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Bedeutende Funde zeigen: Hallstatt war schon früher besiedelt als gedacht

Forschende des Naturhistorischen Museums Wien (NHM) stießen unter einem prähistorischen Felssturz auf neolithische Schuhleistenkeilfragmente, Klingen, Tierknochen und Keramik zum Vorschein - all das ist etwa 7.500 Jahre alt. Damit müsse Hallstatts Geschichte neu geschrieben werden, hieß es.

Die Grabungsarbeiten auf einem Grundstück in Hallstatt erfolgten mit Unterstützung der Besitzer.
Die Grabungsarbeiten auf einem Grundstück in Hallstatt erfolgten mit Unterstützung der Besitzer.
Bruchstücke spitzer Geräte aus Tierknochen – aus dem 6. Jahrtausend vor Christus.
Bruchstücke spitzer Geräte aus Tierknochen – aus dem 6. Jahrtausend vor Christus.
Bruchstücke typischer kugeliger Keramik mit Verzierunge – frühe Jungsteinzeit, 6. Jahrtausend vor Christus<br />
Bruchstücke typischer kugeliger Keramik mit Verzierunge – frühe Jungsteinzeit, 6. Jahrtausend vor Christus<br />
Rippe mit Schnittspuren und ein Mittelfußknochen eines Hirsches mit Zerlegungsspuren zur Herstellung von Knochengeräten. <br />
Rippe mit Schnittspuren und ein Mittelfußknochen eines Hirsches mit Zerlegungsspuren zur Herstellung von Knochengeräten. <br />

Bei Ausgrabungsarbeiten auf einem Grundstück in Hallstatt legten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter einer Aussendung des NHM zufolge bedeutende archäologische Schichten frei: Zu Tage kamen mittelalterliche Terrassierungsmauern, eine römische Brandschicht mit Münzen, Ziegeln und Gefäßfragmenten sowie bis zu einem Meter mächtige Schichten aus der Latènezeit (Jüngere Eisenzeit). Rund 1.000 Fundobjekte aus verschiedenen Zeitepochen konnten jüngst geborgen werden. Die Ausgrabung war dank der Unterstützung der Grundstückseigentümer, der ausführenden Baufirma und mit einer Förderung des Bundesdenkmalamtes möglich.

Den Archäologinnen und Archäologen des NHM Wien gelang dabei auch ein spektakulärer Fund: Unter einem prähistorischen Felssturz kamen neolithische Schuhleistenkeilfragmente, Klingen, Tierknochen und Keramik zum Vorschein - etwa 7.500 Jahre alt. "Es handelt sich dabei um die bislang ältesten bekannten Spuren in Hallstatt, die beweisen, dass der Ort schon deutlich früher besiedelt war als bisher angenommen", hieß es in einer Aussendung. Schon die ersten Bauern und Viehzüchter mit sesshafter Lebensweise, die ab 5.600 v. Chr. erstmals in Mitteleuropa auftauchten, drangen demnach - über Flüsse wie die Traun - bis tief in das Salzkammergut nach Hallstatt vor.

Wie die APA berichtete, spricht Karina Grömer, Direktorin der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, von einer "Sensation", da die Besiedlungsgeschichte der historisch sehr wichtigen Region, mit ihrer langen Geschichte des Salzabbaus im Hallstätter Hochtal, damit nochmals um rund 500 Jahre erweitert wird. Das bisher älteste Artefakt aus der Gegend ist ein aus einem Geweih gefertigtes Werkzeug zum Salz-Schürfen, das rund 7.000 Jahre alt ist.

Der Fundort der nun neuen, ältesten prähistorischen Utensilien liegt an einer der wenigen halbwegs flachen Stellen zwischen Berg und See "am Eingang zum Ort". Der See war für die Beförderung des raren und stark nachgefragten Salzes wichtig. Es sei auch denkbar, dass hier eine Art kleiner Hafen bestanden haben könnte. Der Grund, warum schon vor 7.500 Jahren Menschen in das schwer zugängliche, heutige Hallstatt kamen, konnte eigentlich nur das Salz gewesen sein, meint Grömer.

Funde aus Zeit der ersten sesshaft lebenden Menschen Europas

Noch erstaunlicher mache die Funde, dass sie in etwa aus der Zeit datieren, in der die allerersten sesshaft lebenden Menschen in unsere Breiten kamen. "Die früheste bäuerliche Siedlung datiert um 5.600 vor Christus und liegt in Brunn am Gebirge" - also im Wiener Raum, sagte Grömer. Das ist ob der Lage im fruchtbaren Wiener Becken nahe der Donau auch logisch. Im Salzkammergut waren die Umstände völlig anders. Dass man sich trotzdem dorthin vorgewagt hat, sei eben nur mit den Salzvorkommen zu erklären: "Woher auch immer sie wussten, dass es das dort gibt."

Die nun gehobenen Artefakte geben laut Grömer auch erstaunliche Einblicke in das Leben der ersten Hallstätterinnen und Hallstätter in der Jungsteinzeit (Neolithikum). Gefunden wurden etwa Keramikfragmente. Das zeige, dass die Menschen Vorräte anlegten - eine Grundvoraussetzung für das Überleben. "Keramik taucht in Zentraleuropa erst vor 7.500 Jahren auf. Darum freut uns der Fund so sehr", betonte die Archäologin. Zudem fand man Tierknochen - wahrscheinlich von Rind, Schwein, Schaf oder Ziege.

Fund-Präsentation in Hallstatt am 12. August

Die spektakulären Ergebnisse der Ausgrabungen präsentiert das NHM Wien am 12. August gemeinsam mit dem Musealverein Hallstatt, der Gemeinde und dem UNESCO Welterbemanagement in Hallstatt. Das Naturhistorische Museum Wien forscht in enger Kooperation mit der Salinen Austria AG und der Salzwelten GmbH sowie der Gemeinde und dem Musealverein seit über 100 Jahren in Hallstatt.

Hallstatt gab einer europäischen Kulturepoche (800-450 v. Chr.) ihren Namen und ist ein wichtiger archäologischer Standort, - nicht nur mit dem bedeutenden Gräberfeld im Salzbergtal und Funden im Salzbergwerk, sondern auch im Ort selbst, wie sich nun auch gezeigt hat.