Nach der erfolgreichen Betäubung und dem anschließenden Transport in den Böhmerwald an die tschechische Grenze besteht Hoffnung, dass sich Elch Emil seinen Artgenossen im Nationalpark Šumava anschließt. Die Voraussetzungen dafür seien günstig, sagte Claudia Bieber, Professorin am Institut für Wildtierkunde und Ökologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, am Montag im SN-Gespräch. Denn der Jungbulle befinde sich nun in der Brunft und suche nach Weibchen. Erst vor drei bis vier Tagen habe er den Bast, die durchblutete Haut, die das Geweih im Wachstum schützt, abgestreift.
Bereits im Vorhinein hab es brenzlige Situationen
Bieber ist Mitglied jener Kommission, die die zuständige Landesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP) in Oberösterreich bereits am 10. September ins Leben rief, um sich auf ein Auftauchen des skandinavischen Waldbewohners vorzubereiten. "Seither haben wir rund um die Uhr genau verfolgt, wo sich das Tier bewegt", betonte Bieber. Vorige Woche habe es schon einmal eine brenzlige Situation gegeben, doch dann habe sie sich wieder entspannt und das Tier zog weiter.
Am rekordverdächtig heißen Spätsommerwochenende hatte der Elch mit der Hitze zu kämpfen. Ab 15 Grad bekommen die Hirsche Hitzestress, ähnlich wie Hunde können sie nicht schwitzen. Am Montag etwa um 5 Uhr früh wurde es ernst. Südlich der Westautobahn (A1) versuchte der Elch, den Zaun zu überspringen. Das misslang zwar, aber er wanderte schließlich so nahe Richtung Auffahrt Sattledt, dass die Entscheidung zur Betäubung fiel. "Es war eine aussichtslose Situation für ihn. Gott sei Dank ist alles gut gegangen", sagte Bieber.
Jetzt sucht er ein Weibchen
Ein Tierarzt schoss um 5:23 Uhr das Narkosemittel ab. Etwa zehn Leute der Feuerwehr Sattledt hievten den ermatteten Bullen schließlich auf einen bereitgestellten Transportanhänger, der mit Stroh ausgelegt war. Dann bekam er ein Gegenmittel. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, fuhr der Transport Richtung Dreiländereck zwischen Oberösterreich, Bayern und Tschechien im Bezirk Rohrbach los. "Ein Transport nach Tschechien wäre sehr kompliziert gewesen, es gibt Beschränkungen wegen der Blauzungenkrankheit und man hätte Cites-Papiere (Artenschutz, Anm.) gebraucht", erläuterte Bieber. Die Expertin zeigte sich aber optimistisch: "Jetzt sucht er ein Weibchen und hat dort hoffentlich die Witterung." Dank GPS-Sender, der mit einer Ohrmarke angebracht wurde, kann der Elch 30 Tage geortet werden, bis die Batterie leer ist.
Zahllose Schaulustige angelockt
Der Elch war seit etwa einem Monat in Österreich unterwegs. Er dürfte aus Polen über Tschechien nach Österreich gewandert sein und wurde erstmals bei Mistelbach am 19. August gesichtet. Auf seinem Weg nach Westen durchschwamm er mehrfach die Donau. In der Nacht auf 7. September legte er in St. Pölten die Westbahnstrecke teilweise lahm, als er am Bahndamm beim Hauptbahnhof rastete.
Die Wanderung des friedlichen Wildtiers hatte zahllose Schaulustige angelockt. Das Problem daran sei, dass das Tier noch stärker an Menschen gewöhnt werde, so Bieber. Leider gelinge es nicht, vielen Menschen das klarzumachen. "Das Wildtier soll aber in einem geeigneten Lebensraum mit Artgenossen leben."
Auf Facebook entstand rasch eine Gruppe mit Tausenden Mitgliedern, in der Beobachtungen zum Elch gepostet wurden. Die geplante Betäubung wurde teilweise als Tierquälerei bezeichnet. Sogar Hoodies mit "I love Emil"-Aufdruck werden angeboten. Die satirische "Tagespresse" verkauft T-Shirts zur Österreich-Tour 2025, auf denen der Elch mit Totenkopf und ausladendem Geweih abgebildet ist.
