Historisch beispielloser Gletschersturz
Nach Schätzung des kantonalen Chefs für Naturgefahren stürzte der Schutt vom Kleinen Nesthorn ganz oder zum großen Teil mit dem Abbruch des Birchgletschers zu Tal. Drei Millionen Kubikmeter Gesteinsmaterial dürften am Mittwochnachmittag gegen 15.30 Uhr zusammen mit dem Gletscher auf Blatten niedergegangen sein, sagte Raphaël Mayoraz, ein Naturgefahren-Experte des Kantons Wallis, am Mittwochabend vor Medienvertretern.
Der Gletscherabbruch und der Murenabgang seien historisch "beispiellos". Der Schuttkegel sei 50 bis 200 Meter dick. Mit dem Schlimmsten hätten die zuständigen Behörden immer gerechnet und nun sei es eingetreten. Mit dem Murenabgang sollte das meiste des Materials heruntergekommen sein, so Mayoraz.
Der öffentlich-rechtliche Sender SRF zeigte Aufnahmen von einer riesigen Staubwolke, die sich mit den Schuttmassen den Berg hinab wälzte. Laut dem Schweizerischen Erdbebendienst wurde die Erde mit einer Stärke von 3,1 erschüttert. Zuvor waren bereits in der Nacht zum Dienstag größere Mengen an Eis, Fels, Schnee und Wasser talwärts gestürzt.
"Wir haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz"
"Das Unvorstellbare ist heute eingetreten, wir haben praktisch das sichtbare Dorf verloren", sagte Gemeindepräsident Matthias Bellwald in einer Pressekonferenz am Mittwochabend in der Nachbargemeinde Ferden. Er sei froh, dass man alle Einwohner aus Blatten habe evakuieren und Sicherheit bringen können.
"Das gibt uns die Kraft, das zu machen, was vor uns liegt. Wir haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz. Auch wenn das Dorf unter einem großen Schuttkegel liegt, wissen wir, wo unsere Häuser und unsere Kirche wieder stehen müssen", rief der sichtlich betroffene Gemeindepräsident zum Wiederaufbau auf.
Die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter drückte den Bewohnern von Blatten ihr Mitgefühl aus. "Es ist schlimm, wenn man seine Heimat verliert", schrieb sie auf der Plattform X. Umweltminister Albert Rösti und Verteidigungsminister Martin Pfister reisten sofort in das Katastrophengebiet und sagten der betroffenen Gemeinde die Unterstützung der Schweizer Regierung zu.
Gefahr noch nicht ganz gebannt
Nach dem gigantischen Gletscherabbruch droht nun eine Flutwelle. Das Flüsschen Lonza ist durch die meterhohen Fels- und Eismassen, die am Mittwoch von Berg stürzten, wie durch einen Damm gestaut. Die wenigen Häuser, die im Dorf Blatten nicht verschüttet wurden, seien bereits überflutet, berichten die Behörden. Erste Bewohner der Nachbargemeinden Wiler und Kippel wurden bereits evakuiert.