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Empörung über antisemitisches Posting eines ORF-Redakteurs

Der Beitrag des Redakteurs ist bereits gelöscht. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann prüft dienstrechtliche Konsequenzen. Die Israelitische Kultusgemeinde für Salzburg, Steiermark und Kärnten reagierte in einer Aussendung mit Empörung auf das Posting.

Der ORF prüft dienstrechtliche Maßnahmen.
Der ORF prüft dienstrechtliche Maßnahmen.

Der betreffende Redakteur äußerte sich in sozialen Medien zu Israels Vorgehen im Gazastreifen. Das Posting ist nicht mehr abrufbar. Medienberichten zufolge hieß es in dem Beitrag unter anderem: "Wenn ich 2000 Jahre lang Opfer bin, dann sollte ich mir langsam überlegen, woran das wohl liegen mag." Man könne sein aktuelles Handeln auch nicht auf eine 2000 Jahre alte Geschichte begründen, war dort weiters zu lesen. In dem Posting berief sich der Redakteur auf den österreichischen Autor und Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus, Jean Améry (verstorben 1978 in Salzburg). Dieser habe geschrieben, "dass die Gründung einer Nation immer mit Verbrechen einhergeht". Man könne "nicht andere bestehlen, vertreiben und umbringen und dabei unschuldig bleiben", war laut Medienberichten in dem Posting zu lesen.

Auf SN-Anfrage bezog seitens des ORF dessen Generaldirektor Roland Weißmann zur Causa klar Stellung: "Der ORF verurteilt den Inhalt des Postings als völlig inakzeptabel. Eine Überprüfung möglicher dienstrechtlicher Konsequenzen wurde bereits eingeleitet. Das Posting wurde in der Zwischenzeit gelöscht", wie Weißmann den SN mitteilte.

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), bezeichnete die Verurteilung als "wichtig", es brauche aber mehr: "Es muss sichergestellt werden, dass im ORF journalistisch tätige Mitarbeiter redlich, objektiv handeln und keine antisemitische Stereotype verbreiten", betonte er via Aussendung.

"Alarmzeichen": Israelitische Kultusgemeinde fordert Konsequenzen

Die Israelitische Kultusgemeinde für Salzburg, Steiermark und Kärnten reagierte in einer Aussendung mit Empörung auf das Facebook-Posting des ORF-Redakteurs. Die Aussage: "Wenn ich 2000 Jahre lang Opfer bin, dann sollte ich mir langsam überlegen, woran das wohl liegen mag" überschreite eine rote Linie, wie Präsident Elie Rosen erklärt: "Wer so spricht, betreibt klassische antisemitische Täter-Opfer-Umkehr: Er deutet die Verfolgung der Juden als eine Art selbstverschuldete Geschichte. Damit werden die Opfer verhöhnt und der Antisemitismus legitimiert." Verfolgung sei keine Reaktion auf jüdisches Handeln, sondern Ausdruck von Hass und Ideologie.


Der ORF-Redakteur vermische zudem das gesamte jüdische Volk mit dem militärischen Handeln eines souveränen Staates. Der Verweis auf Jean Améry diene lediglich der Behauptung, Israel sei auf "Verbrechen" gegründet. Das verkenne die historische Realität: "Israel konnte nur im Schatten der Shoah entstehen - als notwendige Antwort auf die systematische Vernichtung der europäischen Juden und den fortdauernden Antisemitismus." Das Posting sei ein Beispiel für die Anschlussfähigkeit antisemitischer Narrative. Es relativiere jüdisches Leid, gebe dem jüdischen Volk eine Mitschuld an seiner Verfolgung und stelle die Legitimität Israels infrage. "Wir erwarten vom ORF eine unmissverständliche Distanzierung und eine klare Auseinandersetzung mit antisemitischen Stereotypen", fordert Präsident Elie Rosen. Nachsatz: "Es vergeht mittlerweile kein Tag ohne antisemitische Vorkommnisse - auch in Österreich. Das ist ein Alarmzeichen, das wir nicht ignorieren dürfen."