Ob Trunkenheit am Steuer oder massive Tempoüberschreitungen: Wer im Ausland im Zuge einer Verkehrskontrolle seinen Führerschein abgeben muss, kann daheim unbehelligt weiterfahren. Die einzige zu befürchtende Konsequenz ist derzeit eine Strafe wegen Nicht-Mitführens des Dokuments. Kosten: 20 Euro aufwärts.
Dieser Praxis soll auf EU-Ebene ein Riegel vorgeschoben und der Führerscheinentzug künftig unionsweit durchgesetzt werden. Konkret, wenn ein Lenker unter Alkohol- bzw. Drogeneinfluss erwischt wird, mit einer Tempoüberschreitung um mindestens 50 km/h auffällt oder wegen grober Missachtung der Verkehrsregeln Unfälle mit Todesfolge oder schweren Verletzungen verursacht. Das hat die EU-Kommission im März vorgeschlagen. Nun ist das EU-Parlament am Zug, dessen Verkehrsausschuss sich am Mittwoch damit befasst.
Dort ist unter anderem noch zu diskutieren, ob in Ortsgebieten schon geringere Überschreitungen dazu führen sollen, Temposündern die Lenkberechtigung EU-weit zu entziehen. Die Konservativen stehen da auf der Bremse. "Ich glaube nicht, dass das die Liebe zu Europa erhöht", sagt der bayerische EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU). Denn oft sei für auswärtige Lenkerinnen und Lenker in Ortsgebieten schwer erkennbar, wo Tempo 30 oder 50 gelte.
Die FPÖ wiederum plagen andere Sorgen. Der Abgeordnete Roman Haider befürchtet, dass ein österreichischer Lenker "den Führerschein abgeben muss, weil er ein Delikt begangen hat, das es so in Österreich gar nicht gibt". Haider nennt als Beispiel den Alkoholkonsum, der bei Lenkern in Österreich bis 0,5 Promille toleriert wird, in manchen EU-Staaten jedoch ganz verboten ist, darunter in den Nachbarländern Tschechien, Slowakei und Ungarn. Wobei dieser Einwand unbegründet sein dürfte: Im Kommissionsvorschlag heißt es, dass die Vollstreckung in den Heimatländern verweigert werden könne, "wenn das fragliche Verhalten in ihrem eigenen Rechtssystem nicht strafbar ist". Die Freiheitlichen verweisen auch auf unterschiedliche Entzugsdauern - wobei künftig das höhere Strafausmaß angewendet werden solle. "Auch dieser Vorschlag beschneidet die Mitgliedsstaaten in ihrer Rechtsstaatlichkeit und Souveränität", meint Haider.
Diese Auffassung dürfte auch der Rat vertreten, in dem sich die Mitgliedsstaaten abstimmen. Dessen rechtlicher Dienst sehe keine Regelungskompetenz auf EU-Ebene, sagt CSU-Verhandler Ferber, der darin aber kein Hindernis erkennt: Im Zweifelsfall solle eben der Europäische Gerichtshof entscheiden.
Rechtlich unumstritten ist ein zweites Vorhaben, das mehr Sicherheit bringen soll: die Strafverfolgung von Lenkern aus dem EU-Ausland. Geplant ist eine Ausweitung der Delikte, bei denen die Mitgliedsstaaten kooperieren. Bisher ist das etwa bei Tempoüberschreitungen, Alko- und Drogenfahrten und beim Missachten des Rotlichts der Fall. Künftig sollen zum Beispiel auch zu geringer Sicherheitsabstand, gefährliches Überholen und die Blockade der Rettungsgasse grenzüberschreitend geahndet werden können. Das passiert bisher ab einer Strafhöhe von 70 Euro (mit Deutschland hat Österreich 25 Euro als Grenze vereinbart, Anm.).
Das Kuratorium für Verkehrssicherheit, das die Pläne begrüßt, fordert: "Nicht schlecht wäre, wenn man den Betrag von 70 auf 50 Euro herabsetzt. Sehr viele Länder haben niedrigere Strafen. Aber auch die sollen vollzogen werden. Dann lernen die Leute früher daraus", sagt KfV-Jurist Armin Kaltenegger.