Sie wirkt wie ein Häufchen Elend. Mit gesenktem Kopf, leicht zitternd sitzt die 38-Jährige am Beschuldigtenpult. Scheinbar teilnahmslos verfolgt sie den Strafprozess gegen sich selbst. Nach der Verhandlung wird sie sich wieder in stationäre, psychiatrische Behandlung begeben. Das Urteil, 15 Monate Haftstrafe (fünf davon unbedingt) wegen grob fahrlässiger Tötung, nimmt sie emotionslos zur Kenntnis. Einen Blick nach links zu den Hinterbliebenen (Ehemann und Sohn) wagt sie während des gesamten, 43 Minuten dauernden Prozesses nicht. So sieht sie auch nicht, wie sich der Witwer mit seinem Stofftaschentuch immer wieder Tränen aus den Augen wischt.
Das Leben von zwei Familien wurde zerstört
Am Donnerstag fand im Schwurgerichtssaal des Landesgerichtes Linz die strafgerichtliche Aufarbeitung einer Tragödie statt. Am 2. Oktober 2023 wurde nicht nur eine 60-jährige Joggerin auf einem Feldweg in Naarn (Bezirk Perg) von drei American Staffordshire Terriern zerfleischt, sondern das Leben von zwei Familien zerstört - jenes der Opferfamilie und jenes der verurteilten Hundehalterin und deren Frau.
"Ich übernehme die volle Verantwortung für das furchtbare Unglück"
Die Staatsanwältin wirft der 38-jährigen Pflegekraft vor, sie habe drei gefährliche Hunde mit einem Gesamtgewicht von 72,5 Kilogramm in Kenntnis deren Körperkraft unsachgemäß geführt. Nur, weil sie sich selbst überschätzt habe, sei eine sportliche, gesunde Frau zu Tode gekommen. Weder durch ihre Körperkraft noch durch Kommandos sei es ihr gelungen, die Tiere vom Opfer wegzuzerren.
Die Beschuldigte, die sich wohl am liebsten unsichtbar gemacht hätte vor dem großen Medienrummel, verliest einzig einen vorbereiteten Schriftsatz: "Ich übernehme die volle Verantwortung für das furchtbare Unglück. Ich hatte keine Kontrolle über die Hunde. Ich möchte aufrichtig um Entschuldigung bitten und den Angehörigen mein Beileid ausrichten. Es tut mir unendlich Leid."
"Stück für Stück wurde ihr das Leben aus dem Körper gerissen"
Rechtsanwalt Günther Klepp, der den Witwer und den Sohn vertritt, sagt: "Irgendwann wird der Akt geschlossen. Dieses Abschließen wird für meine Mandanten nicht möglich sein." Er schildert, welche Qualen das Opfer am Boden liegend erlitten haben muss. "Stück für Stück wurde ihr das Leben aus dem Körper gerissen." Der Richter dazu: "Sie ist so bestialisch ums Leben gekommen, wie man es seinem schlimmsten Feind nicht wünschen würde." Er schildert die Schwere der Bissverletzungen im gesamten Gesicht, Kopf und Nacken. Zunächst habe die Leiche nicht identifiziert werden können, erst aufgrund des Passes und von Fingerabdrücken des Opfers. Im Magen des 31,5 Kilo schweren Rüden "Elmo", der nach dem Unglück eingeschläfert wurde, seien noch Leichenteile gefunden worden. Die Hündinnen Cookie und Peanut, die ebenfalls zubissen, befinden sich inzwischen bei neuen Haltern. "Beide sind freundlich, offen und unauffällig", sagt Anwalt Peter Akkad. Er, selbst Hundeausbildner, kann sich nur durch "fehlgeleitetes Rudelverhalten" erklären, dass sie sich an der Tat beteiligten. "So etwas darf nie wieder passieren", fordert die Staatsanwältin.
Und der Richter spricht von "hohem sozialen Störwert dieser Tat". Ein Teil der Strafe sei deshalb unbedingt auszusprechen, um anderen Haltern zu zeigen, welche Gefahren solche Hunde bergen.