Im Fall massiver Missbrauchsvorwürfe eines ehemaligen Zöglings im bischöflichen Seminar in Zwettl setzte der zuständige Bischof Alois Schwarz nach den kircheninternen Untersuchungen nun einen weiteren Schritt. Die bisherigen Ergebnisse der Untersuchungen zu den Vorwürfen, die in Niederösterreich zwei Priester betreffen, wurden an die zuständigen Zentralbehörden (Dikasterien) der katholischen Kirche im Vatikan übermittelt. "Von dort erwarten wir entsprechende Vorgaben zum weiteren Vorgehen", heißt es in einem Schreiben des bischöflichen Ordinariats an Pfarrer Wolfgang Rothe aus München, der den inzwischen 39-jährigen Ex-Zögling berät. Zuständig für die Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe ist demnach das Dikasterium für Glaubenslehre, der Vorwurf der unterlassenen Meldung an Rom wurde an eine weitere Vatikanbehörde herangetragen. Das Seminar wurde vom erzkonservativen Orden Diener Jesu und Mariens geführt. Die Diözese bestätigte auf SN-Anfrage das Schreiben nach Rom. Der Ex-Zögling hatte sich, wie die SN im Dezember 2023 berichteten, nach vielen Jahren erst im Vorjahr in der Lage gesehen, über sein Schicksal zu sprechen. Insgesamt sei er von vier Geistlichen missbraucht worden, schilderte er. Josef Henfling, der nach eigenen Angaben arbeitsunfähig ist und in der Nähe von Nürnberg von Bürgergeld (Sozialhilfe) lebt, wandte sich an mehrere kirchliche Stellen sowie Staatsanwaltschaften. In Österreich wurde sein Fall wegen Verjährung gar nicht näher untersucht. In der Schweiz, wo Henfling 2012 für einen katholischen TV-Sender im Kanton St. Gallen gearbeitet hatte, sowie in Deutschland prüfen Staatsanwaltschaften die Vorwürfe.
Henfling bat im Vorjahr auch den niederösterreichischen Altbischof Klaus Küng (84) um Hilfe, doch dieser habe nichts unternommen. Nachfolger Alois Schwarz informierte deshalb nun auch Kardinal Christoph Schönborn in dessen Funktion als Metropolit der Kirchenprovinz Wien (Diözesen Linz, St. Pölten und Eisenstadt) darüber.