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Lichtermeer am Stephansplatz nach Tod von Ärztin

Tausende nahmen an Gedenkveranstaltung für die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr teil. Weiter Diskussion um Umstände des Todes.

Tausende Menschen versammelten sich vor dem Stephansdom.
Tausende Menschen versammelten sich vor dem Stephansdom.

Die Debatte rund um den Suizid der Allgemeinmedizinerin Lisa-Maria Kellermayr geht weiter. Die 36-Jährige war am Freitag tot in ihrer Praxis gefunden worden. Einer breiten Öffentlichkeit war sie bekannt geworden, weil sie Morddrohungen von Coronaleugnerinnen und -leugnern bzw. Impfkritikerinnen und -kritikern in den sozialen Medien erhalten hatte.

Am Montagabend fand am Wiener Stephansplatz eine Mahnwache mit Lichtermeer statt. Tausende Menschen nahmen am berührenden Gedenken, das der Initiator von #YesWeCare, Daniel Landau, organisiert hatte, teil. Auch die Glocken des Doms läuteten. Tausende Kerzen und unzählige Handy-Lichter leuchteten. Die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung stimmten mehrere Lieder an, darunter das Protestlied "We Shall Overcome".

Drohungen gegen Ärztinnen und Ärzte nehmen zu

Dass Ärzte verstärkt Aggressionen ausgesetzt sind, diesen Trend gibt es bereits seit Längerem. So gibt es eine Untersuchung unter Wiener Medizinern, die noch knapp vor der Coronapandemie erstellt wurde. Damals gaben 80 Prozent an, verbal bedroht worden zu sein. 70 Prozent haben von anderen Ärzten gehört, dass diese körperlich angegriffen wurden, 10 Prozent waren selbst körperlich bedroht worden. Bei der Ärztekammer verweist man darauf, dass sich diese Entwicklung mit der Coronapandemie noch deutlich verstärkt habe.

Verfahren in Österreich wurde eingestellt

Die Frage, ob der Tod Kellermayrs hätte verhindert werden können, wird nach wie vor heftig debattiert. Die Medizinerin hatte in ihren drei Abschiedsbriefen ja auch Kritik an den Polizeibehörden und der Ärztekammer geübt. Diese hätten sie nicht ausreichend unterstützt, wobei es dabei vor allem um die Hasspostings und Morddrohungen im Internet gegangen ist. Aus dem Innenministerium heißt es, dass die Delikte gegen Kellermayr bei der Staatsanwaltschaft Wels zur Anzeige gebracht worden sind. Da die Absender der Hasspostings aus Deutschland waren, war für die Ermittlungen die deutsche Polizei zuständig. Das Verfahren in Österreich wurde eingestellt. Den österreichischen Strafverfolgungsbehörden sind bei einem vergleichsweise "schwachen" Delikt wie der gefährlichen Drohung in grenzüberschreitenden Fällen die Hände gebunden. Laut Staatsanwaltschaft Wels wurden die Ergebnisse zu möglichen deutschen Verdächtigen an die Staatsanwaltschaften Traunstein und Berlin abgegeben.

Bereits zuvor Suizidversuch

Wobei es derzeit vor allem auch daran Kritik gibt, dass der Polizeischutz der Ärztin nicht ausreichend war. Eine offene Frage ist weiters, ob die Frau medizinisch ausreichend versorgt war. Wie aus Ministeriumskreisen bekannt wurde, soll sie bereits zwei Wochen vor ihrem Suizid einen Suizidversuch unternommen haben. Normalerweise werden gefährdete Personen zur Behandlung in die Psychiatrie gebracht. Die BH Vöcklabruck teilte dazu mit, dass ein Amtsarzt in dieser Sache nicht involviert war.

Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden oder von Suizidgedanken betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefonseelsorge unter der Telefonnummer 142.

Hilfe in Krisensituationen

Wenn Sie selbst in einer Krisensituationen sind oder Angehörigen helfen möchten, gibt es eine Reihe von Anlaufstellen:

Die Telefonseelsorge erreichen Sie täglich von 0 bis 24 Uhr unter der Nummer 142.

Für Kinder und Jugendliche gibt es unter www.bittelebe.at eine spezielle Website. Rat auf Draht ist unter 147 telefonisch erreichbar.

Pro Mente Salzburg hilft Menschen und deren Angehörigen in akuten Not- und Krisensituationen täglich 0–24 Uhr.
Salzburg: 0662 / 43 33 51
Pongau: 06412 / 200 33
Pinzgau: 06542 / 72 600