"Wir verbinden Urban Mining mit einem sozialen Aspekt."
Was er darunter versteht? An erster Stelle bei der Kreislaufwirtschaft ("Circular Economy") steht für ihn "Urban Mining", nämlich der Gewinn von Rohmaterial beim Umbau, Rückbau oder Abbruch von Altbauten und Industrieanlagen. Dort sind sorgfältig alle Materialien zu trennen - Romm nennt das Entfrachtung -, damit sie einer Wiederverwertung, einer Rückführung in einen Rohbau, zugeführt werden können.
Auf diese Weise landen die verschiedenen Abbruchstoffe nicht auf den Deponien und belasten erneut die Umwelt, sondern bilden das Ausgangsmaterial für neue Bauwerke.
Das kooperative Netzwerk BauKarussell besteht aus Architekten, Reparaturnetzwerken und sozialwirtschaftlichen Unternehmen und zielt auf neue Wertschöpfungsmodelle für die Immobilienwirtschaft ab.
BauKarussell integriert soziale Aspekte
Neben der ökologischen Komponente der Ressourcenschonung erweitert BauKarussell das Konzept als integralen Bestandteil überdies um einen sozialen Aspekt: Für den Abbruch von Gebäuden entsenden sozialwirtschaftliche Partnerbetriebe - in Salzburg ist das beispielsweise die Soziale Arbeit gGmbH oder auch die Caritas - Mitarbeiter. Personen mit Benachteiligungen am Arbeitsmarkt werden im Bereich des Rückbaus beschäftigt und qualifiziert. "Das können auch geflüchtete Menschen sein, die auf diese Weise in den Arbeitsmarkt integriert werden", erläutert Romm.
Zusätzlich ergibt sich dadurch eine Ausbildung in einem besonderen Fachbereich. "Wenn jemand weiß, wie eine Trockenbauwand auseinanderzunehmen ist, kann er sie auch wieder zusammenbauen. Eine Qualifikation, die in Zeiten von Facharbeitermangel auch Betrieben zugutekommt", ist sich der Experte sicher.
Die Kreislaufwirtschaft am Bau finanziert sich im Wesentlichen selbst
Durch diese Art des Rückbaus wird sichtbar, mit welchen Wertstoffen gearbeitet wird, die Ausbeute ist wesentlich höher als beim Recycling. Dort gilt etwa Kupfer als Störstoff, weil durch seine Qualität der Wert anderer Metalle gemindert wird. Die sorgfältige Sortierarbeit bringt hingegen um die 30 Prozent mehr Werterlös.
Romm: "Beispielsweise ist in Starkstromkabeln um 70 bis 80 Prozent mehr Wert für Kupfer zu erlösen, wenn die Materialien genau voneinander getrennt und sortiert werden." Ein Schlüsselfaktor der Kreislaufbauwirtschaft ist die Nutzung der bebauten Stadt als Vor-Ort-Rohstofflagerstätte, das "Urban Mining". Die vom Klimaschutzministerium herausgegebene nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie strebt hier zum Beispiel bis 2030 eine Ressourcenreduktion von 25 Prozent, bis 2050 von 50 Prozent an.
Genossenschaft BauKarussell als Vorbild bei Wiederverwertung von Industriebrachen
Das 2015 als Projektkonsortium gegründete und heute als Genossenschaft strukturierte BauKarussell - die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 bildete den markanten Impuls dafür - gilt in Fachkreisen bei der Wiederverwertung von Industriebrachen als vorbildlich. "Das BauKarussell-Konzept repräsentiert ein gelungenes Beispiel, wie kreislaufwirtschaftliche Ansätze im Auftrag des Bauherrn erfolgreich umgesetzt werden können.
Das Social-Urban-Mining-Konzept zeigt in der Phase des Rückbaus privaten und öffentlichen Gebäudeeigentümern vorhandene Potenziale, die für die Weiterentwicklung genutzt werden können", heißt es dort. Bislang endete ein beträchtlicher Anteil des abgebrochenen Baumaterials auf Deponien sowie ein Teil schließlich in der Verbrennung und produzierte damit reichlich CO₂.
Thomas Romm von BauKarussell fordert "Circular Carbon Economy"
"Der Mensch nutzte ausgiebig die Atmosphäre als Abfalllager, mit den bekannten Resultaten. Die enormen CO₂-Mengen befeuern klimatische Kipppunkte und verursachen massive Klimaveränderungen", betont Romm und fordert: "Wir brauchen eine Circular Carbon Economy."
Dazu gehört, beispielsweise den Wald so zu nutzen, dass möglichst wenig Restholz anfällt. "Aus dem wenigen übrig gebliebenen können wir Holzgas produzieren, das Strom und Wärme liefert. Oder wir produzieren mittels Pyrolyse technischen Kohlenstoff, dem Beton beigemischt wird und der damit CO₂ reduziert. Ein Kilogramm Kohlenstoff speichert drei Kilo CO₂", rechnet der Experte vor.
BauKarussell startete wie erwähnt im Jahr 2016 als Projektkonsortium, die BauKarussell-Genossenschaft wurde 2022 gegründet, mit dem Ziel, Drehscheibe für die zirkuläre Immobilienwirtschaft zu werden. Bislang hat sie 786 Tonnen Material, Bauelemente und Möbel für Re-Use vermittelt, 586 Tonnen Material regionalen Entsorgungsunternehmen übergeben, 454 Tonnen Wertstoffe gelangten in die stoffliche Verwertung und es wurden 37.000 Stunden sozialwirtschaftliche Qualifizierung und Beschäftigung in den Projekten geschaffen.
Genossenschaft realisiert urbane Projekte
Umgesetzt hat die Genossenschaft bislang Projekte beispielsweise in Wien (AK Plösslgasse), Graz (im Auftrag der BIG, die anstelle der Vorklinik das "Graz Center of Physics" errichtet) oder Villach (Hensel-Kaserne). "In Salzburg haben wir bis jetzt nur projektiert, und zwar das Multiplex Cinema beim Bahnhof, auch beim Flughafen Salzburg könnte sich etwas ergeben", sagt Thomas Romm.