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Revitalisierung der Villa am Volksgarten: Ein neues Wohnkonzept in Salzburg

Leben und arbeiten am Volksgarten: Um eine Villa am Salzburger Volksgarten entstand während Corona eine Mehrparteiensiedlung. Architekt Bernd Haslauer arbeitet und wohnt hier.

Die Architekten wollten bewusst keinen massiven Block als Kontrapunkt.
Die Architekten wollten bewusst keinen massiven Block als Kontrapunkt.
Update für den Villenbau durch die haro-Architekten.
Update für den Villenbau durch die haro-Architekten.
Eine Villa für sechs Architekten.
Eine Villa für sechs Architekten.

Die haro-Architekten planen Objekte in Österreich, Spanien und Lateinamerika. 2016 gewannen Roberto Rodríguez Paraja und Bernd Haslauer den Wettbewerb für ein Wohnbauprojekt um ein Villenareal am Volksgarten in Salzburg. Die Architekten revitalisierten eine Villa von 1880 und erweiterten sie um einen zeitgemäßen Anbau. Hier und in einem weiteren Wohngebäude auf dem anschließenden, lang gezogenen Grundstück entstanden 17 Wohnungen. Eine der Gartenwohnungen bewohnt Bernd Haslauer mit seiner Familie. In der Villa und im Anbau entstanden eine Ordination und ein neues Büro für die haro-Architekten.

Sanierungen erfordern Fingerspitzengefühl

Das Viertel östlich des Volksgartens stammt ursprünglich aus der Gründerzeit. Nach der Salzach-Regulierung entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts attraktives Bauland, auf dem Salzburger Großbürger repräsentative Herrenhäuser errichteten. Bei einigen wurde das Aussehen mittlerweile verändert, es entstanden zusätzliche Mehrparteienhäuser und Bürobauten. Dennoch erfordert der Wohnbau in einer kleinteiligen Siedlung mit vorwiegend Einfamilienhäusern auch heute noch viel Fingerspitzengefühl.

Freiraum in der Stadt

Die haro-Architekten wollten bewusst keinen massiven Block als Kontrapunkt zur ursprünglichen Bebauung des Viertels setzen. Ihr Vorschlag war eine Art zeitgemäße Fortführung des Villenbaus: Es entstanden drei Baukörper mit unterschiedlichen Höhen sowie Außenbereichen, die an die hier typischen Vorgärten erinnern.

"Wir wollten ein Ensemble, das den Standort aufwertet."
Bernd Haslauer
Architekt

Tatsächlich fügt sich das ein-, zwei- und dreigeschoßige Ensemble gut in das umliegende Ambiente ein. Theoretisch könnte in dieser Art weitergebaut werden, ohne die Intimität des Villenviertels zu stören. "Wir wollten ein Ensemble schaffen, das den Standort aufwertet", sagt Bernd Haslauer: "Unsere Häuser sollen auch in 15 bis 20 Jahren noch zeitlos sein, in Würde altern und Patina ansetzen."

Fassadengestaltung mit Hell-Dunkel-Kontrasten

Bei der Gestaltung der Fassaden war ein Spiel mit Massivität und Leichtigkeit das Anliegen, erzählt der Architekt weiter: "Das Herausarbeiten der massiven Gebäudeschale und das Aufschneiden und Zeigen der weichen und hochwertigen Materialien im Bereich der Balkone und Terrassen war uns besonders wichtig." Ersichtlich wird das an den bewusst gesetzten Hell-Dunkel-Kontrasten zwischen den hellen Massivbauteilen sowie den Innenseiten von Loggien und Balkonen mit Thermo-Esche und pulverbeschichteten graubraunen Metallteilen.

Auf die Außenbereiche wurde großer Wert gelegt

Auch auf Blickrichtungen und Abstände zwischen den Baukörpern wurde großer Wert gelegt, betont Haslauer: "Unser Gestaltungswille endete nicht an der Fassade. Eingänge und gepflasterte Wege, Gartenzäune und die Durchsichten von der Straßenseite waren uns ebenso wichtig." Es wurde auf maximalen Grünraum geachtet, auch die Abfahrtsrampe für die Tiefgarage wurde bepflanzt und mit einem breiten Wassergerinne versehen.

Architekten schaffen Freiflächen und Licht

Trotz der räumlich beengten Situation und der hohen Baudichte am Bauplatz sollten gleichwertige Wohnungen mit ebensolchen Außenbereichen entstehen. Dafür ließen die Architekten ihrer Fantasie freien Lauf. Durch bewusst gewählte Gebäudeabstände entstanden immer wieder Freiflächen für große Dachterrassen, die freien Ausblick gewähren. Die loggienartigen Balkone wurden bewusst großzügig dimensioniert und überragen die Fassade. Die Gartenwohnungen sind allesamt süd- und westwärts ausgerichtet. Ein Blick in eine der Gartenwohnungen bestätigt die Wohnqualitäten auch von innen. Der offene Wohnraum mit raumhohen Fensterelementen und ein gut durchdachter Grundriss lassen das Tageslicht von drei Seiten ins Innere.

Architekturbüro zieht in historische Villa

Die Fassade der dreigeschoßigen Villa galt als erhaltenswürdig. Das innen entkernte Haus erhielt neue Holz-Kastenfenster. Vorgarten und Spaliere im Erdgeschoß wurden wiederhergestellt. Während der Bauarbeiten entschieden sich die haro-Architekten, mit ihrem Büro ins Erdgeschoß der alten Villa zu ziehen. An der Frontseite bringt ein großes Fenster mehr Tageslicht in die nordseitig ausgerichteten Büroräume. Durch das Portal der früheren Villa gelangt man in einen kleinen Vorraum mit raumhohen Holzeinbauten für die Garderobe und eine Toilette. Der Boden und die bauteilaktivierte Decke sind durchgängig in allen Räumen aus Sichtbeton. Vom Vorraum nur durch filigrane Metall-Glas-Elemente mit großen Flügeltüren getrennt, befinden sich rechts das Gemeinschaftsbüro für alle sechs Architektinnen und Architekten und links ein schlicht gehaltener Besprechungsraum. Weiße Bürotische, Wiener Stadthallenstühle von Roland Rainer aus den 1950er-Jahren, buffetartige Unterschränke, Wandregale aus Holz und Designleuchten aus Edelstahl bestimmen das Ambiente.

Großraumbüro bietet kreative Rückzugsorte

Das rund 50 Quadratmeter große Großraumbüro zieht sich über die gesamte Längsseite der Villa, mit halbhohen weißen Regalen unter den Fenstern und in der Raummitte zusammengestellten Arbeitstischen. Die Nischen wurden flächenbündig raumhoch verbaut, um Stauraum zu erhalten. Vor dem auslagenartigen, großformatigen Fenstern der Zugangsfassade wurde eine Art Ruhepol geschaffen, bestehend aus einem Couchtisch und einem roten Egg Chair, der auf einen Entwurf des dänischen Designers Arne Jacobsen aus den 1960er-Jahren zurückgeht. Im Vorgarten der Villa gibt es als Entsprechung im Freien eine Hausbank mit einem kleinen Tisch für kreative Pausen. Für die große Auszeit nach Büroschluss braucht Bernd Haslauer nur eine Minute in seine Wohnung.