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Weg zur Photovoltaikanlage: Viel Schatten beim Sonnenstrom

Photovoltaik liegt derzeit voll im Trend. Interessenten müssen viele bürokratische und technische Hürden bis zur eigenen Anlage überwinden.

Immer mehr Menschen investieren in eine eigene Photovoltaikanlage.
Immer mehr Menschen investieren in eine eigene Photovoltaikanlage.
Nicolas Rieger, Geschäftsführer Solarr.at: „Ein grundsätzliches Problem ist die Förderstruktur.“
Nicolas Rieger, Geschäftsführer Solarr.at: „Ein grundsätzliches Problem ist die Förderstruktur.“

Die Aussicht ist verlockend, logisch und sinnvoll: Eine eigene Photovoltaikanlage (PV) auf dem Dach produziert Sonnenstrom, ist kostengünstig und kann (je nach Ausstattung) im Inselbetrieb den Haushalt auch bei einem allgemeinen Stromausfall mit Elektrizität versorgen.

Run auf Photovoltaikanlagen ist oft Hindernismarathon

Spätestens mit dem rasanten Ansteigen der Strompreise ist ein regelrechter Run auf PV-Anlagen zu verzeichnen. Wer jetzt bestellt, muss sich auf monatelange Wartezeiten einstellen. Doch das ist oft noch das geringste Problem. "

Oft Hindernismarathon beim Kauf einer Photovoltaikanlage

Beim Kauf einer PV-Anlage kann allerhand falsch laufen", erklärt Nicolas Rieger, Co-Geschäftsführer von Solarr.at, aus der Praxis. "Der Kunde erlebt, bis er zu seiner PV-Anlage kommt, oftmals einen teuren Hindernismarathon." Der Kundschaft fehle es oft an den nötigen Informationen. Etwa wann eine PV-Anlage kaum oder gar nicht möglich ist. "Eternitdächer vor 1991 enthalten Asbest", sagt Rieger, weshalb seine Firma dann gleich einmal die Finger davon lasse. "Man braucht auch zwingend einen Smart Meter", sagt der Experte. Wo noch keiner installiert ist, könne man auch keine PV-Anlage in Betrieb nehmen. Von zehn Anfragen würde bei durchschnittlich zwei eine Anlage keinen Sinn haben.

Rieger: "Wir vom Verband Photovoltaik Austria bieten zwar viele Informationen, es wäre aber trotzdem angebracht, wenn die Regierung beziehungsweise die zuständigen Ministerien die Kunden unterstützen."

Förderstruktur ist grundsätzliches Problem bei Errichtung von PV-Anlagen

"Es gibt zu wenige Fördermittel", sagt der Experte. Das führt zu der paradoxen Situation, dass vier Mal im Jahr bei einem sogenannten Call die Chance besteht, eine Förderungszusage zu ergattern. Dazu muss man allerdings in Sekundenschnelle seine Daten übermitteln. Wenn es nicht klappt, müssen Interessentinnen und Interessenten wieder drei Monate bis zum nächsten Versuch warten. Erst wenn man ein Förderticket ergattert hat, geht's los, dann muss die Anlage innerhalb von sechs Monaten errichtet werden. "

Doch der Andrang ist enorm", weiß Rieger. "Allein bei Solarr.at haben wir im Durchschnitt 50 bis 200 Anfragen pro Tag." Wobei die Bedingungen rund um die Bundesförderung heuer etwas entschärft wurden. Jetzt ist ein Förderantrag auch möglich, wenn die Anlage schon errichtet wird oder schon fertig ist.

Punkte, die bei der Planung für eine Photovoltaikanlage zu beachten sind

Wer sich für eine PV-Anlage interessiert, sollte schon bei der Planung einige Punkte beachten, rät Rieger. "Als Erstes braucht es eine ,Zählpunktnummer' vom Netzbetreiber. Sie ist quasi die Genehmigung, dass von den vorhandenen Leitungen oder Trafostationen her der Betrieb und die Einspeisung durch eine PV-Anlage überhaupt möglich sind." Es könne sein, dass man diese Zählpunktnummer nicht bekommt, weil es das Netz nicht zulässt. "Gerade im Burgenland ist das sehr schwierig, weil es dort strikte Vorgaben gibt, in anderen Bundesländern ist das besser."

