Dass die kreativen Köpfe des US-Entwicklerstudios Naughty Dog Geschichten erzählen können, haben sie spätestens 2007 mit dem ersten Teil ihrer "Uncharted"-Serie eindrucksvoll bewiesen. Sechs Jahre später gelang ihnen, was in dieser Perfektion vorher noch keinem Videospielentwickler gelungen war - ein Game, dessen Story selbst ein Film nicht besser hätte erzählen können.
Mit "The last of us" gelang ihnen ein Meilenstein. Ein Spiel, das bis heute unvergessen und noch immer spielbar ist und das selbst viele aktuelle Games in den Schatten stellt. Die Welt, wie sie uns Naughty Dog zeigte, war so authentisch, so grauenvoll und brutal und zugleich auch wunderschön und voller Hoffnung - ein Roadmovie inmitten der Apokalypse: Ein Virus hat die Menschheit dahingerafft und Infizierte in schrecklich mutierte, von Pilzen befallene Kreaturen verwandelt.
Erzählt wurde die Geschichte aus der Sicht eines Vaters, der gleich zu Beginn sein Kind verliert. Jahre später trifft er auf einen Teenager, der immun gegen das Virus ist. Er soll das Mädchen zu einer Forschungsgruppe quer durchs Land bringen, wo sie ein Gegenmittel entwickeln. Joel und Ellie, ein herrlich ungleiches Paar - er, der Verbitterte, sie, die Verzogene. Die Reise führt ins Herz der Dunkelheit - und am Ende zueinander, wenn die anfänglichen Neckereien einer tiefen Verbundenheit weichen.
Die Geschichte endet mit einer Lüge: Joel gelingt es, Ellie zu den Wissenschaftern, den Fireflies, zu bringen, wo sie untersucht wird. Weil der Pilz, der im Gehirn des Wirts heranwächst, operativ entfernt werden muss, würde Ellie den Eingriff nicht überleben. Doch sie ist fest dazu entschlossen, sich für die Heilung der Menschen zu opfern. Aber Joel, der in ihr seine verstorbene Tochter sieht, bringt es schlussendlich nicht über das Herz und befreit Ellie gewaltsam. Auf dem Weg aus der Stadt erkundigt sich Ellie, warum der Eingriff nicht gemacht worden sei, und Joel entgegnet, dass die Herstellung des Wirkstoffs nicht möglich sei. Es ist eine Lüge, deren Folgen auch in der nunmehr erschienenen Fortsetzung allgegenwärtig sind. Ellie ist inzwischen zu einer Frau herangewachsen, das Verhältnis zu Joel ist schwierig. In Rückblenden wird deutlich, dass sie ihm sein Handeln nie verziehen hat - er hingegen hat es nie bereut. Erst der Tod bringt beide wieder zueinander.
Teil zwei startet zwar etwas langsamer, nimmt dann aber umso zügiger Fahrt auf und erlangt schließlich eine Intensität und auch eine Brutalität, die den ersten Teil mühelos übertrifft. Über die Handlung lässt sich - ohne massiv zu spoilern - nur wenig verraten. Nur so viel: Es geht um Rache, aber auch um Vergebung und um Versöhnung, soweit es so etwas an diesem menschenfeindlichen Ort überhaupt geben kann.
Seattle, wo die Fortsetzung hauptsächlich spielt, ist nicht zufällig Schauplatz des Geschehens - er passt perfekt zur jungen Ellie, die wie eine Grungerin aussieht und gern Gitarre spielt, wenn sie nicht gerade gegen Plünderer oder Zombies kämpft. Die Straßen sind überflutet, ständig regnet es, die Stimmung ist düster. Momente der Freude und der Zuversicht sind rar. In diesem Spiel ist nichts sicher, niemand ist sicher. Überall lauert der Tod.
Grafisch und auch spielerisch holen die Macher noch einmal alles heraus, was die PS4 als Auslaufmodell hergibt. Besser geht es nicht, jedenfalls nicht in dieser Konsolengeneration. Und so knüpft "The last of us 2" nicht nur problemlos dort an, wo Teil eins geendet hat - das Spiel geht noch einen Schritt weiter. Es ist noch mutiger, noch experimenteller. Und auch das Wagnis, die Handlung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu erzählen, Täter zu Opfern und Opfer zu Tätern werden zu lassen, gelingt. Das ist einfach nur hervorragend, es ist einzigartig.