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Wenn es keinen Ausweg gibt

Wie ein Film: In "A Way Out" müssen sich Spieler zusammenschließen, um gemeinsam aus einem Gefängnis auszubrechen. So engagiert und mutig sind Spiele nur selten.

Erinnern Sie sich noch, als man mit Freunden an Spielautomaten "Metal Slug" zockte. Oder sich später zu "FIFA"-Turnieren verabredete. Als man noch gemeinsam in einem Raum saß und auf den Bildschirm starrte? Lange ist das her. In Zeiten der voranschreitenden Vernetzung werden solche get2gether immer seltener - das gemeinsame Spielen hat sich ins Netz verlagert. Splitscreens, also geteilte Bildschirme, sind entbehrlich geworden.

Umso bemerkenswerter ist "A Way Out", ein Spielexperiment der besonderen Art. Dahinter steckt der schwedische Regisseur Josef Fares ("Jalla! Jalla!" und "Kops"). Sein Koop-Abenteuer kann man nur mit zwei Controllern spielen, entweder online oder, was viel mehr Spaß macht, zusammen vor der Konsole. Dabei schlüpfen beide Spieler in die Rollen von Leo und Vincent, zwei Kriminelle - der eine ist ein Mafiosi, der andere ein korrupter Banker. Beide planen einen Gefängnisausbruch, sie wollen Rache: Leo, weil er verraten wurde und Vincent, weil ein Gangster seinen Bruder ermordet hat. Was nach Klischee klingt, entwickelt bald großen Charme und spielerische Raffinesse. Kluge, witzige Dialoge und viele tolle Einfälle beim Zusammenspiel beider Figuren sorgen dabei immer wieder für unvergessliche Momente. Denn nach anfänglicher Abneigung entwickelt sich zwischen den Figuren eine Männerfreundschaft, die immer wieder auf die Probe gestellt wird. Vor allem im letzten Drittel gibt es ungeahnte Wendungen.

Nur im Team

Während der Koop-Modus in anderen Spielen eher bemüht und beiläufig wirkt, erhebt ihn "A Way Out" zum alles bestimmenden Stilmittel. Immer wieder wechselt die Bildgröße und einzelne Bilder fügen sich zusammen oder wandern auseinander - so wie in einem Film von Brian De Palma. Schnitte und Übergänge erfolgen dabei so harmonisch, dass nie störend oder deplatziert wirkt.

Wer das Game erleben will, kann das nur gemeinsam tun. Glücklicherweise funktioniert das Zusammenspiel bis auf wenige Ausnahmen ganz hervorragend und weitgehend intuitiv. Schon der Gefängnisausbruch wurde clever inszeniert: Gemeinsam muss man Gegenstände aus der Werkstatt klauen, Wachen überlisten oder Schmiere stehen, während der andere den Toilettensitz in der Zelle abschraubt, um durch die dahinter gelegenen Gänge entfliehen zu können. Im Schutze der Nacht müssen beide im richtigen Moment und Rhythmus - immer wenn der Donner grollt - Türen eintreten oder Rücken an Rücken eine Wand hochklettern, um wenig später auf der Flucht vor der Polizei ein Floß durch reißende Stromschnellen zu navigieren.

"A Way Out" bietet fünf Stunden lang frische Ideen rund um das Koop-Element, das immer wieder im Fokus steht. Doch die Story ist mehr als nur ein Bindemittel für lieblos zusammengestückelte Koop-Szenen. Am besten ist "A Way Out" nämlich in den ruhigen Momenten: Wenn beide Protagonisten gemeinsam am Lagerfeuer sitzen und Fische grillen, sie einen alten Pickup-Truck zum Fluchtwagen umfunktionieren oder Leo und Vincent "Vier gewinnt" im Krankenhaus spielen, während sie darauf warten, dass Vincents Frau sein Kind zur Welt bringt. Und es gibt auch eine der ehrlichsten Szenen in der Geschichte der Videospiele: Als Leo seinen Sohn zum ersten Mal in die Arme schließt, mit ihm Basketball spielt und er ihn wenig später wieder verlassen muss. Verraten wird an dieser Stelle aber nur, dass die Story eine äußerst tragische Wende nimmt.

Fazit: Ein mutiges Spiel, von denen es leider viel zu wenige gibt.

Info
A Way Out
Electronic Arts
PC, Xbox One und PS4 (Test)
PEGI: 18