Jänner, Februar, Krebs, April.
Arbeit, Pension, Parkinson, Weltreise.
Mühle, Dame, Demenz, Schach.
Es sind nur simple Wortketten. Aber durch den markanten Bruch sollen sie Aufmerksamkeit schaffen - und klarmachen, dass "schwere Krankheiten nicht das Ende sind".
Seit Mitte Oktober wirbt die Medizinische Universität Wien mit diesen Wortketten um Unterstützung für ein Zentrum für Präzisionsmedizin, das bis 2022 auf dem MedUni-Campus entstehen soll. 60 Millionen Euro sollen gesammelt werden, um in der neuen Einrichtung "jedem Pa tienten maßgeschneiderte Therapien für seine Erkrankung zu bieten - und vielleicht nicht heilbare Krankheiten heilbar zu machen", beschreibt Rektor Markus Müller.
Sollte die Medizinische Universität Wien ihr Ziel erreichen, hätte sie um rund 50 Prozent mehr Spenden lukriert als sämtliche österreichische Hochschulen im vergangenen Jahr zusammen. Vergangene Woche hat der Fundraising Verband Austria (FVA) mitgeteilt, dass die heimischen Hochschulen 2016, nach einer Hochrechnung des FVA, grob 40 Millionen Euro an Spenden erhalten haben - und somit rund sieben Prozent des heimischen Spendenvolumens. Damit seien die Zuwendungen im Jahresvergleich um 20 Prozent gestiegen. Der Verband führt den Anstieg vor allem auf ein stärkeres Bewusstsein der Unis zurück: "Gerade jene Universitäten, die eigene Abteilungen und Personal für ein professionelles Fundraising geschaffen haben, konnten ihr Spendenvolumen deutlich steigern", sagt Geschäftsführer Günther Lutschinger. Eine detaillierte Aufstellung einzelner Hochschulen existiere nicht. Die staatlichen Unis, die die meisten Spenden lukrierten, seien aber die Medizin-Uni Wien, die Technische Uni Wien und die Universität Wien.
Offenkundig spielen Spenden auch in Österreichs Hochschullandschaft eine immer wichtigere Rolle. Dennoch sind die Zuwendungen vergleichsweise gering. Etwa im Verhältnis zu den Uni-Budgets: Allein der Uni Wien wurde für die Periode 2016 bis 2018 ein Bundesmittel-Budget von 1,2 Milliarden Euro zugesprochen - und somit 30 Mal so viel, wie alle Unis 2016 an Spenden lukrieren konnten. Selbst wenn man die 40 Millionen über die drei Jahre der Periode hochrechnet, bleibt der Spendenrahmen überschaubar - zumal der Fundraising Verband davon ausgeht, dass sich das Volumen 2017 auf ähnlichem Niveau bewegen wird.
Zuckerbergs Millionen für Harvard
Vergleicht man die Zuwendungen hingegen mit jenen in den USA, wirkt das heimische Spendenaufkommen nahezu lächerlich: Allein die kalifornische Elite-Uni Stanford hat 2015 1,63 Milliarden Dollar (1,39 Milliarden Euro) gesammelt. Erst vor wenigen Tagen gaben Facebook-Chef Mark Zuckerberg und seine Frau Priscilla Chan bekannt, der Ostküsten-Uni Harvard 10,3 Millionen Euro gespendet zu haben.
Für MedUni-Wien-Rektor Markus Müller hinkt der Vergleich etwas. Allein schon, weil amerikanische Universitäten in erster Linie von Privatmitteln getragen werden. "Wir finanzieren uns hingegen zu 75 Prozent aus öffentlichen Geldern." Dennoch sei der angloamerikanische Raum - wie der asiatische - "schon ein Vorbild". Um diesem Vorbild nachzueifern, müsse man etwa in Sachen Bewusstseinsbildung ansetzen. In Österreich gebe es zwar eine hohe Bereitschaft zu spenden. Teilweise würde sogar mehr gespendet, als man eigentlich ausgeben könne. Diese Spenden richten sich aber primär an unmittelbare Hilfeleistungen. "In Österreich zählt kurzfristig organisiertes Fundraising mehr als langfristiges", ergänzt Müller. Dazu komme, dass Österreich "ein Hochsteuerland" sei. Und in solch einem hätten viele Bürger die Einstellung, dass einzig der Staat die Unis finanzieren müsse.
