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Vom Lehrer zum YouTube-Influencer: So cool kann Physik sein

Der Wiener Lehrer und Buchautor Martin Apolin ist jetzt auch YouTuber. In anschaulichen Videos erklärt er die Physik.

Martin Apolin will den gesamten Physikstoff für die Oberstufe in YouTube-Videos erklären.
Martin Apolin will den gesamten Physikstoff für die Oberstufe in YouTube-Videos erklären.
Hinter einem Video stecken rund 30 Stunden Zeitaufwand.
Hinter einem Video stecken rund 30 Stunden Zeitaufwand.

Jugendliche behelfen sich gern mit der Plattform YouTube, um sich zu informieren und für die Schule zu lernen. Mithilfe von Videos lassen sich komplexe Themen anschaulicher darstellen als in einem Buch. Das hat auch der Lehrer und Buchautor Martin Apolin erkannt. Er vermittelt den Physiklehrstoff der Oberstufe in eigens produzierten Videos auf YouTube.

Martin Apolin ist promovierter Physiker, Sportwissenschafter, Buchautor und seit 1990 Lehrer. Er unterrichtet an einer Wiener AHS und früher auch an der Fakultät für Physik der Universität Wien. Als "coronabedingte Kettenreaktion" beschreibt er den Ursprung seines ersten Videos auf YouTube. Für die Veröffentlichung seines Buchs "Himmels-Körper" waren Präsentationen geplant, welche aufgrund der Pandemie abgesagt werden mussten. Als Gegenmaßnahme wurde Apolin vom Verlag gebeten, ein Werbevideo für sein Buch zu drehen. Trotz anfänglicher Unsicherheit folgten bald auch Erklärvideos für "Focus online" und "Terra Mater" - und so kam der Stein ins Rollen.

"Digitalisierung allein macht keinen guten Unterricht"

Laut Apolin hat es keinen Sinn, Laptops und Smartphones im Unterricht einzusetzen, wenn es kein gutes Material online gibt. Für dieses Material möchte er nun sorgen. Jedes Jahr sollen 20 Videos entstehen, die insgesamt den gesamten Physiklehrstoff der Oberstufe abdecken. Aktuell sind schon 35 Videos auf dem YouTube-Kanal "Apolins Physik-Universum" zu finden, welcher eine Bandbreite an physikalischen Themen behandelt. Die Videos sind professionell aufbereitet und vor allem aufgrund der vielen Animationen und Illustrationen spannend gestaltet. Doch diese Qualität braucht Zeit: Drei Tage schreibt Apolin meist an seinem Drehbuch, bis es vor die Kamera geht. Das Filmen der Videos dauert drei Stunden und dann folgen noch die zeitintensiven Animationen und das Schneiden der Videos. Insgesamt stecken in einem Video 30 Stunden Zeitaufwand. Dabei ist Apolin ganz auf sich allein gestellt. Sein Arbeitszimmer hat er zu einem Videostudio umgestaltet, "da stehen jetzt Lichter, ein Greenscreen, Stative und alles, was noch dazugehört". Auch die Bearbeitungsprogramme und die Animationssoftware hat sich Apolin selbst lernen müssen. "Ich verwende einen wilden Mix aus Excel, Photoshop und anderen Programmen", erzählt er. Seine nebenberufliche Karriere als YouTuber macht dem Physiklehrer sichtlich Spaß.

YouTube als Lernplattform

Soziale Medien sind für Jugendliche nicht immer nur Unterhaltung oder Zeitvertreib. Die Plattform YouTube wird auch gern als Unterstützung fürs Lernen genutzt. Das zeigt eine repräsentative deutsche Studie im Auftrag des Rats für Kulturelle Bildung. Für fast die Hälfte der Befragten zwischen 12 und 19 Jahren ist YouTube wichtig oder sehr wichtig als Unterstützung für die Schule. Besonders zur Wiederholung des Lehrstoffs oder um das schulische Wissen zu vertiefen, nutzen Schülerinnen und Schüler den Video-Streamingdienst zusätzlich zum Unterricht. Die befragten Jugendlichen sind der Ansicht, dass die Vorteile von YouTube-Videos in der Art der Aufbereitung und der ständigen Verfügbarkeit liegen. Sie beschreiben die Videos als "verständlicher, einprägsamer und einfacher" im Vergleich zum Unterricht in der Schule. Dass man Unterricht und YouTube-Videos aber auch verbinden kann, zeigt Martin Apolin in seinen Klassen.

Positives Feedback der Schüler

Anfangs befürchtete Martin Apolin, dass seine Schülerinnen und Schüler es peinlich finden könnten, dass ihr Lehrer auf YouTube zu sehen ist. Doch Apolin hat seine Schützlinge schon früh in das Projekt eingebunden, sodass diese auch bei der Namensfindung für den Kanal mitgeholfen haben. Nun sammelt der Lehrer im Unterricht Fragen, um seine Videos möglichst an die Interessen der Schülerinnen und Schüler anzupassen, und nutzt die produzierten Videos auch direkt im Unterricht als Zusatz zu seinem erfolgreichen Lehrbuch "Big Bang". Seine Erklärweise lehnt Apolin dabei an ein didaktisches Modell an, nach welchem komplexe Inhalte erst verständlich gemacht werden können, wenn diese realitätsbezogen und alltagsnah erklärt sind. Dabei legt Apolin auch großen Wert darauf, die Physik möglichst einfach zu behandeln und einen roten Faden zu bewahren. "Wenn du etwas nicht auf Anfängerniveau erklären kannst, dann hast du es nicht wirklich verstanden", entgegnet er auf die Frage, was eine gute Erklärung ausmacht. Die Zielgruppe seiner Videos sind vorrangig Schüler, richten sich aber an jeden, der sich für Physik interessiert. Ob Apolin zukünftig noch weitere soziale Medien bespielen wird, steht noch in den Sternen.