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Remote Work: Gemeinschaft braucht Raum

Eine Initiative will auch hierzulande gemeinsame Räume für Arbeit und Kommunikation aufbauen. Remote Work und soziale Begegnungen könnten in der ZukunftsRaumGemeinschaft entstehen.

„Beet Community “ in Palermo: Gemeinsames Leben und Arbeiten in einem kreativen Umfeld.
„Beet Community “ in Palermo: Gemeinsames Leben und Arbeiten in einem kreativen Umfeld.
Relaxzone auf der Terrasse.
Relaxzone auf der Terrasse.

Eines steht fest: Die Pandemie hat die Art, wie die Menschen leben und arbeiten, dauerhaft verändert. Die Digitalisierung erhielt einen unerwarteten Schub.

"Wo wohnen wir? Wo arbeiten wir?"

Das seien nun die zentralen Fragen, sagt die Salzburger Architektin Ursula Spannberger. Vieles sei zu einer Frage der Gleichzeitigkeit geworden: Arbeit, Familie, Kinder, Spielen, Freizeit.

Die Digitalisierung hat nach ihrer Beobachtung nicht nur verändert, wie die Menschen arbeiten, lernen und sich miteinander unterhalten. Sie hat auch die Beziehung zwischen Stadt und Land und die Bedeutung von Distanzen und Zeitstrukturen verändert. Das verändert die Gesellschaft dauerhaft. Denn das jetzt "geprobte" Nebeneinander von Büro und Homeoffice wird sich noch stetig weiterentwickeln und neue Formen des Wohnens und Arbeitens hervorbringen.

Remote Work ermöglicht Landleben mit urbanen Arbeitsmöglichkeiten

Gerade das flexible Arbeiten hat eine große Anziehungskraft, allerdings bedeutet das eher "Remote Working", also arbeiten von verschiedenen Plätzen aus, als Homeoffice. "In Österreich gibt es kaum gemeinsame Orte, so wie im Süden", merkt Spannberger an. Mit Remote Work können die Vorteile des Landlebens mit jenen urbaner Arbeitsmöglichkeiten verknüpft werden. Spannberger: "Das ist die Chance für Gemeinden, Abgewanderte zurückzuholen und Leerstände abzubauen." Es bedarf flexibler Arbeitsplätze, konsumfreier Begegnungsräume und digital ausgestatteter Bildungsorte.

"ZukunftsRaumGemeinschaft"will Gemeinschaftsräume in Österreich aufbauen

Spannberger hat deshalb mit der Kommunikationswissenschafterin und Digitalisierungsexpertin Ursula Maier-Rabler das Konzept "ZukunftsRaumGemeinschaft" gegründet. Etwa mit Exkursionen werden bestehende Best-Practice-Beispiele besucht. Es gibt hierzulande Leerstand, etwa Wirtshäuser, Ladenlokale oder auch Kirchen, die für öffentliche Gemeinschaftsräume zu nutzen wären. Dazu braucht es aber Hilfe und Anregungen.

"Beet Community"in Palermo ermöglicht Coworking und Coliving

Eine hat sich die Expertin in Sizilien angeschaut, wo solche Gemeinschaftsräume schon existieren. Einer befindet sich in Palermo in einem Wohnviertel in der Nähe des Zentrums. Dort kann man sich mit Bewohnern und jenen, die dort arbeiten, austauschen. In der "Beet Community" gibt es Möglichkeiten zum Coworking und Coliving.

Coliving bedeutet dort, sich ein eigenes Zimmer zu mieten, aber Zugang zur gemeinsamen Küche und zu allen Gemeinschaftsräumen zu haben. Man kann aber auch einen eigenen Arbeitsplatz im Multifunktions- oder Coworking-Raum reservieren. Zwischendurch kann man sich sein Essen kochen oder den Kaffee auf der Terrasse, die vom grünen Innenhof umgeben ist, genießen. Durch die Begegnung mit anderen Menschen kommen neue Ideen und Anregung für die eigene Arbeit dazu.

Der Coworking-Bereich umfasst eine große Arbeitsumgebung, die mit acht Computerarbeitsplätzen, Grafiktabletts, Schreibtischen, Stühlen und Schließfächern mit Schloss und Schlüssel ausgestattet ist, dazu kommen Highspeed-Wi-Fi-Netzwerk, Druckdienste und ein buchbarer Tagungsraum. Es gibt Geschäftsarbeitsplätze, Grafikarbeitsplätze und Besprechungsräume.

"Moltivolti": Restaurant mit Coworking-Space

"Moltivolti" nennt sich ein anderes Projekt. "Auf der einen Seite ist ein Restaurant, auf der anderen Seite ein Coworking-Space", erzählt Spannberger. Das Restaurant ist sizilianisch-ethnisch und bietet eine breite Vielfalt von Speisen aus verschiedenen Ländern an, auch das Personal ist multiethnisch.

Moltivolti ist aber auch ein Coworking-Space, der aus 18 unabhängigen Arbeitsplätzen besteht, die hauptsächlich als gemeinsamer Raum für Verbände des dritten Sektors, einzelne Sozialarbeiter, Freiwillige und informelle Gruppen konzipiert sind und die beabsichtigen, Projekte sozialer, kultureller oder künstlerischer Art zu entwickeln.

Spannberger möchte gemeinsam mit Maier-Rabler solche Ideen auch nach Österreich und Salzburg holen. "Coworking-Spaces gibt es ja, es braucht aber auch weitere Elemente wie einen Kinderbereich, Bibliothek, Werkstatt oder Videostudios. Alle Tätigkeiten von Großfamilien in früherer Zeit wollen wir nun auf diese Weise umsetzen." Es könne dabei zu einer Vermischung von Beruflich und Privat kommen, das müsse aber nicht automatisch so sein. Das sollte jede Gemeinde oder Gemeinschaft für sich selbst entscheiden.

"Beruflich und Privat können vermischt werden, müssen aber nicht."
Ursula Spannberger
Architektin

Die ZukunftsRaumGemeinschaft sei ein Ort der Verwirklichungsmöglichkeiten, die dahinterliegenden Bedürfnisse können in jeder Gemeinschaft anders gelagert sein. "Deshalb ist jeder Zukunftsraum anders und wird mittels partizipativen Beteiligungsprozesses mit jenen, die ihn nutzen wollen, entwickelt", erklärt die Architektin. "So wird er zu einem Beteiligungsprojekt, das alle Beteiligten miteinander vernetzt, ihren Bedürfnissen Raum gibt und die Basis für ein gutes Miteinander legt."

"Duado" in Werfenweng ist Ort der vielfältigen Begegnung

Als Beispiel, das in Salzburg schon funktioniert, nennt Spannberger das "Duado" in Werfenweng. Das ehemalige Mesnerhaus wurde zu einem Ort der vielfältigen Begegnung. Hier können Gespräche ebenso stattfinden wie Vorträge etc. Spannberger: "Der Bürgermeister hat deshalb auch seine Sprechstunden dorthin verlegt." Gemeinschaftlich leben und arbeiten ist also auch hierzulande in Griffweite. In solchen Gemeinschaftsräumen könnten auch Hersteller ihre Waren präsentieren, Start-ups losstarten und ein Learning-Space entstehen.

Informationen:
www.zukunftsraum.eu
www.beetcommunity.com