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Höchstgericht kippt Verbot: Frauen dürfen Eizellen ohne sofortigen Kinderwunsch einfrieren

Das Höchstgericht hat entschieden: Das Verbot des sogenannten Social Egg Freezing wird gekippt. Die gesetzliche Regelung sei verfassungswidrig.

Die Aufhebung der betreffenden Bestimmung im Fortpflanzungsgesetz tritt am 1. April in Kraft. Damit wird Frauen in Österreich ermöglicht, dass sie ihre Eizellen einfrieren lassen können, ohne dass ein Kinderwunsch vorliegt. Vorangegangen war der Antrag einer Wienerin, die das Verbot vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) bekämpfte – die SN berichteten. Bis dato war es der Frau gesetzlich verboten, ihre Eizellen einfrieren zu lassen, um den Kinderwunsch auf später zu verschieben. Die Behandlung wäre auch für den Arzt strafbar.

Das wird sich nun ändern. Der VfGH hat dem Antrag der Frau stattgegeben und das gesetzliche Verbot als unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig aufgehoben. Das Höchstgericht argumentiert das so:

„Der Wunsch, ein Kind zu haben und daher eine natürliche oder medizinisch unterstützte Methode der Fortpflanzung zu verwenden, ist Teil des Privatlebens und damit ein Grundrecht nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Dieses Grundrecht darf nur beschränkt werden, wenn es etwa zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“

In der Aussendung des VfGH heißt es weiter: „Gewisse Formen der künstlichen Fortpflanzung verursachen ethische und moralische Probleme wie z. B. die Ausbeutung der Gebärfähigkeit der Frau oder die Schaffung ungewöhnlicher persönlicher Beziehungen.“ Beim Social Egg Freezing ergeben sich diese Probleme jedoch nicht, so das Höchstgericht.

VfGH: Entscheidungsfreiheit der Frau gegeben

Etwaige gesundheitliche Risiken, die aufgrund der Entnahme von Eizellen für eine nachfolgende In-vitro-Fertilisation entstehen, können mit weniger einschneidenden Mitteln als einem ausnahmslosen Verbot von „Social Egg Freezing“ gemindert werden, argumentiert das Gericht. Die Richterinnen und Richter sind nicht der Meinung, dass durch die Aufhebung des Verbots der gesellschaftliche Druck auf Frauen steigt. Die Freiheit der Entscheidung der Frau über die Art der Fortpflanzung werde schließlich im EMRK festgelegt.

„Der Umstand, dass die Entscheidungsfindung unterschiedlichen externen, etwa sozialen oder beruflichen Einflüssen ausgesetzt sein kann, die auch durch gesetzliche Regelungen nicht völlig ausgeschlossen werden können, trägt für sich ein ausnahmsloses Verbot nicht“, stellt der VfGH fest. Ein solches Verbot ist daher unverhältnismäßig.

Höchstgericht schlägt Regelungen zum Alter der Frau vor

Der Gesetzgeber kann flankierende Maßnahmen für „Social Egg Freezing“ vorsehen, so etwa Regelungen über Werbung, meint das Höchstgericht. „Dabei hat der Gesetzgeber einen Spielraum. Unter Umständen können gesetzliche Vorkehrungen verfassungsrechtlich nicht bloß zulässig, sondern auch geboten sein, um eine freie Entscheidung der Frau zu ermöglichen und aus gesundheitlicher Sicht besonders risikoträchtige Konstellationen auszuschließen.“

Der Gesetzgeber ist, so der VfGH, nicht verpflichtet, die (schon bisher zulässige) medizinisch indizierte Entnahme von Eizellen und Social Egg Freezing künftig rechtlich völlig gleich zu behandeln: „So kann beispielsweise eine differenzierende Regelung des Alters der Frau bei der Eizellentnahme gerechtfertigt sein, um eine Entnahme aus medizinischen Gründen, etwa bei vorzeitiger Menopause, jedenfalls zu ermöglichen.“