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Nach Aus für Reiterstaffel: Zwölf Pferde brauchen ein neues Zuhause

In Österreich wird es keine berittene Polizei geben. I nnenminister Wolfgang Peschorn hat das Projekt gestoppt, das Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) betrieben hat. Für die zwölf Pferde muss nun eine neue Verwendung gefunden werden. Tierschutzorganisationen wollen sie aufnehmen, die Republik sie verkaufen.

Das sind zwei der zwölf Pferde, die ein neues Zuhause brauchen.
Das sind zwei der zwölf Pferde, die ein neues Zuhause brauchen.


Zwölf Pferde suchen einen neuen Stall. Die Polizei hat, nachdem der Innenminister das Aus für die Reiterstaffel verkündet hat, keine Verwendung mehr für die Tiere. Sie sollen abgegeben werden, heißt es. Die Tiere sind jedenfalls im besten Pferdealter. Das Älteste ist erst elf Jahre alt. Im Durchschnitt hat das Innenministerium 11.000 Euro pro Pferde gezahlt. Die Tiere könnten etwa auf einem Pferdehof landen, manche auch als Turnierpferde eingesetzt werden. Für einen Verkauf ist allerdings nicht das Innenministerium zuständig, sondern die Finanzprokuratur. Bei zwei Pferden ist das einfach - die beiden Rappen "Zalan" und "Zadar" waren Geschenke des ungarischen Premiers Viktor Orban und würden daher wieder nach Ungarn kommen.

Tierschutzvereine bieten Herberge an

Um das Schicksal der Tiere machen sich auch bereits zahlreiche Tierschutzorganisationen Sorge. So hat etwa Gut Aiderbichl angeboten, die Tiere aufnehmen zu können. Insgesamt stehen bereits 770 Pferde unter dem Schutz von Gut Aiderbichl, erklärt Geschäftsführer Dieter Ehrengruber. Darunter befänden sich auch Polizeipferde und zwar aus München.
Um die Zukunft der Pferde sorgt sich auch die Tierschutzorganisation Pfotenhilfe. Diese hat bereits vor einiger Zeit erklärt, dass die Tiere auf ihrem Hof in Lochen am See eine neue Heimat finden könnten.

Die Chronologie der Pferdestaffel

4. Jänner 2018: Mit der Übernahme des Innenministeriums (BMI) durch die FPÖ erhält die Diskussion um die berittene Polizei in Wien neuen Schwung. Der damalige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) werde "das Projekt wohlwollend prüfen lassen", sagt Ministersprecher Christoph Pölzl. Kickl wolle "sachlich objektiv nach budget- und einsatztaktischen Kriterien" evaluieren lassen, ob und inwiefern die berittene Polizei für Wien Sinn macht. Schon kurz darauf protestieren Tierschützer - Pferde hätten als hochsensible Fluchttiere bei Polizeieinsätzen nichts verloren.


11. Februar 2018: Kickl kündigt im APA-Interview einen Testbetrieb der berittenen Polizei in Wien an. Sollte sich dabei ergeben, dass Kosten und Nutzen in einem guten Verhältnis stünden, sei es "durchaus möglich, dass wir in Bälde in Wien eine berittene Polizei haben", meint er.


15. Februar 2018: Die Pläne des damaligen Innenministers für die berittene Polizei nehmen konkretere Formen an. Kickl besucht im Rahmen einer Visite in München die dortige Reiterstaffel, um sich ein Bild zu machen. Polizeivertreter am Ort und Stelle versuchen dabei, Kritik von Tierschützern zu entkräften. Der Minister scheut auch nicht davor zurück, selbst auf einem Pferd Platz zu nehmen. Als Gastgeschenk hat er eine Pferdedecke sowie Hafer mitgebracht.