Ist eine PV-Anlage baulich möglich (Stichwörter: Asbest, Dachziegel, Dachstuhl, Dachneigung, Statik etc.), kann mit der Errichtung begonnen werden. Gleichzeitig sollte beim nächsten Förder-Call ein "Ticket" gezogen werden. Nächster Schritt ist dann eine "Fertigstellungsmeldung" an den Netzbetreiber. Das geht erst, wenn das Förderticket vorliegt. Allerdings kann der "Stempel" auf die Fertigstellungserklärung durch den Netzbetreiber mitunter einige Zeit dauern. Ohne den Stempel kann man aber die Anlage, auch wenn sie einsatzbereit ist, nicht in Betrieb nehmen, andernfalls fällt man um die Förderung trotz Zusage um.

Nächster Förder-Call für PV-Anlagen von 16. bis 30. März 2023

Apropos Förderung. Das oft kritisierte First-come-first-served-Prinzip ist auch heuer geblieben. Allerdings wurde der Fördertopf um 200 Mill. Euro auf insgesamt 328 Mill. Euro erhöht. Außerdem ist der Call nicht mehr nur am Stichtag, sondern in einem Zeitfenster. Das nächste öffnet sich von 16. März bis 30. März. Rieger: "Das Fenster wird sich dennoch innerhalb von Minuten schließen." Man könne es zwar mehrmals probieren, gerade für ältere Kunden bleibt dieses System aber oft ein Problem.

Wie könnte man das besser machen? Rieger: "Man könnte es wie in Deutschland mit einer Umsatzsteuerbefreiung machen. Bei einer 10-kWp-Anlage wären das pro kWp 285 Euro, also 2850 Euro gesamt."

Wie läuft eine fertige PV-Anlage dann im täglichen Betrieb?

Der Smart Meter liefert in der Regel alle 15 Minuten aktuelle Daten. Für die Nutzerinnen und Nutzer ist die Bedienung über eine App am Handy die übersichtlichste Lösung. Dort kann eingestellt werden, ob der erzeugte Strom zuerst in den hauseigenen Speicher (wenn vorhanden) fließen soll oder zuerst in das Hausnetz beziehungsweise ab wann in das öffentliche Netz geliefert wird.

Welche Größe beziehungsweise Kapazität sollte eine private PV-Anlage aufweisen?

"Das kann man pauschal nicht sagen", betont Rieger. "Es kommt auf das Profil des Kunden an, etwa ob die Bewohnerinnen und Bewohner tagsüber zu Hause oder im Büro sind, ob jemand Homeoffice macht, wann Haushaltsgeräte, etwa die Waschmaschine oder der Geschirrspüler, in Betrieb sind etc. Nach diesen Parametern sollte die Anlage geplant werden."

Eine 10-kWp-Anlage beispielsweise kann 30 bis 50 Prozent des Strombedarfs eines durchschnittlichen Haushalts abdecken. Für jemanden, der tagsüber nicht zu Hause ist, eignet sich dann eher eine Ausrichtung der PV-Anlage Richtung Osten mit der Morgensonne. "Am besten ist es, sich schon vorher die Smart-Meter-Daten über den eigenen Verbrauch und die Tageszeit anzuschauen, ehe man plant", rät der Experte. Rentiert sich ein eigener Speicher? "Nicht immer", sagt Rieger. "Die Technologie ist noch nicht so ausgereift. Nach zehn Jahren ist der Akku am Ende, kostet aber für eine Kilowattstunde 1000 Euro." Deshalb amortisiere sich derzeit ein Speicher kaum. Dazu kommen Brandschutzvorschriften, denn für die Lithium-Ionen-Akkus brauche es einen eigenen Technikraum etwa im Keller, "keinesfalls am Dachboden". Dort müsse der Überspannungsschutz installiert werden.

Auch die Frage der Beschattung muss im Vorfeld geklärt werden. Dafür gibt es inzwischen eine eigene Software. Doch auch Häuser, Bäume, Satellitenschüsseln oder Rauchfänge können die Leistung einer PV-Anlage beeinträchtigen. Stimmt die Dachneigung nicht, muss eine entsprechende Unterkonstruktion errichtet werden. All das wirkt sich, zusammen mit dem Gewicht der Module (22 kg pro Modul), auf die Statik aus.

Amortisiert sich eine PV-Anlage denn?

"Das ist angesichts der derzeitigen Schwankungen der Energiepreise sehr schwer vorherzusagen. Stand heute rechnet sich eine 5-kWp-Anlage in acht bis neun Jahren. Aber das kann zu Jahresende schon wieder ganz anders sein."