SN.AT / Panorama / Medien

Concordia-Preise 2025 verliehen: "Journalismus, der die FPÖ zu Fäkalsprache motiviert, braucht Geld"

Bei der Verleihung der diesjährigen Concordia-Publizistik-Preise gab es nicht nur Lob für die prämierten Journalistinnen und Journalisten: Die Politik wurde in die Pflicht genommen, auch mit Kritik an der eigenen Branche wurde nicht gespart. Und jemand, der gar nicht anwesend war, rückte gleich mehrfach in den Mittelpunkt.

Die Organisatorinnen, Preisträger und Laudatorinnen des Abends.
Die Organisatorinnen, Preisträger und Laudatorinnen des Abends.

Seit mittlerweile 15 Jahren werden im österreichischen Parlament die Concordia-Preise für außerordentliche publizistische Leistungen verliehen. Das komme nicht von ungefähr. Denn: "Das ist das Haus für Demokratie - und da gehören wir hin", sagte Petra Stuiber, stellvertretende "Standard"-Chefredakteurin und Vizepräsidentin des Presseclub Concordia, bei ihren einleitenden Worten am Dienstagabend. Stuiber, die den erkrankten Concordia-Präsidenten und SN-Innenpolitik-Chef Andreas Koller vertrat, baute damit die Brücke hin zu den diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträgern, die "über das berichten, was andere gerne verdrängen".

"Journalismus braucht bessere Rahmenbedingungen"

In der Kategorie Menschenrechte wurden Johannes Greß und Christof Mackinger gewürdigt. Die freien Journalisten hatten die Jury um die frühere Nationalratspräsidentin Heide Schmidt mit ihrer im "Standard" veröffentlichten Recherche "Donau-Kreuzfahrten: Ausbeutung inmitten von Luxus und Flussromantik" überzeugt. Darin zeigten sie auf, dass Bedienstete auf heimischen Kreuzfahrtschiffen häufig unter unwürdigen Bedingungen arbeiten. Wer Menschen finden wolle, die für einen Stundenlohn von drei Euro arbeiten müssen, brauche lediglich "einen Spaziergang zum Wiener Hafen machen", sagte Johannes Greß in seinen Dankesworten. Er fügte einen Appell für Journalismus an: Dieser brauche "bessere Rahmenbedingungen". Schade sei etwa, dass Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) bei der Preisverleihung nicht dabei gewesen sei. Denn an ihn und seine Partei ginge dieser Appell im Besonderen - eine Partei, die den "Standard" als "Scheißblatt" bezeichnet habe (ein Zitat des Wiener FPÖ-Chefs Dominik Nepp). Österreich brauche "viel mehr solcher Scheißblätter", sagte Greß. Und er ergänzte: "Journalismus, der die FPÖ zu Fäkalsprache motiviert, braucht Geld", also ausreichende Fördermittel.

Ebenso ausgezeichnet wurde Barbara Tóth. Die "Falter"-Journalistin bekam den mit 5000 Euro dotierten Preis in der Kategorie Pressefreiheit. Tóth überzeugte die Jury mit ihrem Artikel "Am Beispiel Alexandra Föderl-Schmid". Die "SZ"-Nachrichtenchefin Föderl-Schmid war im Vorjahr mit mittlerweile verworfenen Plagiatsvorwürfen konfrontiert. Den Auftrag, die Dissertation Föderl-Schmids zu prüfen, gab das rechtspopulistische Portal "Nius". Tóth habe eindrucksvoll aufgezeigt, "wie unverhältnismäßig und haltlos die Vorwürfe waren", hielt Medienanwältin Maria Windhager in ihrer Laudatio fest. Ohne Tóth wäre die Berichterstattung zu den Vorwürfen "zweifelsfrei ganz anders ausgefallen".

Thurnher, ein "Sisyphus der österreichischen Publizistik"

Für sein Lebenswerk wurde indessen "Falter"-Herausgeber und Autor Armin Thurnher ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Schriftsteller Franz Schuh: Thurnher gehöre zu jenen Publizisten, "die dem Land ein Gesicht gegeben haben, das man im Lande nicht so gerne sieht". Wenngleich Schuh den Begriff Publizist nicht möge, da dieser "das bloße Veröffentlichen beschreibe, also einen Formalismus". Vielmehr gehe es um das "Veröffentlichen des Veröffentlichungswürdigen". Eben das tat und tut Thurnher - ein "Sisyphus in der österreichischen Publizistik" und ein "guter Intellektueller".

"Der ORF pfeift auf seine Pflichten"

Thurnher selbst freute sich darüber, "noch zu Lebenszeiten für sein Lebenswerk" geehrt zu werden. Aber es wäre nicht Armin Thurnher, hätte er in seinen Dankesworten nicht auch die eine oder andere Spitze eingebaut. Er freute sich etwa darüber, dass Walter Rosenkranz der Veranstaltung ferngeblieben war - ohne Rosenkranz namentlich zu nennen. Dies hätte der Feier "präsidiale Peinlichkeiten erspart". Doch auch die Branche selbst bekam ihr Fett weg: Die Mediaprint um "Krone" und "Kurier" sei immer noch nicht zerschlagen, so wie es Thurnher jahrelang gefordert hatte. "Der ORF hingegen pfeift darauf, seine Pflichten als öffentlich-rechtlicher Rundfunk auch nur zu erkennen", sagte Thurnher. Und er relativierte auch sein eigenes Lebenswerk: "Ich nehme den Preis für das Werk auch ohne Wirkung."

"Demokratie gibt es ohne unabhängigen Journalismus nicht"

"Demokratie, Freiheit und unabhängiger Journalismus haben eine symbiotische Beziehung", sagte indessen die dritte Nationalratspräsidentin, Doris Bures, in ihren Eröffnungsworten. Denn: "Das eine gibt es nicht ohne das andere." Dieses Zusammenspiel habe aber "schon bessere Zeiten" gesehen. Etwa ob "Attacken plumper Autokratien". Oder aufgrund "verzerrender Konkurrenz" durch Online-Plattformen aus den USA und China, die "fairen Wettbewerb beinahe illusorisch erscheinen lassen". Dem allen könne man als Journalist oder Journalistin lediglich mit "Integrität, Professionalität und Transparenz begegnen - und einer gesunden Distanz zu Politik und Wirtschaft". Eben dieser Tradition des "seriösen und faktenverpflichteten Journalismus" würden die diesjährigen Concordia-Preisträgerinnen und -Preisträger folgen. Oder wie es Petra Stuiber auf den Punkt brachte: "Wenn wir heute nicht für Medien kämpfen, wer kämpft am Ende für Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte?".