25. Mai 2018: Die berittene Polizei scheint fix: Der Probebetrieb soll noch im Juni in der Reitanlage der Theresianischen Militärakademie (MilAk) in Wiener Neustadt starten. 14 Pferde sind vorgesehen, die nun beschafft werden müssen. Auch nach Reitern wird gesucht. Die Anschaffungskosten für Tiere, Ausrüstung und Sättel werden mit rund 380.000 Euro beziffert. Die laufenden Kosten pro Jahr, unter anderem für Einstell- und Tierarztkosten, sollen mit rund 110.000 Euro betragen.


15. Juni 2018: Die Bewerbungsfrist für die Wiener Polizei-Reiterstaffel ist zu Ende - für Tier und Mensch. Eine abgeschlossene Grundausbildung sowie mindestens zwei Jahre Außendiensterfahrung, ein gültiger Fitnessscheck sowie ein Reiterpass sind Voraussetzung für die Beamten. Wie mit Pferdemist künftig umgegangen werden soll, muss erst geklärt werden: Dafür eine Lösung zu finden sei Aufgabe einer Arbeitsgruppe, heißt es aus dem Innenministerium. Wenige Tage später besteht ein siebenjähriger Wallach als erster behufter Kandidat die Ankaufs-Untersuchung. Elf weitere sollen folgen.


20. Juli 2018: Zu einem ersten Dienstunfall mit einem Polizeipferd kommt es bei einem Fototermin am Gelände der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt, dem Standort der geplanten Reiterstaffel. Bei dem Sturz bleibt das Tier unverletzt, seine Reiterin, eine 29-jährige Polizeischülerin, erleidet einen Schlüsselbeinbruch. Das Tier war in ein Loch getreten, wo einmal ein Fahnenmast platziert war.


7. August 2018: Fünf Frauen und zwei Männer sind schon zugeteilt, bis zu zehn weitere Beamte werden nun noch gesucht. An tierischem Personal stehen der Reiterstaffel bisher vier heimische Pferde - "Dorian", "Captain Morgan", "Ludwig" und "A-Rock" - zur Verfügung. Dazu kommen die beiden Rappen "Zalan" und "Zadar" - ein Geschenk des ungarischen Premiers Viktor Orban.
1. Oktober 2018: Für 16 Angehörige der Exekutive und zwölf Einhufer beginnt ab jetzt die Ausbildung, die ersten Einsätze der "Reiter-Polizisten" sollen voraussichtlich im Mai 2019 erfolgen, wie das BMI mitteilt.


29. März 2019: Die beiden Rappen "Zalan" und "Zadar", Geschenke des ungarischen Premiers Viktor Orban, lahmen. Ein Austausch ist laut Behörden wahrscheinlich.
8. April 2019: Zum ersten Mal ist die berittene Polizei in einem Stadtgebiet - in Wiener Neustadt - unterwegs. Zwei- und Vierbeiner sollen unter realen Bedingungen für künftige Einsätze trainieren. Die Tiere sollen sich an Verkehr, Stadtgeräusche und spielende Kinder gewöhnen.


20. Mai 2019: Herbert Kickl verliert seinen Sheriff-Stern - als Folge des Publikwerdens des "Ibiza-Videos" am 17. Mai lässt die ÖVP Neuwahlen aus- und den Innenminister abberufen. Die Testphase der Reiterstaffel laufe aber weiter, heißt es zwei Tage später aus dem Büro des scheidenden Ministers. Zwischen Juni 2018 und März 2019 soll es laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung zu insgesamt 16 veterinärmedizinischen Vorfällen inklusive nachfolgender Trainingsunterbrechung bei den Pferden gekommen sein.


5. Juli 2019: "Das Projekt läuft und wird evaluiert", heißt es aus dem BMI über die Reiterstaffel. Fragen zu Kosten "werden nicht kommentiert". Laut einem Medienbericht hat die Reiterstaffel bisher knapp 2,5 Millionen Euro gekostet.


27. November 2019: Innenminister Wolfgang Peschorn gibt bekannt, dass das Projekt "Berittene Polizei" eingestellt wird.