Damit sich das zumindest partiell ändere, hat der Fundraising Verband Austria gemeinsam mit dem Wissenschaftsministe rium ein Ausbildungsprogramm für Fundraiser im Wissenschaftsbereich ins Leben gerufen sowie einen Verhaltenskodex entwickelt. Ein solcher schaffe Vertrauen in die spendenwerbenden Institutionen und stelle Leitlinien für den ethisch korrekten Umgang mit Spenden dar, betont FVA-Geschäftsführer Lutschinger.
An der Universität Salzburg ist ausschließlich das Rektorat für Förderer zuständig. Insbesondere der Rektor selbst ist Ansprechpartner für all jene, die die Uni unterstützen möchten. Jedoch ist der Spenden-Fokus an der Uni Salzburg offenbar ein anderer als an der Medizin-Uni Wien. Dieser liege "beispielsweise im Bereich von Kunst und Literatur, wie etwa für den Ankauf von Handschriften berühmter Autoren wie Stefan Zweig. Dafür erhalten wir immer wieder namhafte Beträge honoriger Personen", sagt Rektor Heinrich Schmidinger. Den Spendern sei es wichtig, dass solche Dokumente zum einen sicher verwahrt und für wissenschaftliche Zwecke genutzt, zum anderen aber auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt würden.
Handschriften von Stefan Zweig, ja. Aber ist es möglich, 60 Millionen Euro für ein neues Zentrum für Präzisionsmedizin zu sammeln, wie es die MedUni Wien vorhat? Rektor Müller glaubt schon - etwa dank einer simplen Rechnung: Am MedUni-Campus, zu dem ja auch das AKH Wien gehört, würden jährlich 1,2 Millionen Patienten behandelt. "Wenn die Hälfte spendet, statt drei Mal im Jahr mit ihrer Familie zu McDonald's zu fahren, schaffen wir die 60 Millionen." Gespendet werden könne in Spendenboxen direkt im AKH oder online.
Auch Großspender werden angesprochen
Parallel ziele man ebenso auf Großspender ab. Es seien auch schon sechsstellige Beträge gespendet worden. Und dafür sei man bereit, den Spendern Gewisses zuzusprechen. "Wenn morgen Bill Gates kommt und uns die 60 Millionen gibt, kann das neue Gebäude gerne ,Bill Gates Zentrum für Präzisionsmedizin' heißen", sagt Rektor Müller. Er höre von Spendern immer wieder, dass andere Organisationen zwar gerne ihr Geld nähmen, aber sonst keinerlei Rechte einräumten. "Das ist zumindest unhöflich. Man muss eine Vertrauensbasis schaffen - damit ein Mehrwert für beide Seiten entsteht." Sollen die Mäzene aber auch mitreden dürfen? "Inhaltlich - im Sinne der Forschung - auf keinen Fall. Aber sie sollen schon mitbestimmen können, was mit ihrem Geld passiert. Solange das mit unserem Kodex und unserer Strategie in Einklang zu bringen ist."
Mit ihrer Kampagne hat die MedUni bislang einen siebenstelligen Betrag lukriert. "Das macht Mut", beschreibt Müller. "Aber es braucht noch große Anstrengungen, um die Summe zu erreichen." Und was passiert, wenn die Summe nicht erreicht wird? Dann werde dennoch gebaut - aber kleiner.
Doch könnte es nicht sein, dass die öffentliche Hand ihre Mittel irgendwann kürzt, sollten die Spenden mehr werden? "Ich glaube nicht, dass sich das Spendenaufkommen in den kommenden zehn Jahren so dramatisch erhöht, dass sich die öffentliche Hand auch nur teilweise zurückziehen könnte", ergänzt der Rektor.