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Der Sommer am Balkon klingt aus: Dieses Paar schläft von Mai bis Oktober im Freien, bei jedem Wetter

Sternenhimmel, Fröschequaken, Donnergrollen: Franziska und Walter verbringen ihre Nächte schon seit Mai auf dem Balkon. Bei jedem Wetter.

Symbolbild.
Symbolbild.

Es dämmert schon, eine kühle Brise hat sich in den heißen Spätsommerabend geschummelt. "Herrlich", sagt Franziska und saugt das kühle Lüftchen ein, "so angenehm hier heroben". Gemeinsam stehen wir auf dem Holzbalkon im ersten Stock ihres Einfamilienhauses, das Anfang der 1990er-Jahre errichtet worden ist, als sie noch ein junges Paar waren und das erste ihrer drei Kinder unterwegs war.

Der Balkon ist eigentlich eine Loggia, über unseren Köpfen steht das Dach weit vor, links und rechts schützen Holzwände vor den Blicken des einen oder anderen Spaziergängers. Direkt vor dem Balkon hat sich ein beim Einzug gepflanzter Nussbaum, der das Haus längst überragt, üppig ausgebreitet. Seine Äste reichen bis zum Balkongeländer, hinter seinen Blättern versteckt sich das nahe Ortszentrum von Anthering.

Wer sollte hier schon groß hereinblicken wollen? Die nächtens vorbeifliegenden Fledermäuse, die es vom Kirchturm nicht weit hierher haben? Die Vögel, die es sich auf dem Baum gemütlich machen?

Symbolbild.
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Wie in einem geschützten Nest fühlt man sich auf dem rund 1,80 Meter breiten Balkonstreifen oberhalb der Autogarage. Von Mai bis Oktober ist hier der Schlafplatz von Franziska und ihrem Mann Walter. Sie halten ihn ganz einfach: Lattenrost, Matratze, Decken, ein großes Moskitonetz, ein kleines Lamperl, das fast nie verwendet wird, und ein Wecker. "Aber auch den brauchen wir eigentlich nie. Verschlafen ist hier fast unmöglich, um sechs Uhr läutet die Kirchturmglocke."

Jedes Jahr im Mai, wenn die Baumblüte vorbei ist - Franziska ist da etwas empfindlich -, schlägt das Paar sein Nachtlager auf dem Balkon auf und bleibt, bis es im Oktober nasskalt wird. "Die Kälte allein täte uns weniger ausmachen, aber das Nasse dazu scheuen wir." Darum werden sie auch heuer wieder im Oktober das Outdoor-Schlafzimmer einwintern, schweren Herzens. "Jetzt, wo es abends früher finster wird, spüre ich schon eine Wehmut, dass unser Sommer am Balkon bald vorbei ist", sagt sie.

Entstanden sei die Idee, draußen zu schlafen, vor über elf Jahren. "Damals haben wir beschlossen, in den Sommerferien einmal nicht auf Urlaub zu fahren, sondern ganz viele Tagesausflüge zu machen. Nur leider hat es genau in diesem Sommer dauernd geregnet", erinnert sich Franziska. Doch anstatt Trübsal zu blasen, habe sie sich kurzerhand eine Matratze geschnappt und eine erste Nacht auf dem Balkon verbracht. Und das sei von Anfang an so fein gewesen, "dass es nur wenige Tage gedauert hat, bis wir uns eine größere Matratze samt Lattenrost gekauft haben", sagt Walter. "Seitdem halten wir das so ab Mai, dass wir nach draußen ziehen." Jede Nacht? "Jede Nacht! Es gibt fast nichts Schöneres, als in unserer geschützten Höhle ein Gewitter zu erleben, und heuer hat es ja schon ganz viele davon gegeben." Maximal der eine oder andere Regentropfen verirre sich manchmal auf ihre Bettdecken. "Das Naturschauspiel am Gewitterhimmel ist gigantisch", sagt Franziska, "die vielen Blitze, das Donnergrollen und wenn's dann so richtig schüttet. Die Luft könnte nicht angenehmer sein und wo kann man sie sonst so unmittelbar einatmen?"

Wenn das Tagwerk erledigt ist, die Küche aufgeräumt, im Wohnzimmer oder auf der Terrasse noch ein paar Zeilen in Buch oder Zeitung gelesen, die Augen müde sind, macht sich das Paar auf nach oben - das Licht soll möglichst aus bleiben -, schlüpft unters Moskitonetz, rein unter die Decke. Sich geborgen fühlen - wo, wenn nicht hier.

Bald beginnt dann das tägliche Konzert. "Im Mai, Juni hören wir das Gequake der Frösche, im Hochsommer ist es das herrliche Zirpen der Grillen auf den umliegenden Wiesen." Wenn es langsam herbstelt, schrecken sie - "aber nur bei den ersten paar Malen" - von den herunterfallenden Nüssen auf, die unten auf dem Autodach landen. "An Freitagabenden ist der Verkehr etwas mehr, man hört die Mopeds der Jugendlichen, mitten in der Nacht manchmal auch ein paar Heimkehrer vom Wirt, die vorbeispazieren", sagt Walter. Aber das störe die beiden nicht, "die Gespräche, die da unten geführt werden, sind oft ganz lustig", sagt Franziska und ergänzt: "Ich frage mich immer wieder, warum wir nicht schon viel früher auf die Idee gekommen sind, draußen zu schlafen." Finster ist es inzwischen geworden, Zeit für den Balkon. Na dann, gute Nacht!