Am 20. April 1999 kam es an der High School in Columbine, einem bei Littleton gelegenen Vorort von Denver im US-Bundesstaat Colorado, zur Schreckenstat: Zwei Schüler, die anschließend Suizid begingen, ermordeten zwölf Schülerinnen und Schüler (14 bis 18 Jahre) sowie einen Lehrer. Weitere 24 Menschen wurden verletzt. Eine damals 17-Jährige starb erst jüngst mit 43 Jahren an den Spätfolgen des Amoklaufs.
Während in den Medien häufig von einem Racheakt für erlittenes Mobbing in der Schule die Rede war, gingen die Ermittler nach Auswertung der von den Tätern hinterlassenen Tagebuch- und Videoaufzeichnungen davon aus, dass es den beiden Tätern vor allem darum gegangen war, berühmt zu werden. Auch eine politisch rechte Gesinnung wurde aus den Hinterlassenschaften abgeleitet. Bei den Tätern wurden post mortem aber schwere psychische Störungen diagnostiziert.
Es war nicht der erste Amoklauf an einer US-Schule, doch er löste nie da gewesenes Medienecho aus, was in der Folge gehäuft Nachahmungstaten provozierte. Dass der mutmaßliche Täter von Graz auf einem von der Polizei als echt eingestuften Online-Account als Profilbild einen der Columbine-Täter zeigte, sei frappierend, meint Paul Plener, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie im AKH Wien. Denn der 21-jährige Österreicher sei zum Zeitpunkt dieses Attentats noch gar nicht auf der Welt gewesen. Das zeige, wie wirkmächtig das damalige Schulattentat in den USA bis heute sei.
Umso eindringlicher appelliert Plener, die Täterperspektive beim Grazer Fall klein zu halten, um ähnlich Denkenden keine Identifikationsfläche zu bieten.
Das Attentat von Columbine wurde auch sehr intensiv erforscht und wissenschaftlich aufgearbeitet. Das Ziel war und ist, Schulen sicherer zu machen und potenzielle Täter frühzeitig zu erkennen. Die US-Strafverfolgungsbehörde Secret Service hat ihre Untersuchungen dazu mehrmals aktualisiert und zuletzt auf über 40 Amokläufe an US-Schulen ausgeweitet.
Aus den wichtigsten Erkenntnissen lässt sich ableiten, dass sich viele der Täter im Vorfeld auffällig verhielten. Die Taten seien "selten plötzlich oder impulsiv" passiert, vielmehr hätten die meisten Angreifer davor ein Verhalten gezeigt, "das andere beunruhigte oder auf einen Hilfsbedarf hindeutete", heißt es in der Studie. Weiters wird hervorgehoben, dass "die meisten Angreifer Schwierigkeiten hatten, mit erheblichen Verlusten oder persönlichen Misserfolgen umzugehen". Viele der Angreifer hätten sich "von anderen gemobbt, verfolgt oder verletzt" gefühlt. Darüber hinaus hätten viele einen Suizid geplant oder einen Suizidversuch unternommen. Weiters erkennten die Ermittler bei den meisten "ein gewisses Interesse an Gewalt, beispielsweise durch Filme, Videospiele, Bücher oder andere Medien".
Außer, dass sie oft männlich waren, fanden die Ermittler "kein genaues oder aussagekräftiges Täterprofil". Bemerkenswert ist, dass die meisten Attentäter zuvor keine gewalttätigen oder kriminellen Taten verübten - und in vielen Fällen andere Schüler in irgendeiner Funktion beteiligt waren. Auch die Ermittler in Graz untersuchen derzeit akribisch, ob es doch Mitwisser gab.