Der soeben fertiggestellte Bludenzer Bauhof an der Klarenbrunnstraße hat ein besonderes Flachdach: Es ist 32,5 Prozent leichter als vergleichbare Betondecken. Dadurch wurden bei seiner Herstellung 33 Tonnen klimaschädliches Treibhausgas gespart.
3D-Betondruck: Mit Verdrängungskörper lassen sich Beton und Stahl einsparen
Möglich machen das Verdrängungskörper des Start-up-Unternehmens Concrete 3D.
"Das Gebot der Stunde lautet Material sparen", betont Philipp Tomaselli, Geschäftsführer Concrete 3D
Mit dem neuen Bauhof bot sich dem Geschäftsführer des Walgauer Bauunternehmens eine gute Chance für ein Vorzeigeprojekt. Über das auf 3D-Betondruck spezialisierte Unternehmen Concrete 3D kam eine Verbindung zur TU Graz zustande: "3D-Druck ermöglicht den smarten Einsatz von Beton, ganz ohne Schalung", betont Georg Hansemann, Projektassistent am Institut für Tragwerksentwurf (ITE) der TU Graz. "Mit der Technik lassen sich ganz neue Geometrien abfallfrei erzeugen, die sich bestens zum Einsparen von Beton und Stahl eignen."
Digitalisierung im Bauprozess: Smarter Einsatz von Beton hilft beim Klimaschutz
Die Idee ist so einfach wie bestechend: Durch den Einbau verlorener Schalungen aus dem 3D-Drucker werden Material und Emissionen gespart. Mit einer eigens angeschafften Software berechnete der Konstruktionsplaner gbd für das 717 Quadratmeter große Flachdach 792 Verdrängungskörper - jeder ein Unikat. Diese druckte Concrete 3D mit mehr als 60 Tonnen Beton und einer insgesamt 210 Kilometer langen Druckbahn. Die bis zu 80 Kilogramm schweren Elemente wurden nummeriert, auf die Baustelle geliefert, dort auf der Schalung positioniert, dazwischen Bewehrungsstahl verlegt und das Ganze mit Beton aufgefüllt. Das Ergebnis: eine um ein Drittel leichtere Decke, deren Herstellung 24,4 Prozent weniger Treibhausgase emittierte.
Das Pilotprojekt "Bauhof Bludenz"war für alle Beteiligten sehr lehrreich
"Für uns ist das eine Referenz für das Potenzial der Digitalisierung im Bauprozess und Nachhaltigkeit im Massivbau", betont Philipp Tomaselli. Das Flachdach schließt den Entwurf von Architekt Marcus Ender ab: Es ruht auf zwei 46 Meter langen Stützbögen, die zwei Holzhallen überspannen. Tomaselli überzeugen die gestalterischen Möglichkeiten der Technik: "Die Form und Positionierung der Aussparungen lassen den Verlauf der Kräfte sichtbar werden."
"Vom Positionieren der Aussparungen über das Einbringen der Bewehrung bis zum Ausbetonieren hielt die Konstruktion einige Herausforderungen für uns bereit", betont Polier Daniel Burtscher (Tomaselli Gabriel Bau). Die praktischen Erfahrungswerte von der Baustelle sind auch für die Statiker von gbd und die TU Graz zentral: "Die Decke ist die bislang weltweit größte Konstruktion dieser Art und liefert wichtige Erkenntnisse, um die Technik weiterzuverbreiten, Material zu sparen und das Klima zu schonen", betont Georg Hansemann.
Kompensation des Mehraufwands durch Einsparung von Material
Der Mehraufwand für Handling und Logistik wird durch die Materialeinsparung und die erweiterten statischen Möglichkeiten kompensiert. "Die Konstruktion besteht aus Beton und Stahl und kommt - anders als Alternativen - ohne Kunststoff aus", so Tomaselli. Damit kann sie nach Ende der Nutzungsdauer zu 100 Prozent wiederverwertet werden - ein kreislauffähiges Produkt.