeiten auf 500 Quadratmetern Baugrund auszuloten. Photovoltaik, Wohnraumbelüftung, Erdwärme und Wärmepumpe waren von Anfang gewünscht, wobei die Haustechnik nicht im Vordergrund stehen sollte. Das Thema Bauteilaktivierung brachte die Familie mit dem Salzburger Energieexperten Harald Kuster und dem Architekten Peter Horner zusammen. Die beiden Fachleute realisierten gemeinsam bereits viele Objekte mit aktivierten Bauteilen, unter anderem auch die Auenwerkstatt in Weitwörth, ein völlig autarkes Schulungsgebäude mitten im Natura-2000-Gebiet Salzachauen bei Weitwörth-Nußdorf.
Natur ins Haus holen
Für die Familie Mirlacher-Wieder plante Peter Horner ein klar strukturiertes Haus mit zwei Geschoßen, heller Holzlamellenfassade sowie dunkel kontrastierenden Fenster- und Balkonelementen. Im Obergeschoß gibt es riesige durchlaufende Fensterfronten, welche die Natur ins Haus holen. Die von der Fassade abgesetzte Balkonzone durchbricht mit ihrem leicht bugartigen Knick die blockhafte Hausform.
Das Erdgeschoß wurde in Beton in den Hang gebaut. Über einen begehbaren Glasboden im Obergeschoß fällt Tageslicht in den Vorraum. Die rückwärtigen, fensterlosen Räume dienen als Ersatz für Keller und Dachboden. An der Vorderseite entstehen im Erdgeschoß großzügige Kinderzimmer und ein Büro mit Zugang zum Garten. Das Obergeschoß ist ein reiner Massivholzbau. Der durchgängige Wohn-Küchenbereich zieht sich über die gesamte Geschoßfläche. Nur für das Elternschlafzimmer wurde auf der Hangseite eine Ecke abgetrennt.
Die Natur kommt durch raumhohe Glasfronten im Nordosten in den Wohnbereich. Unmittelbar davor liegt geschütztes, unbebaubares Grünland. Die Hausvorderseite öffnet sich über eine Loggia und einen durchgehenden Balkon in Richtung Siedlung und See. An der Hausrückseite wird man ebenerdig auf eine Terrasse gelangen. Romana Mirlacher-Wieder: "Uns freut ganz besonders, dass wir auf verschiedenen Ebenen rausgehen können und immer im Grünen sind."
Zwei Mal Bauteilaktivierung in Beton und in Holz
Die Bauteilaktivierung plante der Energieexperte Harald Kuster, der auch für Versorgungskonzepte von Großprojekten herangezogen wird. Das Haus Mirlacher-Wieder wird im Erdgeschoß in Beton bauteilaktiviert, im Obergeschoß in Holz. "Bauteilaktivierung in Holz ist die Königsklasse. Massivholz hat nur ein Viertel bis ein Fünftel der Masse gegenüber Beton, dafür speichert es die Energie drei Mal länger. Die Berechnung ist knifflig und muss unbedingt von jemandem gemacht werden, der eine Ahnung davon hat", erklärt Kuster.
Thermische Bauteilaktivierung wird oft mit einem Kachelofen verglichen. Geben hier Kacheln die Energie an den Raum ab, so ist es bei der Bauteilaktivierung die von einem Rohrsystem durchzogene Decke. Durch die Rohre fließt je nach Jahreszeit 22 bis 28 Grad Celsius warmes Wasser. Diese Temperaturen reichen dank der großen Fläche aus, um den Raum im Winter zu heizen und im Sommer zu kühlen. "Bauteilaktivierung verschafft einem Haus 365 Tage im Jahr durchgehend 23 Grad, egal was draußen passiert. Und das um 25 bis 30 Prozent günstiger als mit einer Fußbodenheizung, weil die Wärmepumpe auf dem niedrigen Niveau einen besseren Wirkungsgrad hat", sagt Harald Kuster. Das System regelt das Raumklima automatisch. Liegt die Temperatur des aktivierten Bauteils unter der Raumtemperatur, kühlt das System, im umgekehrten Fall wärmt es.
Bauteilaktivierung auch für Privathäuser sinnvoll
Thomas Mirlacher-Wieder kannte Bauteilaktivierung von öffentlichen und gewerblichen Gebäuden: "Lange Zeit hieß es aber, das System sei viel zu träge, um es bei einem Privathaus sinnvoll anzuwenden." Mittlerweile haben Fachleute handfeste Argumente an der Hand: ein alleiniges System zum Heizen und Kühlen, 25 bis 30 Prozent Energieersparnis im Heizbetrieb und 90 Prozent im Kühlbetrieb. Vor allem die Kühlung im Sommer gewinnt mit der zunehmenden Klimaerwärmung an Bedeutung, gibt Architekt Peter Horner zu bedenken: "Viele Gebäude verbrauchen heute schon genauso viel Energie zum Kühlen wie zum Heizen. Wobei wir grundsätzlich eine kürzere Zeitspanne kühlen und die Temperatur auch um ein geringeres Intervall senken müssen."
Im Haus der Familie Mirlacher-Wieder kühlt die Bauteilaktivierung aktiv, unterstützt von einem mit Kräutern bepflanzten Gründach und einem Erdgeschoß, das teilweise im Hang steckt. Die großen Fensterflächen werden dabei von Außenrollos beschattet. Richtung Süden gibt es kaum Fenster, dafür aber in die Fassade integrierte Photovoltaikmodule. Für manche könnte das ein Manko darstellen - die zukünftigen Bewohner sehen es angesichts der heißen Sommer als Notwendigkeit.